Christentum und Europa. Группа авторов

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Christentum und Europa - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

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rev. 4’–9’ Sie riefen Tišpak vor mich, und Dagan sagte zu Tišpak: Von Šinam (oder: Šina) aus hast du über das Land regiert. Aber jetzt ist dein Tag gekommen! Du wirst Deinem Tag genau so wenig wie (die Stadt) Ekallatum entfliehen!«

      Diese Nachricht aus der gleichen Zeit wie ARM 26 197 ist direkt zu Tišpak gesprochen. Der reale Adressat sowohl des Briefes als auch des Orakels ist allerdings nicht Tišpak, sondern natürlich Zimri-Lim. Dieses Orakel gleicht damit den Fremdvölkersprüchen des Alten Testaments in seiner literarischen Konstruktion, die fingiert an einen »fremden« Gott gerichtet ist, die dieser allerdings nie zu Gesicht bekommen wird.

      Ešnunna, der verlängerte Arm Elams, versuchte mit Mari Frieden zu schließen. Dagan von Terqa ließ daraufhin Zimri-Lim die Nachricht zukommen, dass er, Dagan, Ešnunna vollständig zerstören werde, ein Friedensvertrag also nicht nötig werden würde. Als Vergleich, und historischen Beweis für seine Verlässlichkeit aus der nahen Vergangenheit, führt er Ekallatum an, das in einer Koalition zwischen Mari, Yamad und Babylon besiegt worden war.15

      Wirwissen, dass Zimri-Lim wenig später einen Friedensvertrag mit Ibal-pi-El, dem König Ešnunnas, abgeschlossen hat, so dass er die prophetischen Warnungen entweder für weniger wichtig hielt, oder – und das erscheint mir wahrscheinlicher – auf anderen divinatorischen Wegen das göttliche Placet für den Vertrag bekommen hatte. Für die Lesenden, die mit Deuteronomium 13 und 18 daran interessiert sind, ob sich prophetische Orakel historisch bewahrheiten oder nicht, kann ich bestätigen, dass Ešnunna tatsächlich dem Erdboden gleichgemacht wurde – allerdings von Babylon, so dass wohl Marduk diese Ehre für sich beansprucht hätte.

       1.2 Fremdvölkerorakel

      Es gibt in der altorientalischen Prophetie zwei Arten von Fremdvölkerorakeln, von denen wiederum die eine in zwei Unterkategorien zerteilbar ist. Zum einen gibt es Orakel, in denen eine Stadt Ziel des Orakels ist, zum anderen solche, in denen eine einzelne Person für ein Volk steht. Diese Art von Orakel ließe sich noch einmal unterteilen abhängig davon, ob die Person menschlicher oder göttlicher Natur ist. Ein Beispiel für Letzteres war der gerade eben besprochene Text ARM 26 196. Ein Beispiel für ein Orakel gegen einen König, der für das Geschick seines ganzen Königreiches einsteht, ließe sich in ARM 26 207 finden. Wie der Zufall der Erhaltung der Tafeln es will, geht es in diesem Text um Išme-Dagan, den König Ekallatums, das in ARM 26 196 als historisches Beispiel für die Verlässlichkeit Dagans angebracht wird. Dieser Text ist in der Forschung viel beachtet worden, weil die Methode, wie das Orakel erlangt wurde, unklar ist. Entweder, so Jean-Marie Durand und andere, werden die beiden Menschen durch einen besonderen Trunk dazu in die Lage versetzt, göttliche Botschaften zu vermitteln, oder, so Claus Wilcke, es handelt sich lediglich um eine Art Meinungsumfrage über ein bereits ergangenes Orakel. Der Brief sei hier in seiner Gänze zitiert:

      Zeilen 1-2 »Sprich zu meinem Herren (=Zimri-Lim): So spricht Šibtu (=die Königin), Deine Dienerin:

      Zeilen 3-12 Was die Pläne für den Krieg, in den mein Herr ziehen wird, angeht, so habe ich einem Mann und einer Frau etwas zu trinken gegeben, um sie über die Zeichen zu befragen.16 Das Orakel17 für meinen Herren ist sehr gut. Desgleichen habe ich den Mann und die Frau auch über Išme-Dagan befragt, und das Orakel für ihn ist nicht gut. Das Zeugnis über ihn lautet: Er ist unter meines Herrn Fuß gestellt!

      Zeilen 13-17 Sie sagten: ›Mein Herr hat eine Waffe e[rhoben].‹18 Er (= Zimri-Lim) hat eine Waffe gegen Išme-Dagan erhoben und gesagt: ›Ich werde Dich mit meiner Waffe besiegen. Ringe, soviel Du kannst, und ich werde Dich ringend besiegen!‹

      Zeilen 18-27 Ich fragte: ›Soll sich mein Herr der Schlacht nähern?‹ Sie (antworteten): ›Es wird keine Schlacht geben. Sobald seine Hilfstruppen erscheinen, werden sie (= die Feinde) sich zerstreuen.19 Irgendeiner wird den Kop[f Išme]-Dagans abschneiden. Ein anderer wird ihn unter den Fuß meines Herrn legen.‹

      Zeilen 27-34 Sie sagen: ›Die Truppen Išme-Dagans sind zahlreich. Falls […] werden seine Hilfstruppen zerstreut werden. Meine eigenen Hilfstruppen sind (die Götter) Dagan, Addu, Itur-Mer und Belet-ekallim! Addu, der an der Seite meines Herren geht, ist der Herr der Orakel!‹

      Zeilen 27-34 Möge mein Herr nicht sagen: ›Mit meinen Hilfstruppen [muss] ich [… s]ie […]!‹«

      Auch wenn wir uns nicht sicher sein können, was genau in der Situation vorgeht, so wird hier Zimri-Lim doch klar eine Zusage gemacht, dass er Išme-Dagan besiegen werde. Eine zusätzliche Gottesbotschaft bezieht sich auf das Wohlergehen Išme-Dagans, um das es nicht gut bestellt ist.

      Ein weiteres und vielleicht noch klareres Fremdvölkerorakel haben wir in ARM 26 209. Dieser Brief enthielt einmal mindestens zwei Orakel gegen Babylon, wahrscheinlich aus der Endzeit Maris. Aufgrund der Tatsache, dass das königliche Archiv von Mari wohl von babylonischen Truppen ausgewertet wurde, ist es etwas verwunderlich, dass dieser Text überhaupt in Mari gefunden wurde – es sei denn, die Tatsache, dass Mari und nicht Babylon zerstört war, überzeugte die Babylonier, dass dieser Text für sie wertlos sei. Andere Texte sind eventuell nach Babylon gebracht worden, nachdem Mari von babylonischen Truppen besiegt worden war.20 Ich möchte diesen Brief in seiner fragmentarischen Ganzheit zitieren:

      Zeilen 1-4 »Sprich zu meinem Herren, so sagt dein Diener Mukannišum:

      Zeilen 4-5 Ich habe das Opfer für das Wohlergehen meines Herren dargebracht.

      Zeilen 6-14 Ein Prophet von Dagan von Tut[tul] ist aufgestanden und sprach: ›O Babylon! Was machst du? Ich werde dich mit Netz und Dolch einfangen [… eine Zeile unlesbar …] Die Häuser der sieben Verschwörer und ihren Besitz werde ich Z[i]mri-L[im] überg[ebe]n.‹

      Zeilen 15-18 Ein Pro[p]het von Dagan s[tand auf….] Er s[prach …]: ›Hamm[u-ra]p[i…ca. vier Zeilen verloren].‹«

      Wir wissen, dass Hammu-rapi seine Chance witterte, Mari zu besiegen, und dass er diese Gelegenheit, zur quasi absoluten Vorherrschaft in Mesopotamien zu kommen, wahrnahm. Die Reste dieses Orakels zeigen, dass es ein Orakel gegen Babylon war. Wie bei solchen Fremdvölkerorakeln üblich, so ist auch dieses ein verkapptes Beistandsorakel an den eigentlichen Adressaten, hier Zimri-Lim. Für Zimri-Lim und die Bewohner Maris war es tragisch, dass dieses Orakel nicht wahr geworden ist; für die Bewohner Babylons hingegen war es besser so.

      Das Bild, das in diesem Text benutzt wird, ist das des Kriegsgottes mit Klingenwaffe und Netz, das wir bereits oben in ARM 26 197 gesehen haben. Es findet sich auch in ARM 26 192, wo Ištar Ninet so ausgerüstet ist. Das Bild selber ist alt – es ist bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. mit Ninurta und Ningirsu bezeugt, und im späten 2. Jahrtausend benutzt auch Marduk im Enūma eliš das Netz und auch Yhwh in Ezechiel 32 verwendet es als Götterwaffe.21

      Beistand im Krieg gegen Hammu-rapi ist auch der Tenor in ARM 26 210. In diesem Brief berichtet Kibri-Dagan seinem König, wie die Frau eines freien Bürgers von Mari (ištēn awīltum aššat awīlum) von Dagan geschickt wurde, um Zimri-Lim zu sagen, dass er sich nicht vor Babylon und Hammu-rapi fürchten müsse. Der genaue Wortlaut des Orakels ist zu fragmentarisch, als dass man daraus etwas erschließen könnte. ARM 26 214 ist besser erhalten, aber das Orakel bezieht sich nicht wie ARM 26 210 auf einen bestimmten Feind, sondern spricht Zimri-Lim Unterstützung durch die Göttin Annunitum zu.22

      

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