Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel

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Basiswissen ITIL 4 - Nadin Ebel

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vor allem die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie. Es geht um die »Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten. Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend individualisierten Kundenwünschen und erstreckt sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die Auslieferung eines Produkts an den Endkunden bis hin zum Recycling, einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen« (Quelle: BITKOM).

       Neue Inhalte und mehr Kunden- und Wertorientierung

      ITIL 4 wird als Update der bisherigen Version ITILV3 von 2011 eingeordnet. In diesem Sinne enthält ITIL 4 Erweiterungen zum Service-Verständnis und Anpassungen grundlegender Modelle. Das Framework soll gleichzeitig den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen und geänderten Schwerpunkten Rechnung tragen, die sich in der Zwischenzeit mit dem Zugzwang hin zu einer digitalen Transformation für die IT im Zusammenspiel mit dem Business ergeben haben.

      ITIL 4 stellt nun die Wertschöpfung in den Mittelpunkt. Services und Produkte müssen einen Mehrwert erbringen. Im Unterschied zur vorherigen Version ist in ITIL 4 der Wertschöpfungsgedanke durch den Begriff »Value Co-Creation« (siehe Abschnitt 1.2.1.1), also gemeinsame Wertschöpfung zwischen Service Provider und Service-Konsument, anstelle einer einseitigen Mehrwertbereitstellung, geprägt. Die IT-Organisation soll nicht mehr nur reagieren und sich im Sinne des »Business-/IT-Alignments« – wie es in ITIL V3 hieß – auf das Business ausrichten. Sie soll vielmehr zum strategischen Partner und »Business Enabler« im Zeitalter der Digitalisierung mutieren. Dazu sind eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und mehr Kenntnisse über die Geschäftsprozesse und die Herausforderungen des Service-Konsumenten notwendig. Dies spiegelt auch eine in diesem Kontext wichtige Änderung von ITIL 4 wider: die Definition des Service-Begriffs (»Ein Service ist ein Mittel, um die aktive gemeinsame Wertschöpfung zu ermöglichen, indem er die Ergebnisse fördert, die Kunden erreichen wollen, ohne dass der Kunde spezifische Kosten und Risiken trägt«).

      ITIL 4 erweitert die Inhalte der V3 anhand neuer Entwicklungen und neuer Erkenntnisse im aktuellen Kontext des Informationszeitalters. Ansätze und Themen wie Agile, Lean und DevOps oder Cloud Computing und Service-Integration/-Brokerage (Service Integration and Management, SIAM) werden aufgegriffen, die – wie bereits in Abschnitt 2.1.5 erwähnt – bereits über die Leitlinien der Practitioner-Veröffentlichung Eingang gefunden haben. Allerdings wird nicht konkret festgelegt, wie die aktuellen Ansätze und Modelle konkret mit den Best Practices in ITIL zu verknüpfen sind. Es wird lediglich aufgezeigt, dass es eine Verbindung gibt und dass gewisse Prinzipien und Forderungen für das Service Management in ITIL zu berücksichtigen sind.

      ITIL konnte sich der Tatsache nicht verschließen, dass die IT immer mehr und immer deutlicher in anderen Unternehmensteile und -funktionen eingebettet wird und damit auch die Abhängigkeit zwischen IT und Business sowie der Innovationsdruck für die IT wachsen. Zudem gibt es in vielen Organisationen Entwicklungen, die ITIL schon fast verschlafen hätte, wie bspw. die Tatsache, dass Softwareentwicklung und IT Operations (Betrieb) zusammenrücken (DevOps), klassische fachliche Silos aufgebrochen werden müssen und funktionsübergreifende Teams (agil) zusammenarbeiten. Manchmal schien und scheint es fast so, als ob ITIL als schwergewichtiger Dinosaurier den einen oder anderen Trend zu verschlafen droht. Durch das neue zentrale Element der ITIL 4, dem Service Value System (SVS, siehe auch nachfolgenden Abschnitt und Kapitel 5) möchte das Framework dem Aufbrechen von Silos noch deutlicher begegnen.

      Digitalisierung und Automatisierung von Leistungen sind bereits Realität und werden heutzutage von Unternehmen, Kunden, Anwendern und Bürgern erwartet. Dieser Erwartungshaltung sind die Organisationen, die die IT benötigen, auf ihrem Weg der digitalen Transformation in einer höchst volatilen Markt- und Unternehmensumwelt ausgesetzt. Auch politische Unsicherheiten, die Kopplung an die Finanzmärkte und eine wachsende Komplexität durch die Globalisierung tragen zur Volatilität, also der Unbeständigkeit oder den Schwankungen, bei. ITIL muss diese Aspekte berücksichtigen, um auch in Zukunft als erfolgversprechendes Best Practice Framework zu gelten.

       Service Value System und Vier-Dimensionen-Modell

      Der Service-Lebenszyklus wurde nicht explizit verworfen, wird aber als Modell in ITIL 4 nicht mehr aufgegriffen. Zentrales Modell ist nun das ITIL Service Value System (SVS, Service-Wertsystem) mit der Service Value Chain, um die Abläufe des Service Provider in einer ganzheitlichen Sicht zu skizzieren (siehe Abb. 2–6).

      Ein Kritikpunkt am Lebenszyklus und die Nutzung der Phasen als Basis für die Aufteilung in die fünf Kernpublikationen der ITILV3 war die relativ starr anmutende Zuordnung u.a. der Rollen, Prozesse und Funktionen auf das jeweilige ITIL-Buch und die jeweilige Phase im Lebenszyklus eines Service (siehe Abb. 2–4). Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass bspw. ein Incident Management nur in der Phase Service-Betrieb (Service Operations) aktiv war. Nicht explizit beschrieben wurde die Notwendigkeit, dass bereits beim Design eines neuen Service oder eines neuen Produkts abgestimmt werden musste, welche Anpassungen für die spätere Unterstützung des neuen Service oder Produkts im Betrieb durch das Incident Management notwendig sind. Dazu können bspw. neue Abläufe als Ausprägungen im Incident Management zählen (Einbindung neuer Supportgruppen) oder (weitere) toolseitige Anpassungen wie neue Kategorien, neue Gruppen oder neue/angepasste Eskalationsstufen. Auch bei der Betriebseinführung (Service Transition) oder der kontinuierlichen Verbesserung ist das Incident Management beteiligt.

       Abb. 2–6 Überführung des Service-Lebenszyklusmodells zur ITIL Service Value Chain (nach AXELOS-Material (ITIL®), Wiedergabe lizensiert von AXELOS)

      Es wurde durch die Lebenszyklus-Struktur eine eher sequenzielle Vorgehensweise beschrieben, die in der Praxis in dieser strikten Ausprägung nicht gelebt wird. Eine agile Service- oder Produktentwicklung würde durch sie zudem erschwert werden. Einzug gehalten hat daher ein neues, zentrales Modell: Das Service Value System ist ein Schlüsselelement der neuen ITIL-Version. Alle Bemühungen des Service Provider sollten darauf ausgerichtet sein, aus einer Anforderung eines Kunden oder einer neuen Möglichkeit am Markt einen Service oder ein Produkt zu entwickeln, das einen Wert für den Kunden erbringt. Es reicht nicht aus, ein paar wenige Prozesse zu dokumentieren oder Services zu beschreiben, die vielfach nur die technische Sicht widerspiegeln. Der Ansatz muss ganzheitlich und wertorientiert sein. Ein Mehr an Service- und Kundenorientierung ist unerlässlich.

      So beschreibt ITIL 4 ein Service-Werte-System (Service Value System (SVS)), in dem auch die Wertschöpfungskette (Service Value Chain) des Service Provider eingebunden ist. Über eine sogenannte Heatmap (siehe Abb. 2–8 oder eine andere Darstellungsform) kann verdeutlicht werden, wo sich innerhalb der Wertschöpfungskette bspw. das Problem Management (in eher starker oder geringfügiger Ausprägung) findet, wie Abb. 2–7 zeigt.

       Abb. 2–7 ITIL 4 Heatmap für das Problem Management, die durch Einfärbung die Stärke der Beteiligung und des Beitrags

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