Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman - Viola Maybach страница 15
Corinna fing wieder an zu weinen, sodass Maren sich ernstlich beunruhigte. Was konnte denn so schlimm sein, dass man nicht darüber reden konnte? Sie standen einander doch nahe wie Freundinnen, jedenfalls war das im letzten Jahr ihr Gefühl gewesen. Aber vielleicht hatte sie sich getäuscht?
»Ich bin so ein treuloser Mensch, Maren«, schluchzte Corinna. »Du denkst, ich trauere wie du um Olli und denke immerzu an ihn, aber das stimmt überhaupt nicht. In Wirklichkeit …, in Wirklichkeit …« Sie konnte vor Schluchzen nicht reden, jedenfalls brachte sie keine verständlichen Worte heraus.
Maren wiegte sie hin und her, wie sie es mit Lili oder Paul machte, wenn sie weinten und getröstet werden mussten. »Sag mir, was dich bedrückt, bitte«, flüsterte sie. »Wir sind doch Freundinnen, wir können über alles miteinander reden.«
»Aber darüber nicht!«, weinte Corinna. »Du trauerst, und ich …, ich verliebe mich! Wenn Olli wüsste, dass ich ihn so schnell vergesse, wäre er schrecklich enttäuscht von mir, das weiß ich. Und du bist jetzt auch enttäuscht, und … ich weiß ja, dass das nicht richtig ist, und ich werde mich auch nicht darauf einlassen, aber es ist so schwer, Maren, weil ich …« Der Rest des Satzes ging wieder in Schluchzen unter.
Maren war nicht sicher, ob sie Corinnas Gestammel richtig verstanden hatte. Sie spürte nur, wie tief unglücklich ihre Schwägerin war und dass das, was da jetzt mit aller Macht aus ihr herausbrach, schon länger in ihr arbeitete. Es war wohl höchste Zeit gewesen, dass es ans Licht kam.
Erneut wartete sie, bis Corinna ruhiger geworden war, dann bat sie: »Bitte, erzähl mir doch das, was dir auf der Seele liegt, von Anfang an, ja? Du hast dich also verliebt?«
Die Gelassenheit in ihrer Stimme sorgte immerhin dafür, dass Corinna nicht sofort erneut in Tränen ausbrach. »Er hat einen schlechten Ruf im Sender«, sagte sie stockend, »als Frauenheld und so. Alle haben mich vor ihm gewarnt, dabei war ich gar nicht an ihm interessiert. Und dann sind wir ins Gespräch gekommen, und ich habe festgestellt, dass er anders ist, als ich dachte. Er war nett und witzig und … einfach sympathisch. Wir sind zusammen essen gegangen, und er war immer noch total nett. Wir hätten noch stundenlang da sitzen und reden können.«
Corinna wischte sich über die Augen. »Da war ich schon in ihn verliebt und wusste, dass das überhaupt nicht sein durfte. Dass ich mich nicht verlieben kann, während dein Leben gerade in Stücke gefallen ist. Dass ich nicht glücklich sein kann, wenn ich vor nicht einmal einem Jahr meinen großen Bruder verloren habe. Es war irgendwie falsch, und ich dachte, ich darf ihn nicht noch einmal treffen. Und dann hat er mich zum Abschied umarmt. Und ich glaube, wenn ich ihn nicht zurückgestoßen hätte, hätte er mich auch geküsst. Und es gab nichts, was ich mir mehr gewünscht habe, Maren.«
»Und warum hast du es dann nicht zugelassen?«, fragte Maren ganz ruhig.
Mit weit aufgerissenen Augen sah Corinna sie an. »Das fragst ausgerechnet du? Aber ich habe es dir doch gerade eben erklärt! Es ist falsch. Man kann nicht trauern und sich gleichzeitig verlieben. Ich glaube, wenn meine Eltern wüssten, was in mir vorgeht, würden sie …« Sie brach ab. »Sie wären entsetzt, weil es … unpassend ist«, sagte sie endlich. »Und ich dachte, du wärst es auch.«
»Unpassend«, wiederholte Maren nachdenklich. »Aber du trauerst doch nicht weniger um Olli, wenn du dich jetzt verliebst!« Sie unterbrach sich. »Eine andere Frage ist, ob dieser Mann der Richtige für dich ist. Du sagst, er hat einen schlechten Ruf. Wahrscheinlich ist er auch um einiges älter als du?«
Corinna nickte stumm.
»Wie gesagt: Das ist eine andere Frage, die musst du dir irgendwann selbst beantworten. Aber Ollis Tod ist doch kein Grund für dich, sozusagen dein Leben anzuhalten, Corinna. Es ist nicht unpassend, wenn du dich jetzt verliebst, es ist auch nicht treulos deinem Bruder gegenüber.«
»Aber du …«, begann Corinna.
»Er war die Liebe meines Lebens«, sagte Maren. »Vergessen werde ich ihn nie, aber ich schließe nicht aus, dass ich noch einmal ein Glück finde, mit einem anderen Mann. Zwar kann ich mir das jetzt noch nicht vorstellen, aber für ausgeschlossen halte ich es nicht. Ich war mit ihm verheiratet, er ist der Vater meiner Kinder, und er ist, wie man so schön sagt, als Held gestorben. Ein Teil meines Herzens wird immer ihm gehören. Und so ist es doch bei dir auch: Er wird für alle Zeiten dein geliebter großer Bruder bleiben, um den du trauerst. Das heißt aber nicht, dass du dich nicht trotzdem verlieben kannst.«
Es blieb lange still nach diesen Worten, bis Corinna mit tiefer Verwunderung in der Stimme sagte: »Und ich dachte, ich kann dir das nicht sagen, weil du die Letzte wärst, die Verständnis dafür aufbringen könnte. Ich dachte, gerade du würdest mich treulos finden.«
»Ich trauere auch nicht jeden Tag gleich stark, weißt du? Es gibt Tage, da lache ich laut und erschrecke darüber, weil ich mich sofort frage, ob ich das überhaupt darf als trauernde Witwe: lachen. Aber man kann in einer solchen Situation viel von Kindern lernen. Die sind in einem Augenblick zutiefst traurig und verzweifelt, und im nächsten lachen sie schon wieder. Das heißt aber nicht, dass ihre Trauer weniger tief ist als unsere.«
»Und was mache ich jetzt?«, fragte Corinna.
»Du bist auf jeden Fall vorsichtig«, antwortete Maren besorgt. »Wenn der Mann einen solchen Ruf hat, ist es ja sehr wahrscheinlich, dass du über kurz oder lang Liebeskummer haben wirst. Und der kann genauso schlimm sein wie Trauer, habe ich gehört.«
»Hattest du noch nie welchen?«
»Doch, aber da war ich noch sehr jung. Wenn man sechzehn ist, schwebt man doch sowieso immer zwischen Glückseligkeit und abgrundtiefer Verzweiflung. Ich wollte nicht mehr leben, als mich der Junge, in den ich heimlich schon lange verliebt war, zuerst als Freundin akzeptierte, mich aber schon nach zwei Wochen zugunsten einer neuen Schülerin in unserer Klasse sitzenließ. Es war die Hölle, eine Zeit lang. Und dann habe ich mich in einen anderen verliebt, und der Kummer war vergessen. Er hatte nicht sehr lange gedauert.«
Ihr Blick wanderte zum Fenster, das Lächeln, das eben noch um ihren Mund gelegen hatte, verschwand. »Kein Vergleich zu dem, was ich heute fühle. Aber wenn Olli mich verlassen hätte, wäre ich sicherlich auch sehr, sehr unglücklich gewesen.«
Corinna legte ihren Kopf an Marens Schulter. »Hätte ich bloß früher mit dir geredet«, flüsterte sie. »Ich habe mich so mit meinen Schuldgefühlen gequält, auch meinen Eltern gegenüber.«
»Ich glaube, dass du deine Eltern unterschätzt«, entgegnete Maren ruhig. »Sie wissen auch, dass das Leben weitergeht. Das hört sich banal an, aber es ist die Wahrheit. Versprich mir nur, dass du vorsichtig bist.«
»So, wie ich ihn neulich habe abfahren lassen, spricht er mich garantiert nicht noch einmal an, da muss ich schon den nächsten Schritt tun«, murmelte Corinna. Sie richtete sich auf. »Ich bin vorsichtig, und ich lasse mich von ihm auch nicht schlecht behandeln, das verspreche ich dir, Maren.«
»Dann ist es gut.« Maren strich ihr über die Wange. »Wenn ich auch nur geahnt hätte, mit welchen Gedanken du dich quälst, hätte ich viel früher den Mund aufgemacht. Da haben wir jetzt hoffentlich beide etwas für die Zukunft gelernt.« Nach einer Weile sagte sie: »Ich habe dir auch etwas