Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Eine Geschichte des Krieges - Группа авторов

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weil vor allem junge und unverheiratete Frauen von der Landwirtschaft und den häuslichen Diensten, wo ihre Arbeit statistisch häufig nur unzureichend erfasst wurde, in die Industrie wechselten und verheiratete Frauen statt gewerblicher Heimarbeit sowie Teilzeit- und Saisonarbeit in der Industrie, die ebenfalls statistisch nur unzureichend gezählt wurden, nun ganztägige Fabrikarbeit aufnahmen. Vor allem die kriegswichtigen Industrien und das Transportwesen boten Frauen aus der Arbeiterschaft geregeltere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Für junge Frauen aus der Mittelschicht beschleunigte der Krieg den Trend ihrer Beschäftigung in Handel und Verwaltung.

      1916 / 17 war aufgrund der hohen Zahl gefallener Soldaten der Arbeitskräftebedarf bereits so groß, dass alle Regierungen verschiedene Mittel und Wege erörterten, mehr Arbeitskräfte, vor allem Frauen, in die Kriegswirtschaft zu integrieren. In Großbritannien folgte der allgemeinen Wehrpflicht im August 1916 die Einführung eines »National Register«, das Alter, Geschlecht und Beruf aller Frauen und Männer zwischen 16 und 65 erfasste. Aber eine Arbeitspflicht für Frauen wurde trotzdem nicht eingeführt, da die Regierung massiven öffentlichen Widerstand befürchtete. In Deutschland trat im Dezember 1916 das »Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst« in Kraft, das »alle männlichen Deutschen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr, soweit sie nicht bereits zum Kriegsdienst eingezogen« waren, als »hilfsdienstpflichtig« einstufte. Frauen wurden zwar auch hier explizit ausgenommen, doch sie sollten als Freiwillige verstärkt für die Kriegsindustrie geworben werden. Aufgrund vielfältiger Probleme blieb der Erfolg der Werbung von Arbeiterinnen für die Kriegsindustrie nicht nur in Deutschland weit hinter den Erwartungen zurück. Daran änderte auch die immer intensivere Zusammenarbeit von staatlichen und militärischen Verwaltungen mit den Organisationen der »weiblichen Kriegshilfe« wenig.

      Eine Ursache war, dass selbst bei einer Produktionsumstellung weiterhin ausgebildete männliche Fachkräfte in der Industrie benötigt wurden. In der Folge mussten alle kriegsbeteiligten Staaten umfangreiche Freistellungen von gesuchten männlichen Facharbeitern vornehmen. Zudem setzten sie zunehmend männliche Kriegsgefangene ein. Allein im Deutschen Reich arbeiteten 1917 bereits 390 000 Kriegsgefangene in den kriegswichtigen Industrien. Ein weiterer wichtiger Faktor war die immer schlechter werdende Versorgungslage an der Heimatfront. Sie trug nicht dazu bei, dass vor allem verheiratete Arbeiterfrauen bereitwillig auf die immer dringender werdenden Werbeaufrufe der offiziellen Kriegspropaganda reagierten, die sie für die Arbeit in der Kriegsindustrie zu werben versuchten. Sie mussten ihre ganze Arbeitskraft vor allem in Deutschland und Österreich-Ungarn zunehmend darauf konzentrieren, durch ihre Subsistenzarbeit das Überleben der Familie zu sichern. Erhebliche zusätzliche Schwierigkeiten bereitete der häufige Arbeitsplatzwechsel der weiblichen Kräfte, der vor allem für junge und ledige Arbeiterinnen die übliche und einzig erfolgversprechende Strategie war, Arbeitsbedingungen und Entlohnung zu verbessern. Dieses Verhalten und ihre während des Krieges wachsende Bereitschaft zu spontanen Streiks, die sich in vielen Ländern zeigte, wurden von der bürgerlichen Öffentlichkeit als »Unzuverlässigkeit«, »fehlende Opferbereitschaft« und »mangelnder Patriotismus« gewertet.

      Dieser Vorwurf wurde den Frauen, die in der Kriegskrankenpflege halfen, nicht gemacht. Im Gegenteil, ihre Tätigkeit wurde als Ausdruck höchsten weiblichen Kriegspatriotismus gepriesen. Der Erste Weltkrieg war der erste Konflikt, in dem professionell ausgebildete Krankenschwestern und freiwillige Krankenpflegerinnen, die überwiegend aus der Mittel- und Oberschicht stammten, in großer Zahl im Einsatz waren. Eine der bekanntesten Organisationen der freiwilligen Kriegskrankenpflege war das »Voluntary Aid Detachment« (VAD), das 1909 vom Britischen Roten Kreuz geschaffen worden war. Der VAD organisierte während des Krieges die Arbeit von insgesamt 66 000 Schwestern und Pflegerinnen: 32 000 arbeiteten als professionelle Krankenschwestern, 23 000 als freiwillige VAD-Krankenpflegerinnen und 11 000 als VAD General Service Auxiliaries, die vor allem als Küchenhilfen, Reinigungspersonal und Krankenwagenfahrerinnen eingesetzt wurden. In Frankreich hatte das Militär ebenfalls 1909 mit der Ausbildung von Kriegskrankenschwestern begonnen. 23 000 wurden zu Beginn des Krieges für den service de santé militaire unter Aufsicht des Roten Kreuzes mobilisiert. Erst 1916 wurde weiblichen Freiwilligen die Möglichkeit eröffnet, als angelernte Krankenpflegerinnen tätig zu werden. Insgesamt waren 63 000 Krankenschwestern und Pflegerinnen im Rahmen des service de santé militaire in 1480 Hospitälern und Sanitätseinheiten im Einsatz. Auch in Deutschland wurde die Kriegskrankenpflege vom Roten Kreuz (DRK) organisiert. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bestand die Gesamtorganisation des DRK aus 6297 Vereinen mit mehr als einer Million Mitgliedern. 3000 davon waren Frauenvereine, denen allein 800 000 Mitglieder angehörten, die die Arbeit des Roten Kreuzes an der Heimatfront unterstützten und dabei mit dem NFD eng zusammenarbeiteten. Eine zentrale Aufgabe war zunächst die Spendensammlung für die Kriegskrankenpflege. Hinzu kamen im Verlauf des Krieges die Verwundetenpflege in der Heimat sowie die Fürsorge für die im Felde stehenden Soldaten und ihrer Angehörigen. In der Krankenpflege selbst, die allgemein vom DRK organisiert wurde, waren während des Krieges insgesamt 92 000 Frauen als Krankenschwestern und Schwesternhelferinnen tätig, die damit 40 Prozent des Sanitätspersonals des deutschen Militärs stellten. Von den 28 000 professionell ausgebildeten Kriegskrankenschwestern waren 19 800 DRK-Schwestern und 8200 Diakonissinnen. Die Bedingungen, unter denen Krankenschwestern und Pflegerinnen in der Regel arbeiteten, waren extrem hart. Von dieser Realität erfuhr die Öffentlichkeit während und nach dem Ersten Weltkrieg allerdings wenig. Es war vielmehr das Bild des adrett in weiß gekleideten rettenden Engels der Soldaten, das in der nationalen Erinnerung fortlebte.

       400 000 Krankenpflegerinnen beim Deutschen Roten Kreuz

      Der Zweite Weltkrieg (1939–1945) war in noch weit größerem Ausmaß als der Erste Weltkrieg gekennzeichnet durch den Einsatz riesiger Menschenmassen, einer noch weiter entwickelten leistungsstarken Militärtechnik und Ausrüstung sowie neuer Kommunikationstechnologien. Schon wenige Zahlen machen die Dimensionen des Zweiten Weltkrieges und seiner Auswirkungen sichtbar: Etwa 80 bis 110 Millionen Soldaten wurden in 72 beteiligten Ländern mobilisiert; 35 Millionen kamen als kriegsbeschädigte Veteranen zurück; 18 Millionen endeten in Kriegsgefangenschaft; und 26 Millionen starben. Mit 29 Millionen überstieg die Anzahl der toten Zivilist*innen die der gefallenen Soldaten deutlich. 11 Millionen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten wurden in Gefängnissen, Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet, darunter allein bis zu 6 Millionen Jüdinnen und Juden.

      Die Vorbereitungen für den Zweiten Weltkrieg begannen, ähnlich wie für den Ersten, lange vor dem tatsächlichen Beginn der Kampfhandlungen. Ein erstes deutliches Signal, dass das »Dritte Reich« sich auf einen neuen Krieg vorbereitete, war die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht mit dem Wehrgesetz von Mai 1935, mit dem der Versailler Vertrag gebrochen wurde. Das Gesetz bildete zugleich die rechtliche Basis für den Dienst von Frauen. Diese und andere bald folgende Maßnahmen zeigten von Anfang an, dass sich der NS-Staat und sein Militär auf einen hochindustrialisierten Massenkrieg einstellten, für den notfalls entgegen der eigenen Geschlechterideologie die gesamte deutsche Bevölkerung einschließlich der Frauen zu mobilisieren war. Allerdings bestand die – irrige – Hoffnung, dass dies vermeidbar sein würde, da der Krieg aufgrund der eigenen Überlegenheit nicht lange dauern würde.

      Bereits in der Zwischenkriegszeit waren von Militärs und Politikern in allen europäischen Staaten intensiv die »Lehren« aus dem Ersten Weltkrieg für den zu erwartenden nächsten Krieg erörtert worden. In diesem Zusammenhang kam auch der Begriff des »totalen Krieges« erstmals auf. Einigkeit scheint darüber geherrscht zu haben, dass die Heimatfront aufgrund der massiven Industrialisierung der Kriegführung zunehmend wichtiger für Erfolg oder Versagen der neuen Form des »totalen Krieges« werden würde. Die gesamte Bevölkerung müsse, wie es in einem deutschen Text von 1935 hieß, eine »Volksarmee« werden und Frauen müssten für diese neue Form der industrialisierten Massenkriegführung in verstärkter Weise mobilisiert werden, da die Grenzen zwischen »Heimat« und »Front« noch weit fließender als im Ersten Weltkrieg werden würden. Zudem zogen alle Kriegsparteien aus dem Ersten Weltkrieg die Konsequenz, dass die Versorgung der Heimatfront sehr viel besser organisiert werden müsste, um Hungerproteste und

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