Ein neuer Anfang für die Liebe. Susan Anne Mason
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„Aha, jetzt verstehe ich“, erwiderte er und führte sie sanft in Richtung Sofa. „Und das hat natürlich all die qualvollen Erinnerungen wieder wachgerufen.“
„Ganz genau.“
„Harriet, was kann ich tun, um dir zu helfen?“
Erneut seufzte sie. „Es gibt nichts, das irgendjemand tun könnte. Es wird schon wieder vorübergehen. So wie immer.“
Geoffrey setzte sich und legte seine Hände auf die ihren. „Kannst du dir denn etwas vorstellen, das dir helfen würde, diese Tragödie ein für alle Mal hinter dir zu lassen? Etwas, das dir hilft, mit dem Thema abzuschließen?“
Getroffen zog Harriet ihre Hand weg. „Das Thema einfach hinter mir lassen? Geoffrey, niemals werde ich vergessen, was meiner Schwester geschehen ist. Und ich werde niemals aufhören, über ihren Verlust zu trauern – ganz gleich, wie sehr ich mir wünsche, mit dem Thema abzuschließen.“ Sie stand auf und ging zu dem Kamin, wo das einzige Foto von ihrer Schwester den Kaminsims zierte. Ein zartes Mädchen mit blondem Haar und großen Augen. Augen, die einst vor Freude gestrahlt hatten, bis schließlich nur noch Verzweiflung darin lag.
Auch Geoffrey hatte sich nun erhoben und trat hinter sie. „Es tut mir leid, Harriet. Ich wollte dich nicht verletzen.“
Über die unerwarteten Tränen auf ihrer Wange errötete sie, doch dann wandte sie sich zu ihrem Freund um. Er verdiente ihre scharfe Zunge nicht. „Du möchtest nur helfen, ich weiß. Wie immer“, erwiderte sie mit einem Lächeln. „Zudem ist das, was du sagst, auch nichts Neues. Ich habe in den letzten Jahren viel darüber nachgedacht, warum es mich so verfolgt, Annie auf diese Weise verloren zu haben.“ Harriet schüttelte den Kopf und spürte, wie Schuld und Scham sich erneut in ihr breitmachten. „Ich weiß nicht einmal, wo sie begraben liegt oder ob sie einen Grabstein hat. Sollte ich nicht wenigstens das von ihr wissen?“ Doch bei den Worten erschauderte sie unfreiwillig, denn das bedeutete, nach Hazelbrae zurückkehren zu müssen. Und das war etwas, was sie sich geschworen hatte, niemals zu tun.
„Du könntest versuchen, es herauszufinden“, sagte er und musterte sie genau, als wollte er abschätzen, ob er noch etwas sagen sollte oder nicht. „Etwas, das ich trauernden Gemeindemitgliedern häufig mit auf den Weg gebe, ist, sich etwas zu suchen, womit sie ihren Geliebten Tribut zollen können. Etwas, das sowohl dem Verstorbenen als auch dem Überlebenden bedeutsam erscheint.“ Dann hielt er inne und strich sich über das Kinn. „Was, wenn du etwas in Annies Namen tun würdest? Zum Beispiel einen Baum pflanzen oder ein Stipendium in ihrem Namen ausschreiben. Es sollte etwas sein, das dir auch etwas bedeutet.“
Harriets Hals schnürte sich zu, sodass sie nur nicken konnte. „Schon oft habe ich über eine Art Denkmal nachgedacht. Aber mir fiel nichts Passendes ein“, erklärte sie und tätschelte ihm dann den Arm. „Aber danke, Geoffrey. Genau das ist es, was ich jetzt brauche. Aufhören, an das Negative zu denken, und mich auf etwas Positives konzentrieren. Ich werde das Ganze noch einmal überdenken.“
Geoffrey sah sie lächelnd an, sodass sich kleine Fältchen um seine Augen bildeten. „Gern geschehen, meine Liebe. Das ist schließlich meine Aufgabe als Pastor.“
Kapitel 3
Dr.-Barnardos Kinderheim für Jungen sah wie ein ganz gewöhnliches Haus aus. Nichts, abgesehen von einem Schild oberhalb der Tür, wies auf seine Funktion hin. Quinn zwang seine Füße vorwärts, während sein Magen vor Aufregung rumorte. Was würde er heute über seine Brüder erfahren? Im Stillen schickte er ein Gebet gen Himmel und bat um gute Neuigkeiten.
Eine große Garderobe mit Schirmständer zierte den muffig riechenden Hausflur. Quinn ging den Korridor entlang, bis er auf eine Art Empfangsbereich stieß. Dort saß eine recht ernst dreinblickende Frau, die einige Notizen in ein großes Buch eintrug. Als sie ihn bemerkte, hob sie den Blick und musterte Quinten auffällig – vom Hut auf dem Kopf bis zu den Schuhen an seinen Füßen, die er gerade erst in seinem Zimmer im CVJM poliert hatte.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?“
„Das hoffe ich“, erwiderte er und schenkte ihr ein charmantes Lächeln. „Mein Name ist Quinten Aspinall und ich bin auf der Suche nach Informationen zu meinen zwei Brüdern. Vor etwa vier oder fünf Jahren sind sie von einem der Dr.-Barnardo-Heime in London hierhergekommen und ich würde gern herausfinden, wo sie sich nun befinden.“
Mit einem Mal verhärteten sich die Gesichtszüge der Frau. „Es tut mir leid, Sir, aber ich kann Ihnen keinerlei Informationen geben“, erklärte sie und schlug das lederne Buch vor ihr entschieden zu.
Daraufhin ging Quinn einen Schritt auf den Schreibtisch zu. „Ich verstehe ja, dass es Regeln gibt, die befolgt werden müssen. Aber sicher können Sie wenigstens direkten Verwandten Auskunft geben über den Aufenthaltsort“, bat er und holte etwas aus seiner Jackentasche hervor. „Ich kann mich auch ausweisen, falls das hilft.“
Die Frau stand auf und ihr genervter Blick zeigte in Richtung Treppe. „Ich bin nicht in der Position, Ihnen –“
„Könnte ich dann bitte mit dem Verantwortlichen für dieses Heim sprechen?“
Mit einer Hand am Blusenkragen seufzte die Frau und nickte. „Also gut, einen Moment bitte. Ich werde nachsehen, ob Mr Hobday Zeit für Sie hat“, gab sie nach und hieß Quinn auf einer Bank an der Wand warten.
„Danke sehr“, sagte er, verbeugte sich kurz und nahm auf der Bank Platz, während die Frau die Treppe hochstieg. Sobald sie nicht mehr zu sehen war, schritt Quinn auf den Schreibtisch zu und streckte sich nach dem ledernen Buch aus. Mit pochendem Herzen schlug er es auf der ersten Seite auf. Namen und Daten waren darin aufgelistet.
Eilig blätterte Quinn durch die Seiten, auf der Suche nach Einträgen von 1914, während er die Ohren nach Geräuschen von oben gespitzt hielt. Nach der Geschichte von Mrs Chamberlain und den schrecklichen Bedingungen, unter denen manche der Kinder litten, wollte Quinn es nicht riskieren, dass man ihm die Informationen über die Aufenthaltsorte seiner Brüder verwehrte. Während er blätterte, wurden seine Hände feucht. Schließlich sprang ihm ein Name ins Gesicht. Aspinall, Harrison. Alter: 7. Mr T. Wolfe in Caledon, Ontario.
Er lernte die Daten auswendig und überflog die anderen Zeilen. Auf der nächsten Seite fand er Aspinall, Cecil. Alter: 11. Mr A. Simpson in Collingwood, Ontario.
Im Kopf wiederholte Quinn die beiden Adressen mehrmals, schloss das Buch wieder und vergewisserte sich, dass es genau so lag, wie die Frau es zurückgelassen hatte. Dann setzte er sich erneut auf die Bank. Die feuchten Hände strich er auf den Oberschenkeln ab und bemühte sich, gleichmäßig zu atmen, um möglichst ruhig und kontrolliert zu wirken, wenn der Direktor kam.
Schließlich vernahm er Schritte auf der Treppe und die Frau erschien wieder, gefolgt von einem schlanken Herrn, der vermutlich um die vierzig war. Als die beiden sich ihm näherten, stand Quinn auf.
„Das ist Mr Aspinall“, stellte die Frau ihn vor, bevor sie wieder am Schreibtisch Platz nahm.
„Danke, Mrs Allen“, erwiderte der Mann und machte mit ausgestreckter Hand einen Schritt auf Quinn zu. „Ich