Nebelrache. Nancy Farmer

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Nebelrache - Nancy  Farmer

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musst Geduld haben, mein Kind. Kein Töten mehr. Lieg still unter den ziehenden Wolken, bis ich dich rufe. Ich schwöre vor dem Rat der neun Welten, dass ich dich sicher in die ewige Ruhe geleiten werde.“

      Durch den Haselwald hallte ein Seufzer, der sich anhörte wie eine Welle, die sanft vom Strand zurückströmt. Die Dunkelheit wurde immer dünner, bis nur noch ein gewöhnliches Gewirr aus Büschen und Gestrüpp zurückblieb. In einem nahen Bach quakte ein Frosch. Der Barde senkte die Arme und stöhnte ein wenig vor Anstrengung. „Was würde ich jetzt für einen Becher heißen Most geben“, murmelte er und stützte sich schwer auf seinen Stab.

      „Das war wundervoll!“, rief Jack und stürzte auf ihn zu, um ihm zu helfen.

      „Das war es, nicht wahr? Ich kann es immer noch – und dafür danke ich allen Göttern und Göttinnen, die gerade zuhören“, sagte der Barde. „Ich kann allein laufen, Junge. Trag du die Glocke, aber lass sie um Himmels willen nicht mehr läuten. Ihr könnt herauskommen, meine Freunde“, rief er in die Dunkelheit.

      In einiger Entfernung sah Jack zwei plumpe Wesen aus dem Boden auftauchen.

      Die Hobgoblins

      „Verwesende Pilze!“, brüllte eines der Wesen. „Mit was für Leuten habt Ihr Umgang, Drachenzunge? Ich dachte schon, der Große Wurm und seine neun Würmchen wären gekommen, um mich zu fressen!“ Eine Kreatur mit großen, im Mondlicht schimmernden Augen und einem breiten lippenlosen Mund sprang auf sie zu.

      „Nemesis?“, staunte Jack, der seinen Augen kaum traute.

      „Wer denn wohl sonst?“, fauchte der Hobgoblin. „Ganz sicher nicht dieser königliche Dummkopf hier. ‚Lass uns Jacks Dorf besuchen‘“, zitierte er. „‚Lass uns sehen, ob die entzückende Pega ihre Meinung geändert hat und mich nun doch heiraten will.‘ Schwachkopf! Was soll ein hübsches Mädchen wie sie wohl mit einem tumben Kerl wie ihm anfangen?“

      Jack musste sich das Lachen verkneifen. Während Nemesis eine Beleidigung nach der anderen ausstieß, tauchte der Bugaboo auf, schlammverschmiert und tropfnass. „In einem Sturm tut es jeder Hafen, stimmt’s?“, sagte der Hobgoblinkönig fröhlich. „Als ich dieses Heulen gehört habe, bin ich im nächsten Loch in Deckung gegangen. Pech, dass es ausgerechnet ein Schlammloch war!“

      „Ihr könnt auf dem Heimweg in einem Bach baden“, sagte der Barde.

      „Ich bin entzückt, Euch wiederzusehen“, versicherte der Bugaboo dem alten Mann. „Und dich natürlich auch, Jack. Was für eine Freude! Sag, ist Pega noch immer so hinreißend schön? Vermisst sie mich?“

      Jack wusste nicht, was er sagen sollte. Pega dankte Gott jeden Tag auf den Knien, dass sie den Hobgoblinkönig nicht geheiratet hatte und nicht mit ihm in seine muffige Höhle voller Pilze gezogen war.

      „Ich bin sicher, dass sie sofort in Ohnmacht fällt, wenn sie dich sieht“, stichelte Nemesis.

      „Es ist vielleicht ratsam, die Zahl der Menschen, die Euch sehen sollen, zu beschränken“, schlug der Barde vor. „Die Leute hier könnten Euch mit Dämonen verwechseln, und wir wollen ja nicht, dass sie Euch mit Steinen und Forken auf den Pelz rücken.“

      „So werden wir doch immer willkommen geheißen“, seufzte der Bugaboo. „Was war das für ein grauenhafter Schrei, den wir im Wald gehört haben?“

      „Diese Geschichte erzählt sich besser bei Tageslicht.“ Der alte Mann beugte sich tief über seinen Stab, und Jack erkannte, dass sein Meister vollkommen erschöpft war.

      „Wir sollten jetzt heimgehen“, sagte Jack. „Ich bin sicher, dass wir bei uns ein Plätzchen für zwei alte Freunde finden.“

      „Eigentlich sind wir nicht nur zu zweit“, sagte der Bugaboo. „Du kannst jetzt rauskommen, Blewit. Es droht keine Gefahr mehr.“

      Ein knochiger Hobgoblin kam hinter einem Busch hervor, auf dem Arm ein zappelndes Bündel. Jack war verblüfft, das lange, missmutige Gesicht von Mr Blewit zu sehen. Das Bündel befreite sich und plumpste zu Boden.

      Es war Hazel, Jacks lange verlorene Schwester.

      Das kleine Mädchen hüpfte über das Gras wie ein kleiner Sprogling, ein junger Hobgoblin. „Oh, juchhuu! Schlamm-Menschen! Meine Lieblingsspielzeuge“, jubelte das Kind.

      Jack nahm sie in die Arme und wollte sie herumschwenken, aber sie war etwa doppelt so schwer, wie er erwartet hatte. Er setzte sie wieder ab.

      „Ich bin mitgekommen, um sicherzugehen, dass ihr mir nicht mein Baby stehlt“, knurrte Mr Blewit. „Dies ist ein Besuch, vergiss das nicht. Gewöhn dich nicht zu sehr an sie.“

      An sie gewöhnen? Jack war nicht sicher, dass er das jemals tun würde. Natürlich liebte er sie. Sie war seine Schwester. Aber sie war als Baby von den Hobgoblins geraubt worden. Als er sie schließlich im Land der silbernen Äpfel fand, hatte Hazel nicht einmal gewusst, dass sie ein Mensch war. Sie machte die froschigen Ausdrucksweisen der Hobgoblins nach und zwinkerte mit einem Auge nach dem anderen, wie sie es taten. Sie versuchte, Motten mit der Zunge aus der Luft zu schnappen. Sie gliepte sogar, ein hässliches ploppendes Geräusch, das Freude ausdrückte.

      „Hör auf zu jammern, Blewit“, befahl Nemesis. „Wir schlagen noch Wurzeln, bis du endlich fertig bist. Ich werde Drachenzunge tragen.“ Der Hobgoblin hob den Barden so mühelos hoch, wie ein Mann ein Kätzchen hochnimmt. Jack war erleichtert, dass der missgelaunte Nemesis die Erschöpfung des alten Mannes bemerkt hatte. Getragen zu werden wie ein Baby, war vielleicht nicht die würdevollste Art zu reisen, aber der Barde beklagte sich nicht. Jack ging voraus, und die Gruppe steuerte das alte römische Haus an.

      „Ich erinnere mich an diesen Ort“, sagte der Bugaboo, als sie oben auf der Klippe ankamen. „Das Haus hat sich gut gehalten, aber der Mann, der es gebaut hat, war auch ein guter Architekt.“

      „Ihr wisst, wer es gebaut hat?“, fragte Jack, dem wieder eingefallen war, dass die Hobgoblins seit dem letzten Mal kaum gealtert waren. Der Bugaboo konnte also schon sehr alt sein.

      „Ich habe gesehen, wer es gebaut hat“, antwortete der König. „Es war ein Dichter, den man vom Hofe verjagt hatte, weil er unhöfliche Gedichte über seinen Kaiser verfasst hat. Er hat die Wände bemalt wie einen römischen Garten, um seine Frau aufzuheitern. Dort drüben war früher einmal ein Badehaus, bis dieser Teil der Klippe abbrach und ins Meer stürzte.“

      „Er hatte ein paar Gören, die Steine nach mir geworfen haben, als ich sie einmal im Wald überraschte“, berichtete Nemesis und grinste boshaft.

      Jack spürte einen Schauder, so ähnlich wie beim Erscheinen des Draugr, nur nicht so schlimm oder unheimlich. Diesmal war es eher so etwas wie ein flüchtiges Bedauern, eine vage Erinnerung an ein geliebtes Heim, das in der Zeit verlorengegangen war.

      Nemesis setzte den Barden ab und stützte ihn, bis er wieder sicheren Stand hatte. „Danke, alter Freund“, sagte der Barde. „Die Zauberei strengt mich heutzutage mehr an als früher.“

      „Blödsinn“, widersprach der Hobgoblin resolut. „Ungeheuer zu bekämpfen, ist immer anstrengend, egal wie alt man ist.“ Jack war erstaunt, wie respektvoll Nemesis war.

      Hazel flitzte an ihm vorbei. „Dad! Da ist die hässliche Schlamm-Frau!“, rief sie. „Wo ist die hübsche?“

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