Christentum und Europa. Группа авторов

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Christentum und Europa - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

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Herrscher der anderen Länder sagen hier übereinstimmend, dass Assurbanipal zwischen ihnen richten solle – und erkennen damit eben nicht nur seine Richterschaft, sondern auch seine Hoheit überhaupt an. In den nächsten beiden Zeilen wird diese explizit gemacht:

      Zeilen 12-13 »[Mullis]su hat gesagt: ›[Du wirst] über [die König]e der Länder [herrsc]hen! Du wirst ihnen ihre Grenzen zeigen, du wirst ihnen die [We]ge, die sie ziehen, zuweisen.‹«

      Die beiden folgenden Orakel auf SAA 9 7 sind bemerkenswert. Zuerst folgt ein Spruch, der den Kimmerern Vernichtung im Stile Elams zusagt (Zeilen 14–16). Dieser erinnert strukturell stark an ARM 26 196, wo ja auch ein »fremder« Feind mit Vernichtung bedroht wird, und als Garant wird ein Feind angeführt, der bereits vernichtet wurde (also quasi ein Geschichtsbeweis).

      Als Nächstes folgt dann wohl das unklarste neuassyrische Orakel überhaupt. Auch die antiken Adressaten verstanden es wohl nicht genau, enthält es doch die Frage, was es bedeutet, und erinnert damit an die Fragen Gottes an Amos. Es enthält außerdem zwei uns unverständliche Worte: allalatti und enguratti. Sie verweisen wohl auf Insektenarten, denen gleich Ištar von Arbela Ägypten überfallen und wieder verlassen will:

      Zeilen rev. 3-5 »allalatti enguratti! Du fragst: ›Was heißt hallalatti enguratti?allalatti werde ich nach Ägypten gehen, enguratti es wieder verlassen!«

      Dem Kontext nach muss die Göttin Ägypten in beeindruckender Weise überfallen und es ausgebeutet hinterlassen. Welche Insekten hier genau gemeint sind muss unklar bleiben, aber es scheint mir aufgrund der Metaphorik nicht unwahrscheinlich, dass es sich um Heuschreckenarten handelt, ähnlich, wie es in Joel 1 beschrieben ist. Parpola versteht allalatti als von allulāya (»Hundertfüßler«) abgeleitetes Adverb, aber auch er lässt das zweite Adverb, enguratti, unübersetzt. Bei von Soden ist hallulāya noch als Maulwurfsgrille übersetzt, was meinem Verständnis näher kommt. Allerdings sind diese Arten von Termini schwer genau zu erfassen.31

      Ištar sagt Asarhaddon ihren Beistand bei einem Sieg über Ägypten zu. Wieder geschieht dies ohne jeglichen Hinweis darauf, dass Ägypten entweder die Chaosmächte vertrete oder ein sonstig geartetes Verbrechen begangen habe. Wie bereits angedeutet ist dies in den historischen Inschriften der neuassyrischen Könige anders. Da wird ein Vorwand gebraucht, um in den Krieg zu ziehen. Aber auch Crouch stellt fest, dass Asarhaddon, anders als Sargon und Sanherib, kosmologische Anspielungen seltener gebraucht. Und trotzdem spricht auch Asarhaddon in seinem Bericht über die Ägyptenfeldzüge davon, wie er einer Sturmflut gleich über Ägypten herfällt. Das akkadische Wort für die Flut, das hier benutzt wird, ist abūbu, das auch im Enūma eliš und in Texten über Ninurta vorkommt, und das von Maul und anderen als Anspielung darauf verstanden wird, dass der neuassyrische König hier die Rolle Marduks und Ninurtas übernimmt, das Chaos zu besiegen.

      Solche Anspielungen sind in den prophetischen Texten allerdings nicht zu finden. Es mag sein, dass das auf das Genre zurückgeht, und die uns überlieferten Prophetensprüche weniger literarischen Ursprungs sind, aber da zumindest einige der relevanten Texte aus den Sammeltafeln stammen, und da auch in altbabylonischen Prophezeiungen literarische Anspielungen vorkommen, scheint mir das keine gute Lösung zu sein. Stattdessen geht es hier um einen anderen theologischen und politischen Aspekt; nicht der Zusammenarbeit zwischen Gott und König, sondern göttlicher Unterstützung soll Ausdruck verliehen werden, so dass Asarhaddon selber gar nicht zum Zuge kommt.

      Ein weiterer Text, SAA 9 2.3 ii 21’–27’, lässt sich auf eine ähnliche Art und Weise erklären, wenn auch auf wesentlich komplexere Art und Weise. Weiter oben haben wir Zeilen 11’–16’ betrachtet. Die späteren Zeilen enthalten einen Prophetenspruch, in dem Ištar von Arbela Asarhaddon auffordert, den Gottesdienst der Götter aus dem Esagila-Tempel in Babylon wieder aufzubauen. Nachdem Sanherib Babylon zerstört und die Götterstatuen aus dem Esagila entfernt hatte, legte Asarhaddon viel Energie an den Tag, Babylon wieder aufzubauen. Sanheribs Tod im Feld wurde auch als Bestrafung für die Sünde der Zerstörung Babylons verstanden. Ob Lā-dāgil-ilī und Ištar von Arbela mit diesem Orakel dazu beigetragen haben, muss ungewiss bleiben. Allerdings ist das Interesse Ištars am rechtmäßigen Kultus von Marduk und den anderen Göttern Babylons schon etwas Besonderes. Anders als in dem gerade zitierten Spruch 511 9 2.4 wird hier nicht die Kontrolle über andere Völker angenommen, sondern Sorge um das Wohlergehen ihrer Götter:

      Zeilen ii 21’–27’ »Preise mich! Nimm diese meine Worte aus Arbela zu Herzen! Die Götter Esagilas darben in böser und schlimmer Wildnis. Sende ihnen sofort zwei Brandopfer. Schicke ihnen deine Friedensgrüße!«

      Diese etwas unerwartete Fürsorge ist so zu erklären: Sanheribs Tod im Feld wurde mit dessen Zerstörung und Entführung der Götter aus Babylon erklärt. Er ist also, so das altorientalische Verständnis, für sein Fehlverhalten bestraft worden. Der reale Wiederaufbau Babylons war also nicht nur Altruismus, sondern auch Sorge um das eigene Wohlergehen. Außerdem muss für Arbeiten an Tempeln normalerweise das Wohlwollen der Götter eingeholt werden, ein generelles altorientalisches Muster, das Victor Hurowitz auch für biblische Tempelbauten aufgezeigt hat.32 Ein direkter Befehl der dynastischen Göttin, wie er hier gegeben ist, ist bei der Wiedereinführung des Kultus dabei durchaus hilfreich.

       3. Zusammenfassung

      Sowohl in den altbabylonischen als auch in den neuassyrischen Sprüchen kommen fremde Völker vor allem deshalb vor, weil die Götter den jeweiligen Königen ihre Unterstützung zusagen. Häufig, aber nicht immer, geschieht dies im Zusammenhang mit dynastischen Versprechen, oder aber einer Forderung um Anerkennung des Königs durch eine Gottheit, die den König quasi als Amme aufgezogen hat.

      Dabei werden zwei verschiedene Mythologeme verwendet. Einerseits ist da das Bild der mütterlichen Gottheit, ein Bild das in der neuassyrischen Prophetie auf Mullissu beschränkt ist, aber im Altbabylonischen durchaus auch auf männliche Gottheiten angewendet wird.

      Andererseits ist bei dynastischen Versprechen häufig ein Verweis auf die Macht der Gottheit dabei. Häufig mit einem Verweis auf Machtbeweise in der Vergangenheit, entweder in der geschichtlichen Wirklichkeit (z. B. ARM 26 196, Zeilen 6’–9’) oder in der mythischen Vergangenheit zur Zeit des Kampfes gegen Tiamat, egal ob das ein Schöpfungskampf wie im Enūma eliš oder aber ein späterer Kampf gegen Tiamat war (FM 7 38, Zeilen 1’–6’). Der Geschichtsverweis ist hier nicht der theologisch verständlich motivierte, aber praktisch absolut nutzlose deuteronomische Prophetenbeweis (Dtn 13 und 18), sondern der Gottesbeweis: Du kannst mir vertrauen, weil ich bereits in der Vergangenheit so gehandelt habe. Diese Art von Gottesbeweis sagt eben nicht aus, dass der Gegner automatisch gleichsam mythologisch-starke Vergehen begangen hat, wenn dies überhaupt der Fall ist. Meist geht es einfach nur darum zu sagen, dass die Gottheit den König und seine Dynastie unterstützen wird. Dabei geht es meist um den Kampf gegen die Anderen, nicht darum, die eigentlich globale Macht der Gottheit zu zeigen. Die Formeln »Thron um Thron«, »Land um Land«, »das Land vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang« und Ähnliches können dabei sowohl als universal als auch einfach als »sehr stark« verstanden werden.

      Nur in dem Orakel ARM 26 209 gegen Babylon und seinen König und in ARM 26 371 gegen Išme-Dagan ist eine frühere Schuld entweder implizit (ARM 26 209) oder explizit (ARM 26 371) genannt, und die

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