WattenAngst. Andreas Schmidt
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу WattenAngst - Andreas Schmidt страница 15
*
Mildstedt, Gegenwart:
Der Ort, an dem Spaziergänger die Bekleidung gefunden hatten, lag am Rande des Wanderparkplatzes an der Straße nach Ostenfeld. Schon von Weitem sah Wiebke die Einsatzstelle. Die Zufahrt zum Parkplatz war mit blauweiß schraffiertem Absperrband gesichert, im Einfahrtsbereich standen zwei Streifenwagen und der Kastenwagen der Kriminaltechnik. Wiebke parkte den zivilen Dienstwagen am unbefestigten Rand der Landstraße. Das Waldstück, von dem Christensen gesprochen hatte, befand sich an ihrem Heimweg. Mehrmals täglich fuhr Wiebke hier vorbei. Umso betroffener war sie jetzt, dass sich hier ein Verbrechen abgespielt hatte.
Schnell war Wiebke versucht gewesen, durchzufahren, um kurz eine heiße Dusche zu nehmen, doch ihr Pflichtgefühl hatte überwogen.
Petersen war im Polizeirevier geblieben, um den lästigen Bericht zu schreiben. Er war frustriert, weil er nicht mehr aktiv in die Ermittlungen im Mordfall eingebunden war, und hatte schlechte Laune.
Fröstelnd zog Wiebke den Reißverschluss ihrer dick gefütterten Jack-Wolfskin-Jacke hoch und versenkte die Hände in den Taschen. Aus Richtung Ostenfeld näherte sich einer dieser großen Hightech-Traktoren. Eilig überquerte Wiebke die Landstraße und nickte dem uniformierten Beamten, der an der Absperrung Wache schob, zu. Man kannte sich vom Sehen.
Wiebke war gespannt, was Johannsen ihr sagen konnte. Ein mulmiges Gefühl beschlich sie. Alles deutete darauf hin, dass Kerstin Möller einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war. Offensichtlich fehlte von ihr jede Spur. Was sollte sie der Vermieterin von Kerstin Möller später sagen?
„Allein unterwegs?“ Johannsen blickte auf, als er sah, dass Wiebke den schlammigen Parkplatz überquerte. Vom Regen in der Nacht hatten sich zahlreiche Pfützen in dem Schotterbelag gebildet.
„Jan ist mucksig“, nickte sie.
„Wegen der Konkurrenz aus Flensburg“, griente Johannsen.
„Das K 1 ist keine Konkurrenz, es ist der Auftrag der Kollegen, Mörder zu überführen“, murmelte Wiebke.
„Ich weiß das, ich weiß das“, nickte Johannsen. „Manchmal kommt man sich wie die zweite Wahl vor, wenn wir vorgeschickt werden, um die Drecksarbeit zu machen. Dann kommen die Kollegen, krempeln die Ärmel hoch und schieben uns aufs Abstellgleis – das ist frustrierend.“ Piet Johannsen nickte. „Ich kann Jan gut verstehen.“
„Ich ja auch“, räumte Wiebke ein, „trotzdem müssen wir weiter unsere Arbeit machen.“
„Apropos“, hakte der Kriminaltechniker ein. „Willst du dir den Fundort der Klamotten angucken?“
„Ja.“ Wiebke nickte und folgte dem Kollegen zu dem alten Hünengrab am Rande des Parkplatzes. Massive Steine waren zu einer historischen Grabstätte aufgeschichtet worden. Wiebke erinnerte sich daran, dass die Grabstätte in früheren Zeiten in der Nähe von Voßberg an der Landstraße nach Ostenfeld gestanden hatte. Doch das war lange vor ihrer Zeit gewesen. Vor rund vierzig Jahren hatte man das Hünengrab an diesem Parkplatz wiedererrichtet. Fünf massige Steinblöcke trugen einen sechsten Stein, der als Dach diente. Grünspan hatte die tonnenschweren Blöcke überzogen. Ein muffiger Geruch drang in Wiebkes Nase, als sie am Eingang in die Hocke ging, um einen Blick ins Innere des Grabes zu werfen.
Die Bekleidung wirkte modern und hochwertig. Ein pinkfarbenes Laufshirt, eine leichte Windjacke in Schwarz, die an den Ärmeln pinkfarbene Streifen aufwies, eine Art Leggins in Schwarz. Die modischen Sportschuhe in knalligem Pink, dazu weiße Socken, ein schwarzer Slip und ein Sport-BH, ebenfalls in Schwarz. Socken und die Unterhose waren auf links gedreht. „Sie scheint eine Vorliebe für Pink zu haben.“
Johannsen grinste schief. „Haben das nicht viele Mädchen und Frauen?“
„Ich nicht.“ Wiebke schüttelte den Kopf. „Blau ist meine Lieblingsfarbe.“ Sie zückte das Smartphone und fotografierte das seltsame Ensemble.
„Wie schön, das hebt dich von der Masse ab“, bemerkte Johannsen hinter ihr. „Ich habe das schon fotografiert.“
„Kann ich mir denken.“ Wiebke ließ das Handy verschwinden und stand auf. Sie beugte sich in die Grab-
stätte und überlegte, was hier passiert sein könnte. Alles deutete auf eine Entführung hin – oder ein sexuell motiviertes Gewaltdelikt. Beides gefiel ihr nicht.
Wiebke bemerkte, dass es am Ärmel der Windjacke ein Fach für das Smartphone gab. Die kleine, aufgenähte Tasche stand offen, das Fach war leer.
„Ein Smartphone hast du nicht gefunden?“, fragte Wiebke, ohne sich zu Johannsen umzublicken.
„Das hätte ich dir längst gesagt.“ Er wirkte ein wenig gekränkt. „Entweder hat sie es verloren, oder der große Unbekannte hat es mitgehen lassen.“
„Die Gegend muss abgesucht werden.“
„Dann veranlassen wir das.“
„In Ordnung.“ Alles wirkte, als hätte es jemand achtlos in die Grabstätte geworfen. Als hätte es jemand eilig gehabt, die Kleidung zu entsorgen. Von einem Versteck wollte Wiebke nicht reden – dafür hatte sich der Unbekannte zu wenig Mühe gemacht. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Kleidung mit dem herumliegenden Laub abzudecken und so auf den ersten Blick unsichtbar werden zu lassen. Wiebke schloss kurz die Augen und dachte nach. Es hatte den Anschein, als habe der Unbekannte geplant, dass die Sportsachen schnell gefunden wurden. Oder er wollte auf sich aufmerksam machen.
„Er hat sich keine Mühe gemacht, die Klamotten zu verstecken“, murmelte sie und stand auf. „Fragt sich, warum. War er in Eile, oder will er Aufmerksamkeit erregen?“
„Das herauszufinden ist dein Part“, grinste Johannsen schulterzuckend. „Ich werde die Dinge sicherstellen und einen DNA-Test im Labor machen.“
„Hast du etwas Auffälliges im näheren Umkreis der Fundstelle entdeckt?“, fragte Wiebke. „Was ist mit den Schleifspuren, die der Chef angesprochen hat?“
„Ich kann dir nicht sagen, ob hier wirklich ein Kampf stattgefunden hat“, räumte Johannsen ein. „Theoretisch könnte es auch sein, dass jemand einen Müllsack oder so etwas über den Boden gezogen hat. Wären da nicht diese Fußabdrücke.“ Seine Augen funkelten unternehmungslustig hinter den Gläsern der Nickelbrille. „Aber mit denen werde ich mich noch beschäftigen, vielleicht wissen wir dann mehr.“ Er deutete auf das Hünengrab. „Derzeit hat es den Anschein, als hätte der Täter die Kleidung einfach hier reingeworfen, um sich mit dem Opfer aus dem Staub zu machen – warum auch immer.“
„Ich will sämtliche Reifenspuren auf diesem Parkplatz haben“, sagte Wiebke.
„Das sind viele“, behauptete der Kriminaltechniker.
„Da musst du durch, fürchte ich.“ Wiebke versuchte sich vorzustellen, was hier passiert sein könnte.
„Auf diesem Parkplatz herrscht ständiges Kommen und Gehen: Spaziergänger, Hundebesitzer, Geschäftsleute, die hier im Gebüsch pinkeln gehen, was weiß ich. Man kann doch