Zucker im Tank. Andreas Zwengel
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“Herrschaften, nachdem wir jetzt die verschiedenen Meinungen gehört haben, will ich Folgendes sagen: Wir werden uns nicht in die Ermittlungsarbeit der Polizei einmischen und schon gar nicht werden wir ihnen einen möglichen Täter liefern. Leider können wir nicht mehr ungeschehen machen, dass Rolf gegenüber der Polizei etwas zu laut gedacht hat, damit müssen wir leben. Wenn er sich nämlich irrt und herauskommt, dass die Gemeindevertretung von Ginsberg zur Hexenjagd aufgerufen hat, wird die Presse erst recht über uns herfallen. Wir werden vorerst abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln, aber bis dahin will ich keinen von euch auch nur in der Nähe einer Fernsehkamera oder eines Mikrofons sehen. Villeroy wird den Kontakt zur Presse übernehmen. Und jetzt raus hier!“
Der Gemeindevertretung erhob sich geschlossen und strebte zur Tür. Garth fing Berger ab und führte ihn lächelnd zur Seite. “Eine Kleinigkeit noch, Rolf. Wenn du das nächste Mal das Bedürfnis hast, mir gegenüber so das Maul aufzureißen, kommst du in die Wurst. Verstanden?“
Villeroy wartete, bis die eiligen Schritte des Metzgers verklungen waren, dann räusperte er sich dezent.
“Wie sieht es aus?“, fragte Garth.
“Die Polizei hat alles abgesperrt, aber natürlich ist da draußen die Hölle los. Wer nicht an der Brandstelle ist, steht vor dem Rathaus. Ich habe mit einem Kripobeamten gesprochen und er wird uns auf dem Laufenden halten. Aber bevor nicht die Spurensicherung eingetroffen ist, sagen sie gar nichts.“
“Das ist natürlich ein Fest für meine Konkurrenten“, murmelte Garth düster. “Hat sich schon einer von ihnen zu Wort gemeldet?“
Villeroy schüttelte den Kopf. “Gernhardt würde eher auf die Presse schießen, als mit ihnen zu reden, und Stark hat noch kein Statement abgegeben, aber da kommt sicher noch was. Der ist zu sehr Profi, um sich die Gelegenheit entgehen zu lassen.“
“Dieser Schönling hat das Zeug dazu, Bundeskanzler zu werden. Warum verschwendet der sich an Ginsberg?“
Villeroy sah sich eilig um, ob jemand die Frage gehört hatte. “Du meine Güte, achte auf deine Worte! Mit so einer Frage könntest du deine Kandidatur beenden.“
“Ja, ja, schon gut“, wiegelte Garth ab.
“Nein, nichts ist gut. Du hast immer noch das Image des neureichen Geldsacks, der sich ein Dorf gekauft hat und sich für etwas Besseres hält. Daran werden wir nichts mehr ändern, selbst wenn du hundert Jahre im Ort lebst und in einer Einzimmerwohnung zur Untermiete wohnst. Dein Ferienvillenpark hat dich sehr unbeliebt gemacht, und seitdem das Projekt gescheitert ist, wird das alles auch oft und gerne ausgesprochen.“
“Das ist allein Maiwalds Schuld. Als er sich zurückgezogen hat, sind auch alle anderen abgesprungen.“
“Noch so ein Satz, der dich die Wahl kosten könnte. Wenn du anderen die Schuld an deiner Niederlage gibst, werden das höchstens die Verschwörungstheoretiker unter deinen Anhängern lieben.“
“Aber es stimmt“, protestierte Garth.
“Spielt doch keine Rolle. Du wirkst dadurch schwach und machtlos. Wenn es keine Ausrede, sondern die Wahrheit ist, dann wurdest du besiegt. Die Leute wollen niemanden, der eine Niederlage gut wegstecken kann, sondern einen Gewinner, der seine Gegner zum Frühstück verspeist. Sei dieser Gewinner!“
“Ich will, dass du da rausgehst und mit der Presse redest. Sag ihnen irgendwas Nettes.“
“Ist mir ein Vergnügen.“ Villeroy verließ den Konferenzraum und marschierte hinunter zur Eingangstür, die Max nur widerwillig öffnete. Sobald Villeroy ins Freie trat, reckten sich ihm Mikrofone entgegen und Fragen prasselten auf ihn ein.
“Wusste der Bürgermeister von den Drogen?“
“War es jemand aus dem Ort?“
“Gibt es noch mehr Verstecke?“
Villeroy hatte die Hände entspannt vor dem Schritt verschränkt und zwinkerte nicht einmal im Blitzlichtgewitter. Es war offensichtlich, dass er auf Ruhe wartete, aber die Reporter waren zu wild auf eine gute Geschichte.
“Wird durch das Feuer etwas vertuscht?“
“Wer sind die Hintermänner?“
“Ist die Feuerwehr von Ginsberg drogensüchtig?“
Schließlich zuckte er bedauernd mit den Schultern, wandte sich um und trat zurück durch die Tür, die Max hinter ihm schloss. Ein Aufschrei der Empörung drang durch das Holz. Villeroy überprüfte den Sitz seiner Krawatte, schaute gelangweilt auf seine Uhr und nach zwei Minuten ging er wieder nach draußen, um dieselbe Position wie zuvor einzunehmen. Ungerührt ließ er eine weitere Batterie Fragen an sich abprallen.
“Deckt das Rathaus die Drogenhändler?“
“Wer ist noch in den Fall verwickelt?“
“Nehmen Sie Drogen?“
Nach und nach wurde allen klar, dass Villeroy auf provozierende Fragen nicht antworten würde, und schließlich kehrte Ruhe ein. Erst als der letzte Reporter verstummte, räusperte sich der Anwalt. “Besten Dank. Nun meine Herrschaften, ich nehme an, dass Sie alle ähnliche Fragen haben, also lassen Sie uns doch auf zivilisierte Art und Weise an die Sache herangehen.“
Garth beobachtete vom Fenster des Konferenzraumes aus, wie sich die Menge um den Anwalt scharte und artig ihre Fragen stellte.
Kapitel Fünf
Das La Cucaracha befand sich in der ehemaligen Dorfmühle. Nur wenige der klobigen Holztische waren besetzt. Auf großen Tafeln wurde Werbung für einen hessischen Abend gemacht: Rippchen mit Handkäse gefüllt und in Apfelwein gekocht. Dazu Sauerkraut, ebenfalls in Apfelwein gekocht, und ein Bembel zum Nachspülen. Felix würgte trocken. Ein Mann kam hinter der Theke hervor und grinste. “Hey, Felix, wie geht es dir?“
“Antonio, ich möchte dir einen alten Freund von mir vorstellen, Tibor Hendricks. Er ist gerade zu Besuch. Tibor, das ist Antonio, es ist sein Laden.“
Sie tauschten einen freundlichen Händedruck und Antonio führte sie zu seinem, wie er sagte, besten Tisch. “Was kann ich euch bringen? Der Koch hat gute Laune, ich glaube, seine Burritos sind heute durchaus genießbar.“
“Wir wagen es.“
Antonio verschwand kurz in der Küche und tauchte kurz darauf mit zwei Bechern Kaffee auf.
“Der geht aufs Haus, für unseren neuen Gast.“
Tibor nahm einen großen Schluck von dem heißen Getränk und seufzte zufrieden. “Hier gefällt s mir.“
“Ja, ein gemütlicher Laden“, stimmte Felix zu. “Antonio war der erste Mensch, der mich nach meiner Scheidung zum Lachen gebracht hat.“
Tibor verschluckte sich an seinem Kaffee und sah hustend zu Felix, der nicht anders konnte, als über den überraschten Gesichtsausdruck zu lachen.
“Du warst verheiratet?“
“Ja, das einzig