Nebelrache. Nancy Farmer

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Nebelrache - Nancy  Farmer

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‚Schöner Tag zum Schwimmen‘, bemerkte Pater Severus.

      Du bist nicht geflohen, sagte die Meerjungfrau.

      ‚Wozu auch? Du hättest mich doch gefangen.‘

      Ich würde es vorziehen, wenn du freiwillig kämst, sagte sie. Es ist eine armselige Ehe, die mit Zwang beginnt. Sie streckte die Arme aus, um ihn zu umarmen.

      ‚Vorher muss ich noch etwas erledigen‘, sagte Pater Severus lächelnd. Er stürmte an ihr vorbei, schnappte den Schuppenschwanz und warf ihn mitten ins Feuer.

      Die Meerjungfrau schrie wie am Spieß. Sie ließ eine Welle heranrollen, um das Feuer zu löschen, aber es war zu spät. Ihr Fischschwanz war zu Asche verbrannt. Du hast mich auf ewig vom Meer getrennt, heulte sie. Du grausamer, grausamer Mensch! Wie kannst du mir das antun nach allem, was ich für dich getan habe? Ich werde die weite Strecke bis in meine Heimat nie mehr schwimmen können.

      ‚Dann musst du wohl hier bei mir bleiben‘, sagte Pater Severus.

      Er brachte ihr bei, Saatbeete zu graben, und ließ sie Wasser von einem Bach herbeitragen, der vom Berg herunterfloss. Sie baute einen Wall, damit der Nordwind nicht länger die magere Erde davonwehte. Sie lockte Lachse mit Gesang in ihre Hände. Allerdings musste Pater Severus ihr das Kochen beibringen, weil ihresgleichen den Fisch lieber roh verzehrte. Nachts schlief sie nackt am Strand. Nach einigen Monaten wurden ihre Hände rau, ihr Haar verfilzt und schmutzig. Pater Severus war es egal. Bei einem Ochsen war Schönheit unwichtig.“

      „Bei Thor, was für eine feine Geschichte“, unterbrach Thorgil. „Er hat die Meerjungfrau ausgetrickst und einen Thrall aus ihr gemacht.“

      „Sie sollte dir leidtun“, sagte Bruder Aiden.

      „Wieso? Sie hat mit Steinen nach ihm geworfen.“

      „Thorgil hat recht“, sagte der Barde. „Dass Severus sie für sich arbeiten ließ, was sie meiner Meinung nach verdient hat, kann man ihm nicht vorwerfen, wohl aber, dass er geglaubt hat, sie hätte keine Seele. Er hat sie behandelt wie einen Stuhl oder einen Becher, den man wegwerfen kann, wenn er kaputt ist. Aber sprecht weiter, Aiden.“

      „Pater Severus war zufrieden mit seinem Leben“, fuhr der Mönch fort. „Er konnte beten und meditieren, wann immer er wollte. Die Meerjungfrau belästigte ihn nicht mehr mit Reden. Sie sagte gar nichts mehr. Der Garten gedieh, und er konnte Vorräte für den Winter einlagern. Wenn ihm nach Fleisch gelüstete, schickte er sie zum Fischen. Es gab immer genügend Treibholz für sein Feuer.

      Die Meerjungfrau hasste das Feuer. Sie rollte sich sommers wie winters in der kleinen Höhle zusammen, ohne einen Fetzen Kleidung am Leib. Pater Severus nahm an, dass sie ähnlich einer Robbe die Kälte nicht spürte, also dachte er nicht länger darüber nach. Er nahm auch nicht wahr, wie sie sich allmählich veränderte.

      Eines Tages entdeckte er in der Ferne ein Schiff, das auf Grims Insel zuhielt. Es war der Abt der Heiligen Insel, der gekommen war, um nach ihm zu sehen. ‚Es freut mich, Euch wohlauf zu sehen‘, sagte der Abt, als er an Land kam. ‚Guter Gott! Was ist das?‘ Die Meerjungfrau schlurfte mit Armladungen voll Treibholz hin und her.

      ‚Nur ein Wesen aus dem Meer, das ich zur Arbeit abgerichtet habe‘, sagte Pater Severus.

      ‚Aber es ist weiblich! Und es ist nackt!‘

      ‚Es ist nicht menschlich‘, verteidigte sich Pater Severus gelassen. ‚Viele Mönche halten sich eine Kuh, und niemand sagt etwas dagegen.‘

      ‚Es hat die Form eines Menschen‘, sagte der Abt und kniff die Augen ein wenig zusammen, um sie besser sehen zu können. ‚Bei der heiligen Brigida, das ist die hässlichste Frau, die ich je gesehen habe.‘

      Da sah sie auch Pater Severus zum ersten Mal genauer an. Die Meerjungfrau hatte sich so allmählich verändert, dass es ihm nicht aufgefallen war. Sie war viel größer geworden, und die Nägel ihrer Hände und Füße hatten sich zu Klauen geformt. Ihre Haut war rau, die Zähne gelb, das Haar fiel ihr aus und das, was sie noch hatte, war so zerzaust wie ein Rattennest. Ihre Bewegungen, die an Land noch nie elegant ausgesehen hatten, waren jetzt die eines plumpen Tieres. ‚Als ich sie bekam, sah sie besser aus‘, musste Pater Severus zugeben.“

      „Das ist so beim Meervolk“, unterbrach der Barde. „Solange die Frauen noch unreif sind, blenden sie mit ihrer Schönheit. Heiraten sie einen Menschen, bleibt ihnen diese Schönheit ein Leben lang erhalten. Aber wenn sie einen ihrer eigenen Art auswählen oder von einem Menschen abgewiesen werden, verwandeln sie sich in die erwachsene Form: die Meervettel.“

      „Eine Meervettel“, wiederholte Jack fasziniert. Aus dieser Geschichte konnte er ein großartiges Gedicht machen, mindestens so gut wie Beowulf oder die Geschichte von Olaf Einbraue, wie er Ivar den Knochenlosen vor den Trollen gerettet hatte. Auch Thorgils Augen funkelten angespannt.

      „Leider“, sagte Bruder Aiden, „fand der Abt, dass Pater Severus lange genug auf einer einsamen Insel meditiert und gebetet hatte. Er warf ihm vor, sich vor seinen Pflichten im Kloster zu drücken, und befahl ihm, sofort zurückzukehren. Und so packten sie die Heitere Wehklage und Kolumbans Robe ein und stachen in See.

      Die Meerjungfrau – jetzt eine Meervettel – sprang ins Wasser und versuchte, ihnen zu folgen. Die Ruderer gaben, was sie konnten. Allmählich fiel die Vettel zurück, und das Letzte, was sie von ihr sahen, war ihr schmutziger Haarschopf, der von den Wellen wie treibender Tang angehoben wurde.“

      Es herrschte betretenes Schweigen. Der Barde legte Holz ins Feuer, und Thorgil streichelte tief in Gedanken versunken Seefahrers Gefieder. Bruder Aiden ließ den Kopf hängen. Schließlich sagte Jack: „Das ist ja schrecklich. Sie haben sie dem sicheren Tod überlassen.“

      „Ich war nie sicher, ob sie es geschafft hat, zu Grims Insel zurückzuschwimmen“, sagte der Barde. „Aber jetzt sieht es aus, als wäre sie ertrunken und ein Draugr geworden.“

      „Ein untoter Geist“, sagte Thorgil.

      „Und sie ist hier“, fügte Bruder Aiden hinzu.

      Rachsucht

      Wie der Barde vorausgesagt hatte, fanden John der Böttcher und sein Suchtrupp nichts. Der Draugr war verschwunden wie Morgennebel. „Sie ist aber immer noch da draußen“, sagte der alte Mann, als er und Jack Elixiere für den Verkauf in Bebbas Town mischten. „Ich habe alle angewiesen, die Häuser und Viehpferche mit Stechpalmenzweigen zu umgeben. Sie geht nicht gern über Dornen. Wenn eine Meervettel ihren Schwanz verloren hat, sind die Füße ihr wunder Punkt.“

      Jack reihte die Gefäße auf, deren Farben anzeigten, welche Pillen sie enthielten: Rot für Fieber, Grün für Kopfschmerzen, Blau für Magenprobleme und Schwarz für Beelzebubs Wunderwaffe gegen Fliegen.

      „Draugr können zum Vierfachen ihrer Normalgröße anwachsen“, sagte der Barde. „Einer ist mal auf das Dach von König Ivars Halle gestiegen, als ich noch dort lebte, und hat den Bau fast zum Einsturz gebracht. Er hat mit den Fersen aufs Dach gehämmert. So etwas passiert im Nordland oft nach Beerdigungen – sie nennen es dort Hausreiten.“

      „Hausreiten“, echote Jack und maß sorgfältig getrockneten Wermut für ein Elixier ab.

      „In diesem Fall war es Ragnar Feuchtbart – er bekam diesen Namen wegen all des Biers, das er verschüttet hat. Eines Nachts fiel er in ein Bierfass und ertrank. Gib noch

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