Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада страница 40
Meier gibt sich den notwendigen dienstlichen Ruck: Jawohl?
Ungnädige Stimme von oben: Was ist denn? Mama ist ganz kaputt von der Hitze, will schlafen – stören Sie sie bloß nicht!
Ich wollte nur fragen, gnädiges Fräulein … Der Herr von Teschow hat mir gesagt, der Herr Rittmeister hätte telefoniert … Ein wenig ärgerlich: Es ist wegen der Wagen … Soll ich heute abend zur Bahn schicken oder nicht?
Schreien Sie doch bloß nicht so! schreit die Stimme von oben. Ich bin doch keines von Ihren Hofgängermädchen! Mama will Ruhe, habe ich Ihnen gesagt!
Meier guckt verzweifelt empor zu dem flachen Dach. Aber es ist zu hoch, und er steht zu tief: er kann nichts von der im Traum Entführten und Geheirateten sehen, sondern nur ein Stück Liegestuhl und ein etwas größeres Stück Pilzschirm. Er entschließt sich zu flüstern – so laut er kann: Ob ich Wagen schicken soll – heute abend – zur Bahn –?
Pause. Stille. Warten.
Dann von oben: Haben Sie was gesagt? Ich versteh immer Bahnhof!
Hä-hä-hä! Meier belacht pflichtschuldig die gängigste Redensart der Zeit. Dann wiederholt er etwas lauter seine Anfrage.
Sie sollen doch nicht schreien! hat er sofort seinen Tadel weg.
Er steht da, er weiß natürlich ganz genau, daß sie ihn nur zwiebeln will. Er ist eben nur der Feldbeamte von Papa. Hat zu tun, was ihm gesagt wird. Hat zu stehen und zu warten, bis das gnädige Fräulein geruhen. Na, warte nur, meine Liebe, eines Tages wirst du stehen und warten müssen – aber auf mich!
Jetzt allerdings scheint er lange genug gewartet zu haben, denn sie ruft von oben (übrigens für eine so rücksichtsvolle Tochter erstaunlich laut): Herr Meier! Sie sagen ja gar nichts mehr?! Sind Sie überhaupt noch da –?!
Jawohl, gnädiges Fräulein.
Ich dachte schon, Sie wären in der Sonne zerflossen. Butter müssen Sie dafür genug auf dem Kopf haben.
(›Weiß natürlich auch schon Bescheid. Schadet aber gar nichts – macht ihr bloß Appetit.‹)
Herr Meier!
Jawohl, gnädiges Fräulein –?
Wenn Sie also lange genug unten gestanden haben, merken Sie vielleicht, daß eine Leiter da ist, und sagen mir hier oben, was Sie eigentlich wollen.
Noch einmal: Jawohl, gnädiges Fräulein! und die Leiter hinauf.
›Jawohl, gnädiges Fräulein‹ ist immer gut, schmeichelt ihr, kostet nichts, betont den Abstand und erlaubt alles. Man kann ihr in den Ausschnitt gucken und dabei voller Demut ›Jawohl, gnädiges Fräulein‹ sagen, man kann es sogar sagen und ihr dabei einen Kuß geben –›Jawohl, gnädiges Fräulein‹ ist ritterlich, kavaliermäßig, schneidig – wie die Offiziere in Ostade, denkt Negermeier.
Er steht jetzt am Fuß ihres Liegestuhls und sieht gehorsam und doch frech blinzelnd auf seine junge Herrin, die da mit nichts als einem sehr kurzen Badeanzug bekleidet vor ihm liegt. Violet von Prackwitz, fünfzehn Jahre, ist schon ein bißchen voll, zu voll mit der schweren Brust, den fleischigen Hüften, dem starken Gesäß, zieht man die Jahre in Betracht. Sie hat das weiche Fleisch, die zu weiße Haut der lymphatischen Mädchen, dazu ein wenig vorstehende Augen wie die Mutter. Sie sind blau, blaßblau, verschlafen blau. Die nackten Arme hat das gute, unschuldige Kind erhoben, sie reckt sich ein wenig, es sieht gar nicht schlecht aus, hübsch ist das Luder und – Donnerwetter! – was für ein Körper! Das muß sich einem doch in den Arm schmiegen.
Schläfrig, genußsüchtig durch die fast geschlossenen Lider blinzelnd, betrachtet sie das Gesicht des Inspektors. Na, was gucken Sie denn so? fragt sie dann herausfordernd. Im Familienbad habe ich auch nichts anderes an. Stellen Sie sich bloß nicht so an. Sie studiert sein Gesicht. Dann: Na ja, Mama sollte uns hier beide mal so sehen …
Er kämpft mit sich. Die Sonne brennt irrsinnig heiß, es flimmert, jetzt streckt sie sich wieder. Er macht einen Schritt …: Ich … Weio, o Weio …
O wei! O wei! lacht sie. Nee, nee, Herr Meier, stellen Sie sich lieber wieder da bei der Leiter auf. Plötzlich ganz Herrin: Sie sind ja komisch! Sie bilden sich wohl was ein? Ich brauche nur einmal zu rufen, und Mama ist an ihrem Fenster!
Dann, als sie sieht, daß er wieder pariert: Heute brauchen Sie nicht zur Bahn zu schicken. Wahrscheinlich morgen früh zum ersten Zug. Papa telefoniert noch mal.
Hat alles vorhin ganz gut verstanden, das freche Luder! Hat sich ihm nur vorführen, ihn quälen wollen! Aber warte, ich kriege dich doch noch!
Warum lassen Sie denn nicht einfahren? fragt jetzt das junge Mädchen, die zu Entführende, die heimlich zu Heiratende.
Weil die Leute binden und aufsetzen müssen. – Ziemlich mürrisch.
Und wenn es ein Gewitter gibt und alles wird naß, macht Papa Ihnen einen Riesenkrach.
Und wenn es kein Gewitter gibt und ich hab einfahren lassen, macht er mir auch Krach.
Es gibt aber ein Gewitter.
Das kann man so genau nicht wissen.
Ich weiß es aber.
Gnädiges Fräulein wünschen also, daß ich einfahren lasse?
Ich denke gar nicht daran! Sie lacht schallend, ihre starke Brust hüpft gradezu im Badeanzug. Daß Sie mir nachher die Schuld geben, wenn es Papa nicht recht ist! Nein, machen Sie Ihre Dummheiten alleine!
Sie sieht ihn wohlwollend-überlegen an. Dieses Gör von fünfzehn Jahren ist derart frech –! Warum frech –? Weil sie zufällig eine geborene von Prackwitz, Erbin von Neulohe ist – nur darum frech!
Dann kann ich also gehen, gnädiges Fräulein? fragt Negermeier.
Ja. Kümmern Sie sich mal ein bißchen um die Wirtschaft. Sie hat sich auf die Seite gewälzt, sieht ihn noch einmal spöttisch an. Er geht schon.
Heh, Herr Meier! ruft sie.
Jawohl, gnädiges Fräulein? – Es hilft nichts, er muß.
Wird eigentlich Dung gefahren?
Nein, gnädiges Fräulein …
Warum riechen Sie denn so komisch?
Es dauert eine ganze Weile, bis er kapiert hat, daß sie sein Parfüm meint. Dann macht er wortlos, aber wutrot kehrt und klettert, so schnell er kann, die Leiter herunter.
›So ein Aas! Mit so einem Aas soll man sich gar nicht abgeben! Die Roten haben ganz recht: an die Wand mit dieser ganzen frechen Bagage! Adel! Verdammt noch mal! Frechheit, unverschämteste Frechheit … Nichts wie großkotzige Manieren …‹
Er ist von der Leiter, er ist im Abmarsch, seine kurzen Beine treten wütend die Erde.