Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 186
»Dieß! mein Sohn ist hier schwer mißhandelt worden. Wer hat es gethan?«
»Magua schlief hart in den englischen Wigwams, und Streiche haben ihre Spur zurückgelassen,« antwortete der Wilde mit dumpfem Gelächter, das gleichwohl seinen wilden Trotz nicht zu verbergen vermochte, der ihn beinahe überwältigte. Bald aber faßte er sich und fuhr mit seiner angebornen und schnell wieder gewonnenen Würde fort: »Geh’, sag’ Deinen jungen Kriegern, es ist Friede, Le Renard Subtil weiß, wie er mit dem Huronenkrieger sprechen muß.«
Ohne weitere Worte für der Mühe werth zu halten oder eine Antwort zu erwarten, nahm der Wilde seine Büchse in den Arm und schritt langsam durch das Lager auf die Wälder zu, wo sein Stamm sich gelagert hatte. Jede paar Schritte wurde er von den Schildwachen unterbrochen, ging aber trotzig weiter, ohne den Ruf der Soldaten zu beachten, die sein Leben nur schonten, weil sie das Aussehen und den Tritt nicht weniger als die Tollkühnheit des Indianers kannten. Montcalm verweilte noch lange und trübsinnig an dem Ufer, wo ihn der Wilde verlassen hatte, und verfiel in tiefes Nachsinnen über die Stimmung, die sein unbändiger Verbündeter an den Tag gelegt hatte. Bereits war sein Ruf einmal durch eine Gräuelscene befleckt worden, und unter Umständen, die mit den jetzigen eine furchtbare Aehnlichkeit hatten. Je weiter er nachsann, desto lebhafter drang sich ihm das Gefühl auf, welche Verantwortlichkeit derjenige auf sich lade, welcher die Mittel, die ihm für seinen Zweck zu Gebote stehen, nicht gehörig bedenke, und eben so wenig die Gefahr, Kräfte in Thätigkeit zu setzen, deren Leitung über den Bereich menschlichen Vermögens geht. Er entschlug sich aber dieser Gedanken, die er im Augenblick des Sieges für Schwäche hielt, kehrte in sein Zelt zurück und gab im Vorbeigehen Befehl, das Heer aus seinem Schlummer zu erwecken.
Der erste Schlag der französischen Trommeln fand ein Echo im Innern der Festung, und augenblicklich füllte sich das Thal mit den anhaltenden und durchdringenden Klängen einer Kriegsmusik, die ihre lärmende Begleitung noch übertönte. Die Hörner der Sieger bliesen heitere und fröhliche Weisen, bis der letzte Mann im Lager unter den Waffen war; sobald aber die brittischen Pfeifen im Fort ihr schrilles Signal gaben, verstummten sie wieder. Unterdessen war der Tag angebrochen, und als das französische Heer zum Empfange seines Generals in Reihe und Glied bereit stand, erblitzten die Waffen der Krieger von den Strahlen einer glänzenden Sonne. Der gewonnene Vortheil, schon so wohl bekannt, wurde nun öffentlich verkündigt, und die begünstigte Schaar, welcher die Auszeichnung zu Theil wurde, die Thore des Forts zu besehen, zog vor ihrem Chef vorüber: das Zeichen zum Aufbruch ward gegeben, und alle üblichen Vorbereitungen eines Wechsels der Herrschaft wurden unter den Kanonen der bestrittenen Festungswerke getroffen und sogleich ausgeführt.
Einen ganz verschiedenen Anblick gewährten die Reihen des englisch-amerikanischen Heers. Sobald das Abzugssignal gegeben war, gewahrte man alle Zeichen eines übereilten, gezwungenen Abmarsches. Finstern Blickes warfen die Soldaten ihre ungeladenen Feuerrohre auf die Schulter, und als sie in ihre Reihen traten, sah man wohl, daß ihr Blut durch den so lange geleisteten Widerstand erhitzt war, und sie blos nach einer Gelegenheit verlangten, einen Schimpf zu rächen, der ihren Stolz immer noch verletzte, so sehr er auch unter den gewöhnlichen Formen militärischer Etiquette verdeckt worden war. Weiber und Kinder liefen hin und her, theils die spärlichen Reste des Gepäckes tragend, theils in den Reihen der Soldaten die Gesichter derjenigen suchend, von denen sie Schutz und Schirm erwarteten.
Munro erschien festen Antlitzes, aber niedergeschlagen, in der Mitte seiner schweigenden Truppen. Offenbar hatte dieser unerwartete Schlag sein Herz hart getroffen, obgleich er sich anstrengte, sein Unglück als Mann zu tragen.
Duncan war tief bewegt von dem ruhigen und doch so eindringlichen Gram, der aus seiner Miene sprach. Er hatte seine eigene Pflicht erfüllt und eilte jetzt an die Seite des alten Mannes, um ihm seine Dienste anzubieten.
»Meine Töchter!« war der kurze, aber bedeutungsvolle Bescheid.
»Gott des Himmels! Sind noch keine Vorkehrungen für sie getroffen?«
»Heute bin ich blos Soldat, Major Heyward!« sprach der Veteran, »Alle, die Sie hier sehen, wollen ebenso meine Kinder seyn!«
Duncan hatte genug gehört. Ohne einen Augenblick der jetzt so kostbaren Zeit zu verlieren, eilte er nach der Wohnung des Kommandanten, um die Schwestern aufzusuchen. Er fand sie auf der Schwelle des niedern Gebäudes zur Abreise bereit und umgeben von einem Haufen weinender und jammernder Weiber, welche sich gleichsam instinktmäßig hier versammelt hatten, wo sie am ehesten Schutz erwarten durften. Cora hatte nichts von ihrer Festigkeit verloren, obgleich ihre Wange blaß und ihre Miene unruhig war. Alicens Augen aber waren entzündet und verriethen, daß sie lange und bitterlich geweint hatte. Beide empfingen den jungen Mann mit unverhohlener Freude, die Erstere gegen ihre Gewohnheit das Gespräch beginnend.
»Das Fort ist verloren,« sprach sie mit melancholischem Lächeln, »aber unser guter Name ist, darauf traue ich, unverloren!«
»Er steht glänzender da, als je! Aber theuerste Miß Munro, es ist Zeit, weniger an Andere zu denken, und für sich selbst zu sorgen. Militärische Sitte – Stolz – der Stolz, den Sie selbst so hoch schätzen, verlangt, daß Ihr Vater und ich, eine kleine Weile an der Spitze der Truppen ziehen. Aber wo einen geeigneten Beschützer für Sie gegen die Verwirrung und die Wechselfälle eines solchen Abmarsches finden?«
»Es ist keiner nöthig,« versetzte Cora, »wer wird es wagen, die Töchter eines solchen Vaters zu einer Zeit, wie diese, zu beleidigen oder zu beschimpfen?«
»Ich möchte Sie nicht für das Kommando des besten Regiments in königlichem Solde allein lassen,« entgegnete der Jüngling, flüchtig um sich blickend. »Bedenken Sie, unsere Alice besitzt nicht Ihre Seelenstärke, und Gott weiß, welche Schrecken sie könnte auszustehen haben!«
»Sie mögen Recht haben,« sagte Cora, wieder lächelnd, aber viel ernster, als zuvor. »Hören Sie, der Zufall hat uns bereits einen Freund gesandt, da wir ihn am nöthigsten haben.«
Duncan horchte und verstand sogleich, was sie meinte. Die langsamen, ernsten Töne des heiligen Gesangs, so wohl bekannt in den östlichen Provinzen, trafen sein Ohr und führten ihn in das Zimmer eines nahen Gebäudes, das bereits von seinen bisherigen Bewohnern verlassen war. Hier fand er David, der seine frommen Gefühle in der einzigen ihm eignen Weise aussprach. Duncan wartete, bis er aus dem Aufhören seiner Handbewegung schließen durfte, daß der Gesang zu Ende sey, klopfte ihm dann auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit rege zu machen, und sprach ihm in wenigen Worten seine Wünsche aus.
»Recht gerne,« sprach der schlichte Jünger des Königs von Israel, als der junge Mann ausgeredet hatte, »ich habe viel Anmuth und viel melodische Anlagen bei diesen Mädchen gefunden, und es will sich ziemen, daß wir, die wir so viele Gefahren getheilt haben, auch ferner in Frieden zusammenreisen. Ich will sie begleiten, wenn ich mein Morgenlied beendigt habe, wozu blos noch die Lobpreisung fehlt. Wollen Sie mit anstehen, Freund? Das Sylbenmaß ist bekannt und die Weise »Southwell«.«
Dann schlug David sein Büchlein auf, gab mit wohlüberlegter Achtsamkeit den Ton an, begann und endigte seinen Gesang mit jener Bestimmtheit, die nicht leicht eine Unterbrechung sich gefallen ließ. Heyward konnte kaum erwarten, bis die Verse zu Ende waren, und fuhr, sobald er sah, daß David seine Brille in das Futteral und das Buch in die Tasche steckte, fort:
»Eure Pflicht wird seyn, dafür zu sorgen, daß Niemand den Ladies in einer rohen Absicht sich nahe, oder das Unglück ihres tapfern Vaters schmähe oder verhöhne. Die Diener ihres Haushalts werden euch hierin behülflich seyn.«
»Ganz gut.«
»Es ist möglich, daß euch Indianer oder Streifzüge der Feinde etwas anhaben