Dr. Norden Bestseller Box 12 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Sie hatte Zeit. Bastian hatte ihr gesagt, daß er so gegen vier Uhr nochmals bei ihr vorbeischauen würde, bevor er wieder heimfuhr. Er hatte viel zu erledigen.
Elisabeth ging zur Fabrik, aber sie mußte immerzu an Bastian denken.
Wie energisch und zielbewußt er war, hatte sie erfahren, als er mit den Polizeibeamten gesprochen hatte. Bei ihm gab es keine Hintertürchen. Er hatte keinen Zweifel darüber gelassen, daß er und Elisabeth tatsächlich in einem Boot saßen, und daß er nicht geneigt war, dieses Boot zu verlassen und ihr die Schwierigkeiten überließ, es ans Ziel zu bringen.
Er hatte auch keinen Zweifel daran gelassen, daß er sie mochte. Er hatte sie auf die Stirn geküßt, als er gegangen war.
»Wenn ich diese Sache hinter mich gebracht habe, werden wir mal über uns reden, Elisabeth«, hatte er ohne Umschweife erklärt. »Einverstanden?«
Sie hatte nur zustimmend nicken können, denn gar zu plötzlich war da ein Mensch in ihr Leben getreten, den auch sie sehr mochte in seiner Ehrlichkeit und Natürlichkeit.
Aber nun mußte sie eine Entscheidung treffen, die ihren künftigen Weg bestimmen sollte. Darüber ließ Ulrich von Hellbrink keinen Zweifel.
Schon der Portier hatte sie freudig begrüßt. »Kommen Sie nun doch wieder, Fräulein Roth, wo der Fechner weg vom Fenster ist?« hatte er gefragt.
»Ich weiß noch nicht«, erwiderte sie.
Jeder grüßte sie freundlich, ja, herzlich, und auch der höchste Chef erhob sich von seinem Stuhl, als sie sein Allerheiligstes betrat.
»Ich bin Ihnen sehr dankbar, Fräulein Roth, daß Sie so bald gekommen sind«, begann er. »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Wir haben sehr viel zu besprechen. Ich möchte mich vorweg bei Ihnen dafür entschuldigen, daß ich der Kündigung durch Herrn Fechner zustimmte, ohne mich persönlich zu informieren. Ich war falsch unterrichtet und scheue mich nicht, dies einzugestehen. Wie ich Ihnen schon sagte, ist Herr Fechner fristlos entlassen worden. Es entspricht ja wohl der Wahrheit, daß er Ihrer Schwester Versprechungen machte, die er nicht einzuhalten gedachte.«
Elisabeth war noch immer verwirrt. »Das ist eigentlich die ganz persönliche Angelegenheit meiner Schwester«, erwiderte sie vorsichtig.
»Wäre sie denn jetzt bereit, Fechner zu heiraten?« fragte er, nun auch verlegen.
»Keinesfalls. Mehr möchte ich darüber aber nicht sagen.«
»Immerhin hat mich Herr Fechner um drei ausgezeichnete Mitarbeiter gebracht, darunter befindet sich auch meine Schwiegertochter.«
Elisabeth war völlig aus der Fassung gebracht. Er hatte »meine Schwiegertochter« gesagt.
»Sandra hat von selbst gekündigt«, sage sie leise.
»Unter dem Druck der Intrigen, die Fechner angezettelt hat«, erklärte er. »Ich leugne nicht, daß ich mich dadurch beeinflussen ließ, daß ich meinen Sohn nach Afrika schickte und durch meine Engstirnigkeit den Anlaß dazu gab, daß er Sandra heimlich geheiratet hat.«
»Sie wissen alles, Herr Hellbrink?« fragte Elisabeth stockend.
»Nicht alles, aber ziemlich viel. In meinem privaten Bereich werde ich noch viel gutzumachen haben. Was Sie betrifft, möchte ich Sie bitten, Ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Eine Gehaltsaufbesserung sichere ich Ihnen zu. Ich bin auch bereit, Ihrer Schwester eine Unterstützung zu zahlen. Eine Wiedergutmachung scheint mir angebracht zu sein, wenn ich es so ausdrücken darf.«
Elisabeth verschlang die Hände ineinander und dachte wieder an Bastian.
»In meinem privaten Bereich hat sich auch etwas geändert, Herr von Hellbrink«, sagte sie leise. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine kurze Frist zubilligen würden, meine Entscheidung zu treffen.«
»Das ist selbstverständlich, aber Sie dürfen versichert sein, daß ich mich nicht scheue, Ihnen vor den übrigen Angestellten Genugtuung zu verschaffen.«
Ein flüchtiges Lächeln legte sich um Elisabeths Mund. »Das ist nicht nötig. Man kennt mich und man weiß, daß ich die Entlassung Herrn Fechner zu verdanken hatte«, erwiderte sie. »Aber ich darf wohl sagen, daß ich mich für Sie freue, daß Sie dessen Machenschaften noch rechtzeitig durchschaut haben.«
»Sie haben einen klaren Blick, der mir leider fehlte, Fräulein Roth. Es ist ja bekannt, daß Herr Fechner sich zum Ziel gesetzt hatte, meine Tochter zu heiraten. Sie sehen, ich bin ganz offen.«
»Ja, dann kann ich nur sagen, daß Ihr Sohn zu einer Frau wie Sandra zu beglückwünschen ist, und ich hoffe, daß Sie auch zu dieser Überzeugung gelangen.«
Hinterher bekam sie einen Schrecken, daß sie das so geradeheraus gesagt hatte, denn immerhin durfte sie nicht offene Türen einrennen, aber Ulrich von Hellbrink lächelte.
»Zu dieser Überzeugung bin ich schon gekommen«, erwiderte er. »Ich hoffe, bald von Ihnen zu hören.«
»Ja, ich sage Ihnen morgen Bescheid. Es kam ein bißchen plötzlich.«
Alles kam zu plötzlich für die ruhige, stets bedachte Elisabeth. Und zu plötzlich stand dann auch Bastian wieder vor ihr, schon um zwei Uhr, statt um vier Uhr.
»Bin ich froh, daß ich das hinter mich gebracht habe«, sagte er aufseufzend. »Kann ich einen Kaffee haben, Elisabeth?«
»Gern«, erwiderte sie.
»Die Beerdigung ist am Donnerstag. Anna haben sie wieder auf freien Fuß gesetzt, weil keine Verdunkelungsgefahr besteht und sie einen festen Wohnsitz hat. Die wird der Polizei auch noch ein Schnippchen schlagen, aber das ist deren Bier. Uns wird sie nicht unter die Augen kommen. Sie weiß genau, daß ihr das schlecht bekommen wird. Sind Sie noch belästigt worden?«
»So kann ich es nicht sagen. Herr von Hellbrink hat mich angerufen. Er will mich wieder einstellen und bietet mir mehr Gehalt«, erwiderte sie möglichst gleichmütig.
»Und Sie haben angenommen?« fragte er erregt.
»Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten«, erwiderte sie.
»Wieviel bietet er Ihnen denn?« fragte Bastian heiser.
»Zweitausendachthundert. Ganz hübsch, nicht wahr?«
Er wurde noch blasser, sofern das überhaupt möglich war nach der Hetze des Vormittags.
»Das kann ich Ihnen nicht bieten, Elisabeth«, sagte er leise. »Eigentlich nur mein Herz und meine Hand, und was man verdienen kann in dem Gasthof zu gleichen Teilen.«
Sie hielt den Atem an. »Haben Sie sich das überlegt, Bastian? Ist es nicht zu impulsiv?«
»Wenn Sie nein sagen, muß ich mich damit abfinden, aber ich habe eigentlich den ganzen Vormittag an nichts anderes gedacht. Nicht daran, daß Onkel Gottlieb tot ist, auch nicht an Anna, nur daran, daß ich Sie kennengelernt habe, und daß ich Sie verehre.«
Es klang rührend. Heiß stieg es Elisabeth in die Augen.
»Und