Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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nicht, so hab’ ich hier etwas, das seine Wirkung thut,« versetzte David, mit einer Miene frommer Zuversicht nach seinem Buche greifend, »Hier stehen Worte, welche mit gehörigem Nachdruck und im richtigen Zeitmaße gesprochen oder vielmehr gedonnert, den unbändigsten Sinn zähmen müßen!«

      »Warum toben die Heiden so wüthend?«

      »Genug!« sprach Heyward, seine musikalische Standrede unterbrechend; »wir verstehen einander; es ist Zeit, daß jeder von uns seiner Pflicht nachgehe.«

      Gamut stimmte ein und sie suchten die beiden Schwestern auf. Cora empfing ihren neuen, etwas sonderbaren Beschützer wenigstens mit Artigkeit; und selbst Alicens blasse Gesichtszüge überschlich wieder ein Zug ihrer angebornen Schalkhaftigkeit, als sie Heyward für seine Fürsorge dankte. Duncan versicherte ihnen, er habe so viel gethan als die Umstände erlaubten, und, wie er glaube, genug für ihre Sicherheit, da keine wirkliche Gefahr vorhanden sei. Er sprach dann heiter von seinem Plane, einige Meilen vom Hudson wieder mit ihnen zusammenzutreffen, sobald er die Vorhut bis an den Fluß geführt, und nahm alsbald Abschied.

      Das Zeichen zum Abmarsch war indessen gegeben worden, und die englische Kolonne bereits in Bewegung. Die Schwestern erschracken bei dem Trommelschlag, und um sich blickend wurden sie die weißen Uniformen der französischen Grenadiere gewahr, welche die Thore des Forts bereits in Besitz genommen hatten. In diesem Augenblicke schien plötzlich eine ungeheure Wolke an ihren Häuptern vorüberzuziehen, und emporschauend erblickten sie über sich die weiten Falten der Standarte von Frankreich.

      »Laßt uns gehen!« sprach Cora; »dies ist kein schicklicher Aufenthalt mehr für die Kinder eines englischen Offiziers.«

      Alice hing sich an den Arm ihrer Schwester und zusammen verließen sie den Paradeplatz, umringt von der sich langsam fortbewegenden Menge. Als sie durch den Thorweg gingen, verbeugten sich die französischen Offiziere, welche ihren Rang erfahren hatten, oft und tief, enthielten sich aber weiterer Aufmerksamkeiten, die, wie ein feiner Takt ihnen sagte, nicht an der Stelle seyn konnten. Da alle Wagen und Lastthiere für Kranke und Verwundete in Anspruch genommen waren, so hatte Cora beschlossen, mit ihrer Schwester lieber die Beschwerden eines Fußmarsches zu theilen, als Jener Bequemlichkeit zu verkürzen. Wirklich mußte mancher verstümmelte und schwache Soldat, weil es in diesen Wildnissen an den nöthigen Beförderungsmitteln fehlte, seine erschöpften Glieder hinter den Kolonnen herschleppen. Alles war jedoch in Bewegung: die schwachen und Verwundeten stöhnend und leidend, ihre Kameraden still und verdrießlich, und die Weiber und Kinder von Schrecken ergriffen, ohne zu wissen warum.

      Als der verworrene, schüchterne Haufe die schützenden Wälle des Forts verließ und auf die offene Ebene gelangte, stellte sich mit einem Mal die ganze Scene vor Augen. In einiger Entfernung zur Rechten und etwas nach hinten stand das französische Heer unter den Waffen, da Montcalm alle seine Truppen zusammengezogen hatte, so bald seine Wachen Besitz von den Festungswerken genommen. Sie waren aufmerksame, aber schweigende Beobachter der Bewegungen der Besiegten, keine der stipulirten militärischen Ehren versäumend, und im Bewußtseyn ihres Sieges ohne allen Hohn oder Spott gegen ihre minder glücklichen Feinde. Kriegerische Schaaren der Engländer, im Ganzen beinahe dreitausend Mann stark, zogen langsam über die Ebene zu dem gemeinschaftlichen Centrum heran und näherten sich einander allmälich, der Richtung ihres Marsches zueilend, einem durch den hohen Wald gehauenen Wege, der die Straße nach dem Hudson bildete. Um den gedehnten Saum der Wälder hing eine finstere Wolke von Wilden, welche den Marsch ihrer Feinde beobachteten und Geiern ähnlich in einiger Entfernung lauerten, während sie nur die Gegenwart und der Zwang eines überlegenen Heers abhielt, über ihre Beute herzustürzen. Einige hatten sich sogar unter die Kolonnen der Besiegten gemischt, wo sie in finsterem Unmuth, als aufmerksame, für jetzt noch unthätige Beobachter der sich bewegenden Menge mitwanderten. Der Vortrab, von Heyward angeführt, hatte bereits das Defilé erreicht und verschwand allmälig, als Cora’s Aufmerksamkeit sich durch ein lautes Gezänk auf einen Trupp von Nachzüglern richtete. Ein Soldat von den Provinzialen büßte seinen Ungehorsam, indem er eben der Effekten beraubt wurde, die ihn vermocht hatten, seinen Platz in den Reihen zu verlassen. Der Mann war von starkem Körperbau und zu eigennützig, um sich seine Habe ohne Widerstand entreißen zu lassen. Von beiden Seiten mischte man sich in den Streit, die Einen, den Raub zu verhindern, die Andern, um ihn zu unterstützen. Die Stimmen wurden immer lauter und ungestümer, und Hunderte von Wilden erschienen wie mit einem Zauberschlag, wo man vor einem Augenblick kaum ein Duzend zählen konnte. Jetzt erblickte Cora die Gestalt Magua’s, unter seinen Landsleuten umherschleichend, mit seiner arglistigen und verderblichen Beredsamkeit zu ihnen redend. Die Masse der Weiber und Kinder blieb stehen und drängte sich gleich einer verscheuchten, hin-und herflatternden Taubenschaar an einander. Doch die Raubsucht des Indianers war bald befriedigt und der Zug ging wieder langsam vorwärts.

      Die Wilden zogen sich jetzt zurück, und schienen ihre Feinde ohne fernere Störung weiter ziehen lassen zu wollen. Als aber der Weiberhaufen herannahte, zog die bunte Farbe eines Shawls die Augen eines wilden und unbewachten Huronen auf sich. Er kam herbei, um sich desselben ohne Weiteres zu bemächtigen. Die Frau hüllte, mehr aus Schrecken, denn aus Liebe zu dem Kleidungsstück, ihr Kind in den gefährdeten Schmuck und drückte beide fester an ihre Brust. Cora wollte eben sprechen und dem Weibe rathen, die Kleinigkeit dem Wilden zu überlassen, als dieser den Shawl fahren ließ und das schreiende Kind aus ihren Armen riß. Alles den gierigen Griffen der Wilden um sie her überlassend, stürzte die Mutter verzweiflungsvoll auf ihn, um ihr Kind zurückzufordern. Der Indianer lächelte grimmig und reckte eine Hand aus, seine Bereitwilligkeit zu einem Tausche anzudeuten, während er mit der andern das Kind an den Füßen um den Kopf schwang, als wollte er dadurch das Lösegeld steigern. »Hier – hier – da – Alles – Alles!« rief die unglückliche Mutter mit zitternden, ungeschickten Fingern die leichtern Kleidungsstücke sich vom Leibe reißend, »nimm Alles, nur gib mir mein Kind wieder!«

      Der Wilde verschmähte die werthlosen Lappen und sobald er gewahrte, daß der Shawl bereits die Beute eines Andern geworden war, ging sein spöttisches, aber tückisches Lächeln in einen Ausdruck der Wuth über; er zerschmetterte dem Kinde den Kopf an einem Felsen und warf die noch zuckenden Glieder der Mutter vor die Füße. Einen Augenblick stand die Arme regungslos, ein Bild der Verzweiflung da und blickte wild auf das entstellte Wesen, das sich erst noch an ihren Busen geschmiegt und ihr zugelächelt hatte; dann erhob sie Augen und Gesicht gen Himmel, als flehte sie Gott an, den ruchlosen Verbrecher zu verderben. Die Sünde eines solchen Gebetes blieb ihr erspart; wüthend über die getäuschte Hoffnung, und durch den Anblick des Blutes aufgeregt, spaltete ihr der Hurone mit seinem Tomahawk den Schädel. Die Mutter sank unter dem Streich und stürzte zu Boden, nach ihrem Kinde mit derselben überwältigenden Liebe greifend, mit der sie es im Leben umfaßt hatte.

      In diesem gefahrvollen Augenblick brachte Magua beide Hände an den Mund und ließ das verhängnißvolle, furchtbare Kriegsgeschrei ertönen. Die zerstreuten Indianer fuhren bei dem wohlbekannten Rufe auf, wie Rosse, ungeduldig, die Schranken des Ziels zu durchbrechen, und plötzlich erscholl durch die Ebene und die Baumgewölbe des Waldes ein so schreckliches Geheul, wie es selten aus Menschenlippen vernommen ward. Denen, welche es hörten, gerann das Herzblut in einem Entsetzen, wohl nicht viel geringer, als wenn die Posaune des jüngsten Tags ertönt hätte.

      Mehr als zweitausend Wilde brachen auf dieses Signal wüthend aus dem Walde und zogen mit instinktmäßiger Eile auf die verhängnißvolle Ebene. Wir verweilen nicht bei den empörenden Gräuelscenen, die jetzt erfolgten. Ueberall war der Tod, und zwar in seinen schrecklichsten, abscheulichsten Gestalten. Widerstand diente nur dazu, die Wuth der Mörder noch mehr zu entflammen. Sie führten noch ihre wüthenden Streiche, wenn ihre Opfer sie schon lange nicht mehr fühlen konnten. Die Ströme von Blut glichen den Wogen eines Gießbachs, und sein Anblick machte die Eingebornen so hitzig und wüthend, daß manche unter ihnen niederknieten, um unter höllischem Jauchzen die dunkelrothe Fluth auszutrinken.

      Die regelmäßigen Truppen warfen sich schnell in gedrängte Massen zusammen, um den Angreifern

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