Das blaue Märchenbuch. Группа авторов

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Das blaue Märchenbuch - Группа авторов

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berührte sie alle Pferde, die in den Ställen standen, die großen Hunde im äußeren Hof, und auch den hübschen, kleinen Mopsi, den kleinen Spaniel der Prinzessin, der neben ihr auf dem Bett lag.

      In dem Moment, als sie jemanden berührte, schlief dieser ein, damit er nicht vor seiner Herrin erwachen sollte und bereit war, ihr zu dienen, wenn sie ihn brauchte. Auch die Spieße am Feuer, die voller Rebhühner und Fasane waren, schliefen ein. All dies geschah in einem kurzen Augenblick. Feen brauchen nie lange, um irgendetwas zu erledigen.

      Dann verließen der König und die Königin, nachdem sie ihr liebes, schlafendes Kind geküsst hatten, den Palast und verkündeten, dass niemand es wagen dürfe, sich ihm zu nähern.

      Das war aber gar nicht nötig, denn nur eine Viertelstunde später wuchsen rund um den Park unendlich viele große und kleine Bäume, Büsche und Brombeersträucher. Dies waren so ineinander verschlungen, dass weder Mensch noch Tier durchkommen konnten; man sah nur noch die Spitzen der Türme des Palastes, und auch das nur, wenn man weit genug weg stand. Die Fee wollte absolut sicher sein, dass die schlafende Prinzessin, nicht von neugierigen Menschen gestört wurde.

      Als hundert Jahre vergangen waren, ging der Sohn des zu der Zeit regierenden Königs, der aus einer anderen Familie als die der schlafenden Prinzessin stammte, auf dieser Seite des Landes auf die Jagd und fragte:

      "Was waren das für Türme, die ich inmitten eines großen, dichten Waldes sah?"

      Alle antworteten entsprechend dem, was sie darüber gehört hatten. Einige sagten:

      "Es ist eine alte Burgruine, die von Geistern heimgesucht wird."

      Andere sagten, dass alle Zauberer und Hexen des Landes dort ihren Sabbat oder ihre nächtlichen Versammlungen abhielten.

      Die meistgehörte Meinung war: Dass dort ein Oger lebte, der alle kleinen Kinder, die er fangen konnte, dorthin trug, damit er sie auffressen konnte, wenn ihm danach war; und dass niemand ihm folgen konnte, da er als Einziger durch den Wald gehen konnte.

      Der Prinz war ratlos und wusste nicht mehr, was er glauben sollte, als ein Bauer zu ihm sprach:

      "Wenn es Eurer königlichen Hoheit gefällt, es ist jetzt etwa fünfzig Jahre her, dass ich von meinem Vater hörte, der es von meinem Großvater hörte, dass in diesem Schloss eine Prinzessin wohnt, und zwar die schönste, die je gesehen wurde; dass sie dort hundert Jahre schlafen muss und von einem Königssohn geweckt werden kann, für den sie bestimmt war."

      Der junge Prinz war Feuer und Flamme, als er diese Worte hörte und glaubte dieses seltsame Abenteuer beenden zu können; ohne die Angelegenheit genau abzuwägen, sondern nur von Liebe und Ehre angetrieben, beschloss er in diesem Moment, sich der Sache anzunehmen.

      Kaum war er in den Wald vorgedrungen, wichen alle großen Bäume, Gebüsche und Brombeersträucher vor ihm zurück und ließen ihn durch; er ging hinauf zum Schloss, das er am Ende einer großen Prachtstraße sah, die er entlangging; was ihn ein wenig überraschte, war, dass ihm keiner seiner Leute folgen konnte, denn die Bäume schlossen sich sofort wieder, sobald er sie durchquert hatte. Aber er ließ nicht von seinem Weg ab, denn ein junger und verliebter Prinz ist immer tapfer.

      Schließlich kam er in einen geräumigen Außenhof, der selbst den furchtlosesten Menschen vor Entsetzen erstarren lassen konnte. Über allem lag eine schreckliche Stille, und überall zeigte sich das Bild des Todes, denn es war nichts zu sehen als auf dem Boden liegende Körper von Menschen und Tieren, die alle tot zu sein schienen. Die rosigen Gesichter sagten ihm jedoch, dass alle nur schliefen; und ihre Kelche, in denen sich noch einige Tropfen Wein befanden, zeigten deutlich, dass sie während dem Trinken eingeschlafen waren.

      Dann überquerte er einen mit Marmor gepflasterten Hof, ging die Treppe hinauf und kam zum Wachhäuschen, wo Soldaten standen, die ihre Musketen geschultert hatten und schnarchten so laut sie konnten. Danach ging er durch mehrere Räume voller Herren und Damen, die ebenso alle schliefen, manche im Stehen, andere im Sitzen. Schließlich kam er in ein mit Gold verkleidetes Zimmer, wo er auf einem Bett, dessen Vorhänge geöffnet waren, das schönste Mädchen sah, dass ihm jemals unter die Augen gekommen war – eine Prinzessin, die etwa fünfzehn oder sechzehn Jahre alt zu sein schien und deren bezaubernde und in gewisser Weise prachtvolle Schönheit etwas Göttliches in sich trug. Er näherte sich, bebend vor Bewunderung, und fiel vor ihr auf die Knie.

      In diesem Moment fiel der Zauber von ihr ab, die Prinzessin erwachte, sah ihn mit zärtlichen Augen an und sagte:

      "Seid Ihr es, mein Prinz?", fragte sie ihn. "Ihr habt lange warten müssen."

      Der Prinz, den nicht nur diese Worte bezauberten, sondern auch die Art und Weise, in der sie gesprochen wurden, wusste nicht, wie er seine Freude und Dankbarkeit zeigen sollte; er versicherte ihr, dass er sie mehr liebte als sich selbst; aber sie weinten beide mehr als sie redeten – wenig Wortgewandtheit, viel Liebe. Er war viel ratloser als sie, und das war auch kein Wunder, denn sie hatte ja Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was sie zu ihm sagen sollte; denn es ist sehr wahrscheinlich (obwohl die Geschichte nichts davon erwähnt), dass die gute Fee der Prinzessin für einen so langen Schlaf sehr angenehme Träume mitgegeben hatte. Kurz gesagt, sie redeten vier Stunden miteinander, und sagten doch nicht einmal die Hälfte von dem, was zu sagen gewesen wäre.

      In der Zwischenzeit erwachte der gesamte Palast; jeder kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten, und da nicht alle verliebt waren, starben sie fast vor Hunger. Die oberste Hofdame, die genauso hungrig war wie alle anderen, wurde sehr ungeduldig und sagte der Prinzessin laut, dass das Abendessen serviert wurde. Der Prinz half der Prinzessin, die sehr prächtige Kleider trug, aufzustehen, sagte ihr aber nicht, dass sie wie seine Urgroßmutter gekleidet war und ein Spitzenband über ihren hohen Kragen hinauslugte; dennoch sah sie kein bisschen weniger bezaubernd und schön aus.

      Sie gingen in den großen Saal, wo sie zu Abend speisten, und von den Dienern der Prinzessin bedient wurden; die Geigen und Oboen spielten alte Melodien, die sehr gut klangen, obwohl es nun schon über hundert Jahre her war, dass sie das letzte Mal gespielt hatten; nach dem Abendessen vermählte sie der Bischof ohne weiteren Zeitverlust in der Schlosskapelle, und die oberste Hofdame zog die Vorhänge zu. Sie schliefen nur sehr wenig Schlaf – die Prinzessin hatte ja auch keinen Anlass dazu; und am nächsten Morgen verließ sie der Prinz, um in die Stadt zurückzukehren, wo sein Vater sehnlichst auf ihn wartete. Der Prinz erzählte ihm, dass er sich auf der Jagd im Wald verirrt und in der Hütte eines Köhlers gelebt hatte, der ihm Käse und Schwarzbrot zu essen gab.

      Sein Vater, der König, der ein guter Mann war, glaubte ihm; aber seine Mutter ließ sich nicht von der Geschichte überzeugen, da er immer wieder auf die Jagd ging und neue Ausreden dafür parat hatte, warum er drei oder vier Nächte weggeblieben war. Sie begann zu vermuten, dass er geheiratet hatte, denn er lebte über zwei Jahre bei der Prinzessin und hatte zwei Kinder mit ihr. Das ältere Kind, eine Tochter, hieß 'Morgen', und das jüngere, ein Sohn, 'Tag', weil er noch schöner war als seine Schwester.

      Die Königin sprach mehrmals mit ihrem Sohn und wollte von ihm wissen, wo er seine Zeit verbrachte. Sie ermahnte ihn, dass er verpflichtet war, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber er wagte es nicht, ihr sein Geheimnis anzuvertrauen; er fürchtete sie, obwohl er sie auch liebte, denn sie gehörte zum Geschlecht der Oger, und der König hätte sie niemals geheiratet, wenn sie nicht über enorme Reichtümer verfügt hätte; der ganze Hof tuschelte darüber, dass Ogerblut in ihr floss, und dass sie, wann immer sie kleine Kinder vorbeigehen sah, größte Schwierigkeiten hatte, nicht über sie herzufallen. Und so sagte der Prinz ihr nie ein Wort.

      Aber als der König zwei Jahre später starb und er selbst König war, gestand er offen seine Ehe und geleitete seine Königin in einer großen Zeremonie in den

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