Der letzte Mensch. Mary Shelley

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der letzte Mensch - Mary Shelley страница 18

Автор:
Серия:
Издательство:
Der letzte Mensch - Mary Shelley

Скачать книгу

erschien pünktlich zur verabredeten Stunde des folgenden Tages und fand Lord Raymond vor, der bereits auf mich wartete. Wir stiegen in seinen Wagen und fuhren nach Windsor. Ich hatte mich gewappnet und war entschlossen, meine innere Unruhe durch kein äußeres Zeichen zu offenbaren.

      »Was für einen Fehler Ryland begangen hat«, sagte Raymond, »als er dachte, mich vergangenen Abend zu überwältigen. Er sprach gut, sehr gut; eine solche Ansprache wäre besser an mich allein gerichtet gewesen als an die Dummköpfe und Schurken, die dort versammelt waren. Wäre ich allein gewesen, hätte ich vielleicht auf ihn gehört, doch als er versuchte, mich in meinem eigenen Territorium mit meinen eigenen Waffen zu schlagen, forderte er mich heraus, und das Ergebnis war ganz so, wie zu erwarten stand.«

      Ich lächelte ungläubig und antwortete: »Ich hege dieselben Ansichten wie Ryland und werde, wenn Sie möchten, alle seine Argumente wiederholen; wir werden sehen, inwieweit Sie von ihnen veranlasst werden, sich vom Thron ab und dem Patriotismus zuzuwenden.«

      »Die Wiederholung würde nutzlos sein«, sagte Raymond, »da ich mich gut an sie erinnere und viele andere kenne, die ich mir selbst nennen kann und die von unwiderleglicher Überzeugungskraft sind.«

      Er erklärte sich nicht weiter, und ich machte ebenfalls keine Bemerkung zu seiner Antwort. Unser Schweigen dauerte einige Meilen an, bis die Landschaft uns mit offenen Feldern, schattigen Wäldern und Parks angenehme Ausblicke bescherte. Nach einigen Bemerkungen über die Landschaft und Herrensitze sagte Raymond: »Philosophen haben den Menschen einen Mikrokosmos der Natur genannt und finden eine Reflexion im inneren Bewusstsein für all diese Gegenstände, die um uns herum sichtbar sind. Diese Theorie war oft ein Quell der Belustigung für mich; und ich habe so manche Mußestunde damit verbracht, derlei Ähnlichkeiten zu suchen. Sagt nicht Lord Bacon, dass ›der Wechsel von einem Missklang zur Harmonie, der in der Musik große Schönheit verursacht, eine Übereinstimmung mit den Gefühlen hat, die nach einigen Abneigungen wieder zum Besseren gestimmt werden‹? Welch Ozean ist die Flut der Leidenschaft, deren Quellen in unserer eigenen Natur liegen! Unsere Tugenden sind die Treibsande, die sich bei ruhigem und niedrigem Wasser zeigen, aber wenn die Wellen sie ansteigen lassen und die Winde sie auftürmen, sieht sich der arme Teufel, der seine Hoffnung in ihre Beständigkeit gelegt hatte, in ihnen versinken. Die Moden der Welt, Drangsale, Erziehung und Streben, sind Winde, die unseren Willen wie Wolken alle in eine Richtung treiben; aber wenn ein Gewitter in Form von Liebe, Hass oder Ehrgeiz aufzieht, wird das Gewölk zurückgeweht und zermalmt die gegnerische Luft im Triumph.«

      »Und doch«, antwortete ich, »stellt sich die Natur unseren Augen immer als Erduldende dar, während es im Menschen ein aktives Prinzip gibt, das fähig ist, das Geschick zu beeinflussen und wenigstens gegen den Sturm anzukämpfen, ehe dieser ihn auf irgendeine Weise überwindet.«

      »Es liegt mehr Trügerisches als Wahrheit in Ihrer Unterscheidung«, sagte mein Begleiter. »Haben wir uns selbst geformt, unsere Veranlagungen und unsere Kräfte gewählt? Ich jedenfalls empfinde mich als Saiteninstrument mit Akkorden und Anschlägen – doch ich habe keine Macht, die Saiten zu spannen oder meine Gedanken in eine höhere oder tiefere Tonlage zu stimmen.«

      »Andere Männer«, bemerkte ich, »mögen bessere Musiker sein.«

      »Ich spreche nicht von anderen, sondern von mir selbst«, erwiderte Raymond, »und ich kann ein ebenso schönes Beispiel abgeben als jeder andere. Ich kann mein Herz nicht auf einen bestimmten Ton stimmen oder willkürliche Änderungen nach meinem Gutdünken ausführen. Wir werden geboren; wir wählen weder unsere Eltern noch unseren Stand; wir werden von anderen erzogen oder von den Umständen der Welt; und diese Kultivierung, die sich mit unserer angeborenen Veranlagung vermischt, ist der Boden, auf dem unsere Wünsche, Leidenschaften und Beweggründe wachsen.«

      »Es liegt viel Wahres in dem, was Sie sagen«, sagte ich, »und dennoch handelt kein Mensch jemals nach dieser Theorie. Wer sagt denn, wenn er eine Wahl trifft: So wähle ich, weil ich dazu getrieben werde? Fühlt er nicht im Gegenteil eine Willensfreiheit in sich, welche, wenngleich Sie sie trügerisch nennen mögen, ihn zu seinen Entscheidungen drängt?«

      »Eben jene«, antwortete Raymond, »ist ein weiteres Glied der unzerreißbaren Kette. Würde ich nun eine Tat begehen, die meine Hoffnungen zunichtemacht, das Königsgewand von meinen sterblichen Gliedern reißt und sie in eine gewöhnliche Tracht kleidet; würde dies, glauben Sie, ein Akt des freien Willens meinerseits sein?«

      Während wir so sprachen, bemerkte ich, dass wir nicht die gewöhnliche Straße nach Windsor, sondern über Englefield Green in Richtung Bishopsgate Heath fuhren. Mir begann zu dämmern, dass nicht Idris das Ziel unserer Reise war, sondern dass ich Zeuge der Szene sein sollte, die das Schicksal Raymonds – und Perditas entscheiden sollte. Raymond war offensichtlich während seiner Reise schwankend gewesen, und Unentschlossenheit zeigte sich in jeder Geste, als wir Perditas Hütte betraten. Ich beobachtete ihn aufmerksam und war entschlossen, dass ich, sollte dieses Zögern anhalten, Perdita helfen würde, sich zu fassen, und sie lehren würde, seine wankelmütige Liebe zu verachten, die zwischen dem Besitz einer Krone und ihr schwankte, deren Vortrefflichkeit und Gefühl den Wert eines Königreiches um ein Vielfaches übertraf.

      Wir fanden sie in ihrer blumengeschmückten Laube; sie las den Zeitungsbericht über die Debatte im Parlament, der sie offenbar bis zur Hoffnungslosigkeit bedrückte. Dieses niedergeschlagene Gefühl spiegelte sich in ihren matten Augen und ihrer kraftlosen Haltung; eine Wolke überschattete ihre Schönheit, und häufige Seufzer waren Zeichen ihrer Bedrängnis. Dieser Anblick übte eine unmittelbare Wirkung auf Raymond aus; seine Augen strahlten voll Zärtlichkeit, und Reue machte sein Betragen zu einem ernsten und aufrichtigen. Er setzte sich neben sie und sagte, indem er das Papier von ihrer Hand nahm: »Kein Wort mehr soll meine süße Perdita von dieser Auseinandersetzung zwischen Wahnsinnigen und Dummköpfen lesen. Ich darf Ihnen nicht gestatten, das Ausmaß meiner Verblendung zu erfahren, damit Sie mich nicht verachten; obgleich, glauben Sie mir, der Wunsch, nicht besiegt, sondern als Eroberer vor Ihnen zu erscheinen, mich während meines Wortgefechts inspirierte.«

      Perdita sah ihn erstaunt an; ihr ausdrucksvolles Antlitz leuchtete für einen Augenblick voller Zärtlichkeit; ihn nur zu sehen war Glück. Aber ein bitterer Gedanke überschattete bald ihre Freude; sie wandte ihre Augen zu Boden und bemühte sich, die Tränen zurückzudrängen, die sie zu überwältigen drohten. Raymond fuhr fort: »Ich will nicht mit Ihnen spielen, liebes Mädchen, oder als etwas anderes erscheinen als ich bin, schwach und unwürdig, und eher dazu tauglich, Ihre Verachtung zu erregen als Ihre Liebe. Und doch lieben Sie mich, ich fühle und weiß, dass Sie es tun, und daraus ziehe ich meine teuersten Hoffnungen. Wenn Stolz Sie leiten würde oder auch Vernunft, könnten Sie mich wohl zurückweisen. Tun Sie es, wenn Ihr hohes Herz sich meiner Niedrigkeit nicht beugen will. Wenden Sie sich von mir ab, wenn Sie möchten – wenn Sie es können. Wenn nicht Ihre ganze Seele Sie dazu auffordert, mir zu vergeben – wenn nicht Ihr ganzes Herz seine Tür weit öffnet, um mich in sein Innerstes einzulassen, so vergessen Sie mich, sprechen Sie nie wieder mit mir. Ich bin, obschon ich gegen Sie sündigte, fast über die Vergebung hinaus sündigte, dennoch stolz, denn es darf keine Zurückhaltung in ihrer Vergebung geben – keinen Hinderungsgrund für das Geschenk Ihrer Zuneigung.«

      Perdita blickte verwirrt und doch erfreut zu Boden. Meine Anwesenheit hatte sie in Verlegenheit gebracht; so dass sie nicht wagte, sich umzuwenden, um dem Auge ihres Geliebten zu begegnen, oder ihrer Stimme zu vertrauen, um ihn ihrer Zuneigung zu versichern; während Röte ihre Wange überzog und ihre traurige Miene einer anderen wich, die von tief empfundener Freude zeugte. Raymond legte einen Arm um ihre Taille und fuhr fort: »Ich leugne nicht, dass ich zwischen Ihnen und der höchsten Hoffnung, die sterbliche Männer haben können, schwankte, aber dies tue ich nicht mehr. Nehmen Sie mich an – formen Sie mich nach Ihrem Willen, besitzen Sie mein Herz und meine Seele für alle Ewigkeit. Wenn Sie sich weigern, zu meinem Glück beizutragen, werde ich heute Abend England verlassen und es nie wieder betreten.«

      »Lionel,

Скачать книгу