Nebelrache. Nancy Farmer

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Nebelrache - Nancy  Farmer

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Bruder Aiden. „Grims Insel war wie geschaffen für Helden wie ihn. Es ist das unwirtlichste Stück Fels, das man sich vorstellen kann, und sogar Pater Severus war entsetzt von der Kargheit dieser Insel. Er landete dort in einem winzigen Boot mit nichts außer einem Sack Saatgut und ein paar Werkzeugen. Er musste sich die Steine für den Bau einer Hütte auf der ganzen Insel zusammensuchen. Die einzigen Bäume wuchsen in der Mitte der Insel auf einem Berg, der zu hoch und steil war, um ihn zu besteigen.

      Nachts rollte sich Pater Severus in einer Höhle aus Sandstein zusammen, die kaum groß genug war für eine Fuchsfamilie. Am Tag arbeitete er unablässig und schuf Saatbeete. Er lebte von Seetang und Schnecken und trank das Regenwasser, das sich in den Felsen sammelte.

      Der Winter kam früh. Es waren keine Schnecken mehr da, und seine Ernte war erfroren. Die Hütte war noch nicht fertig, also zog Pater Severus in die Höhle. Er rechnete nicht damit, am Leben zu bleiben. Jeden anderen hätte diese Aussicht bedrückt, aber er sah es nur als Chance, früher in den Himmel zu kommen.“

      „Ich erinnere mich“, sagte Jack. „Er sagte immer, je länger man lebt, desto mehr Gelegenheit hat man zu sündigen.“

      „Ich werde diese Christen nie verstehen“, murmelte der Barde kopfschüttelnd.

      „Es gab eine Pflicht, die Pater Severus nie vernachlässigte, auch wenn es ihm noch so schlecht ging“, berichtete Bruder Aiden. „Er sprach immer seine Gebete – siebenmal an jedem Tag, auch wenn die Uhrzeit in der immerwährenden Dunkelheit schwer zu bestimmen war. Zwischen den Gebeten bearbeitete er den Sandstein der Höhle, um sie zu vergrößern. Eines Tages rutschte sein Messer in einen Spalt, und als er es wieder befreite, fiel ein Steinbrocken aus der Wand. Dahinter war eine kleine Kammer.

      Pater Severus konnte etwas darin fühlen, das in mehrere Schichten Wolle gewickelt war. Er zog es heraus und trug es an den Strand. Es war eine der seltenen Nächte, in denen die Sterne nicht von Wolken verdeckt waren und in der der Vollmond schien. Die Wolle war von feinster Qualität, weiß im Mondlicht und mit Goldfäden durchwirkt. Pater Severus wickelte sie ab und fand –“

      „Die Heitere Wehklage“, sagte Jack.

      „Ganz recht. Sie war in einen Umhang gewickelt, der viel zu edel war, um der eines Mönchs zu sein.“

      „Es war die Robe von Kolumban, als er noch meinem Orden vorstand“, sagte der Barde. „Er ließ seine Magie an einem Ort zurück, von dem er dachte, dass sie dort keinen Schaden anrichten würde. Er konnte ja nicht ahnen, dass ein hergelaufener Dummkopf sein Vermächtnis finden würde.“

      „Ich würde es eher ehrliche Unwissenheit nennen“, protestierte Bruder Aiden mild, „und etwas in der Art kann jedem von uns passieren. Aber um weiterzuerzählen – Pater Severus läutete die Glocke. Ihr Klang trug hinaus aufs Meer und sofort wurde seine Oberfläche glatt wie Glas. Der Wind legte sich, und eine Wärme wie im Sommer breitete sich am Strand aus. Diesen Ton zu hören, war schöner als ein Festessen, hat mir Pater Severus später berichtet. Hunger, Kälte und Angst waren wie weggeblasen. Trotz seiner Schwäche betete er lange Zeit voller Freude, und in dieser Nacht schlief er wie ein Baby. Als er erwachte, lag vor dem Eingang seiner Höhle ein fetter Lachs neben einem Haufen Treibholz.“

      „Das war seine erste Begegnung mit einer Meerjungfrau“, fügte der Barde hinzu.

      Jack war sofort hellwach. Er hatte schon Gerüchte über Pater Severus und eine Meerjungfrau gehört, aber niemand hatte ihm Genaueres sagen wollen. Pega war überzeugt, dass die beiden eine Liebesbeziehung gehabt hatten. Sie glaubte, dass es an irgendeinem Strand eine kleine Familie aus Halbmönchen gab.

      „Diesen aberwitzigen Gedanken kannst du dir sofort wieder aus dem Kopf schlagen“, sagte der Barde, der Jacks Gesichtsausdruck richtig gedeutet hatte. „Die Wahrheit ist wesentlich weniger aufregend.“

      „Mehrere Wochen lang fand Pater Severus beim Aufwachen Nahrung und Feuerholz am Eingang seiner Höhle“, berichtete Bruder Aiden. „Seine Kraft kehrte zurück, und allmählich kam auch das Sonnenlicht wieder. Er ging hinaus, um an seiner Hütte zu arbeiten, und stellte zu seiner großen Verblüffung fest, dass sie bereits fertig war. Sie hatte nicht die Form eines Bienenkorbs – es war eher eine Art Spirale wie das Haus einer Seeschnecke –, aber sie war groß genug, um darin leben zu können.

      Pater Severus nahm an, dass Engel über ihn wachten. Er baute einen Altar aus Treibholz und dankte Gott für seine Gnade. Dann errichtete er einen Rahmen für die Glocke. Als er sie läutete, hörte er weit entfernt einen liebreizenden Schrei und nahm erneut an, dass es sich um einen Engel handeln musste. Dies ging weiter bis zum Frühjahr, als es Zeit zum Pflanzen wurde.

      Eines Nachmittags wendete er sich nach stundenlanger schwerer Arbeit voller Dankbarkeit seinen Gebeten zu. Er läutete die Glocke. Wie üblich kam von See die Antwort. Er läutete ein zweites Mal, und diesmal erhob sich eine Kreatur aus den Wellen, hinter der Seetanggrenze, dort, wo das Wasser tief wird. Da die Sonne hinter dem Wesen stand, war es schwer zu erkennen, aber es hatte eine menschliche Form. Es hob grüßend einen Arm.

      Dann glitt es über den Seetang, und als es den Strand erreichte, robbte es voran wie ein Seehund. Pater Severus wich zurück. Dies war kein Engel, und es war auch kein Seehund, denn seine Haut war weiß wie die eines Kindes, und es hatte langes, goldenes Haar. Vom Bauch an verwandelte sich die weiße Haut in silberne Schuppen und der Rest des Körpers endete in einem Fischschwanz. Erst da begriff Pater Severus, dass er es mit einer Meerjungfrau zu tun hatte.

      Die Meerjungfrau robbte dichter an ihn heran und streifte schnell wie der Blitz ihre Schuppen ab. Sie fielen an ihr herab wie der Rock einer Frau, und sie stand auf zwei normalen Beinen vor ihm – allerdings auf dünnen und schwachen Beinen, weil sie normalerweise nicht mit ihnen lief. Ich habe mich all diese Monate um dich gekümmert, sagte sie. Ich liebe dich. Komm mit mir ins Königreich meines Vaters und lass uns Mann und Frau werden.

      ‚Retro, Satanas! Hinweg, Satan!‘, schrie Pater Severus und machte das Zeichen für die Teufelsaustreibung.

      Aber sie kam auf ihn zu, nackt wie ein Aal. Ich wurde von der Heiteren Wehklage angezogen, denn sie ruft das Herz aller Dinge. Aber als ich dich hilflos in der Höhle liegen sah, wusste ich, dass mein Schicksal mit deinem verbunden ist. Und nun komm mit mir. Jenseits der Wellen erwartet dich ein Königreich von unübertroffener Schönheit, in dem das reine Glück herrscht.

      ‚Retro! Retro!‘, schrie Pater Severus immer wieder und versuchte, sie abzuwehren.

      Sie verfolgte ihn, so gut sie konnte, aber ihre Füße waren zart und sie konnte sich nicht schnell bewegen. Pater Severus kletterte in die Felsen, wohin sie ihm nicht folgen konnte.

      Ich werde wiederkommen, sagte sie schließlich. Sieben Tage lang werde ich wiederkommen, und am achten Tag nehme ich dich mit, ob du willst oder nicht. Dann schlüpfte sie wieder in ihre Schuppen und schwamm flink wie ein Otter davon.“

      Der Draugr

      Das Licht des Spätvormittags fiel durch die Tür in das römische Haus und weckte Seefahrer in seiner Ecke auf. Der Vogel hüpfte zur Tür, streckte prüfend die Flügel aus und grunzte vor Schmerz. „Du kannst nicht erwarten, dass es nach einem Tag schon besser ist, mein Freund“, sagte der Barde. Er öffnete einen Beutel mit getrocknetem Fisch und warf etwas davon auf den Boden. Seefahrer, der ein Auge auf Bruder Aiden gerichtet hielt, hüpfte vor und schnappte nach dem Futter.

      Dem Mönch klappte vor Erstaunen die Kinnlade herunter. „Das ist wahre Zauberei, eine solche Kreatur zu zähmen.“

      „Er

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