Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
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»Warte es ab«, entgegnete Taff und ging auf den Ausgang zu.
8
Die große gelbe Sonne war inzwischen weiter gewandert, stand aber immer noch sehr hoch. Die Tage auf dem vierten Planten der Sonne Dimonidia waren lang und heiß. Zwei Monde standen in verschiedenen Phasen schwach sichtbar am Himmel, die beiden anderen waren zur Zeit nicht sichtbar.
»Wir gehen nach Süden, vom Raumhafen weg«, bestimmte Caine. »Da draußen gibt es noch Pflanzen und einige Tierarten, die weniger stark mutiert und als Nahrung zu verwenden sind. Die Letho-Dimonds haben ein natürliches Gespür dafür, was essbar ist, und was nicht.«
Er ging mit der Funkerin und dem Bordingenieur voran, Orvid und Luca schwärmten nach den Seiten hin aus. Alle hielten die Strahlwaffen schussbereit, aber im Augenblick war alles ruhig.
»Zwei Fragen, Taff«, sagte Lars Gunnarsson, während sie sich zwischen zwei Ruinen hindurch bewegten. »Zunächst einmal: Wo kommen all die Roboter her, und warum greifen sie alle lebenden Wesen an?«
Der Commander wiegte den Kopf.
»Dazu kann ich aus eigener Erfahrung nicht viel sagen, ich bin erst seit relativ kurzer Zeit hier. Lavazza behauptet jedenfalls, dass die metallenen Ungeheuer keine Erzeugnisse der Dimonids sind. Er glaubt, Anhaltspunkte dafür gefunden zu haben, dass Nurchaar nach der Vernichtung oder Vertreibung dieses Volkes von Hilfskräften des Drajur okkupiert wurde. Sie übernahmen oder reparierten noch vorhandene Produktionsstätten, um mit ihrer Hilfe Mharuts zu bauen.«
»Mharuts?«, fragte Dorit atemlos. »Die schrecklichen Todesroboter, deren Wirken wir nachhaltig kennengelernt haben?«
Taff nickte. »Einige gemeinsame Bauelemente weisen jedenfalls darauf hin. Irgendwann später muss es jedoch eine Aktion gegeben haben, die das gesamte Programm vereitelte. Ich tippe auf einen Angriff von Raumschiffen der Dimonids, denen es gelungen war, sich der Vernichtung zu entziehen. Die Helfer des Drajur wurden getötet oder vertrieben, die Roboterfabriken gerieten außer Kontrolle. Sie produzierten zwar weiter, aber nur noch fehlerhafte Modelle, die nichts mehr mit dem Mharuts gemeinsam haben. Sie besitzen auch keine Waffen, doch der Zwang zum Töten scheint geblieben zu sein.«
Lars nickte. »Gut und einleuchtend, also akzeptiert. Nun aber Frage Nummer zwei: Was sollte deine Bemerkung, du wärst schon zweimal gestorben, im Zusammenhang mit dem Vogel Phönix? Luca meint zwar, du hättest da Unsinn geredet, aber ich kenne dich zu lange, um das zu glauben. Gibt es da etwas, das zwar unglaublich, aber dennoch wahr ist?«
»Richtig, Lars«, sagte Taff. »Bereits damals, als wir mit dem Triumvirat die ersten Gespräche über die schwarzen Spiegel führten, waren wir uns einig, dass uns die Dimonids in technischer Hinsicht um Jahrtausende voraus sein mussten. In welchem Umfang das tatsächlich der Fall war, haben wir erst hier auf Nurchaar gemerkt. Die Spiegelwände in der Halle auf Thorga haben uns zwar, wie es scheint, körperlich hierher transportiert, aber doch nicht ganz im Sinne dieses Wortes. Ein Teil von jedem von uns ist auf der Insel zurückgeblieben, vermutlich der wertvollere, in einer zwar sichtbaren, aber immateriellen Manifestation.«
»Dann kann von dir ja nicht viel dortgeblieben sein«, lästerte Luca prompt, doch Caine ging nicht darauf ein. »Der Beweis dafür ist, dass wir das Brain-Team und die Letho-Dimonds noch in der Halle sitzen sahen, als sie sich schon lange hier befanden. Als ich nach Mitani greifen wollte, gingen meine Hände glatt durch ihren Körper hindurch, ich spürte nur ein schwaches Prickeln. Lavazza meint, dass die materielosen Körper – eine paradoxe Formulierung, aber ich finde keine bessere – so etwas wie Strukturschablonen sind, die mit unseren hiesigen Körpern irgendwie in Verbindung stehen.«
»Vielleicht zu dem Zweck, dass durch sie für uns die spätere Rückkehr nach Thorga möglich wird?«, fragte Dorit Grenelle.
Taff zuckte mit den Schultern. »Schon möglich, bis jetzt aber nicht bewiesen. Jedenfalls sorgen diese Schablonen dafür, dass hier niemand von uns im vollen Sinn dieses Begriffes sterben kann. Man wird zwar für den Augenblick getötet, und der betreffende Körper zeigte alle üblichen Auswirkungen der Verletzungen. Er löst sich jedoch schon nach Sekunden einfach auf, ein neuer entsteht wie aus dem Nichts und ist wieder voll lebensfähig! Das widerfuhr mir kaum eine Minute nach meiner Ankunft hier, als ich von den Robotern noch nichts wusste. Ein solcher Blechkasten kam auf mich zu, und ich zögerte einen Augenblick zu lange, ihn abzuschießen. Im nächsten Moment hatte er mich überrollt, und die Lichter gingen für mich aus. Hinter ihm wurde ich Sekunden später wieder lebendig, nahm den Handlaser und erledigte ihn. Das zweite Mal war vorhin, als ich mich auf den Weg machte, um nach euch zu sehen. Plötzlich kam ein großes, vogelähnliches Ding angerast, rammte mich voll, und ich starb erneut. Trotzdem stehe ich jetzt wieder vor euch, wie ihr seht.«
»Mit dir rede ich ab sofort kein Wort mehr«, erklärte Orvid Bashkiri. »Du bist ja nicht mehr der echte Taff Caine, sondern nur noch ein schäbiges Duplikat. Unter diesen Umständen ...«
»Vorsicht!«, schrie Lars auf, aber es war bereits zu spät. Ein blitzendes Etwas sauste durch die Luft, eine schwertähnliche Klinge stieß zu, und der Kopf des Astrogators fiel abgetrennt zu Boden. Luca Ladora feuerte und schoss den Mordroboter ab, während Orvids Körper blutüberströmt in sich zusammensank. Es war ein schwerer Schock für seine Gefährten, aber er hielt nicht lange an.
Bashkiris Körper und Kopf lösten sich spurlos auf, und buchstäblich aus dem Nichts entstand der Astrogator wieder neu! Er stand auf den Beinen, als wäre nichts geschehen, mit einem Ausdruck heilloser Verwirrung auf dem Gesicht.
»Willkommen unter den Lebenden, Duplikatbruder!«, lächelte Taff maliziös.
*
Sie hatten das Gebiet erreicht, in dem sich die beiden Frauen und die Letho-Dimonds aufhielten. Drei weitere Roboter von unterschiedlichem Aussehen hatten die Gruppe anzugreifen versucht, waren jedoch relativ mühelos abgeschossen worden. Es waren plumpe, sich langsam bewegende Maschinen gewesen, denen man ihre Fehlerhaftigkeit sofort ansehen konnte.
»Weshalb ignorieren wir sie nicht einfach?«, fragte Dorit. »Im Grunde können sie uns ja nichts anhaben, wenn jeder Getötete sofort wieder neu entsteht.«
Caine nickte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Eine gute Frage, Dorit-Mädchen, auf die hin sich aber sofort eine zweite erhebt: Was täten wir, wenn die wundersame Wiederauferstehung plötzlich nicht mehr funktionierte? Wir dürfen nie vergessen, dass die Anlagen der Dimonids uralt und deshalb vermutlich auch entsprechend störungsanfällig sind! Alles hat sein Ende, aber ich möchte das meine keinesfalls fahrlässig herbeiführen.«
Vor ihnen wurden in dem unübersichtlichen Buschgelände die Gestalten einiger Letho-Dimonds sichtbar. Sie hatten sich aus geflochtenen Zweigen provisorische Tragetaschen angefertigt, in denen sich verschiedenartige Früchte befanden. Welgun war unter ihnen und auch Kaiakan, auf dessen Gesicht es beim Anblick der Crew freudig aufblitzte. Dann kam auch Mitani zum Vorschein, und neben ihr Janine Latep.
»Da wären wir also wieder traulich vereint«, stellte Taffs dunkelhäutige Freundin fest. »Ich sehe euren Gesichtern aber mühelos an, dass ihr inzwischen auch erfahren habt, wie seltsam es hier auf Nurchaar zugeht. Vor allem muss ich aber die Letho-Dimonds bewundern, die waffenlos sind und deshalb den Killerrobots am leichtesten zum Opfer fallen. Die Art wie sie ihr Sterben und Wiederentstehen geistig verkraften, grenzt schon ans Phänomenale.«
»Ich führe das auf den langen Umgang mit den schwarzen Spiegeln zurück«, erklärte Taff.