Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen. Emile Zola

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Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen - Emile Zola

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darüber, daß sich die Dinge nicht in dieser schönen Ordnung weiter entwickeln würden. Renée würde niemals einwilligen, sie wird weinen, ihm Scenen machen und war sehr wohl im Stande, irgend einen großen Skandal heraufzubeschwören, der ganz Paris in Erstaunen setzen würde. Dies war höchst unangenehm und sie flößte ihm bereits Furcht ein. Sie hatte so beunruhigende Augen und beherrschte ihn so despotisch, daß er ihre Krallen sich in seine Schultern versenken zu fühlen glaubte, wenn sie ihre weiße Hand auf dieselbe legte. Ihre geräuschvolle Heiterkeit erschien ihm gezwungen und ihr Lachen klang mitunter, als risse eine Saite in ihrem Inneren. Er befürchtete thatsächlich, daß sie eines Nachts in seinen Armen wahnsinnig werden würde. Bei ihr gelangten die Gewissensbisse, die Furcht ertappt zu werden, die grausamen Freuden des Ehebruches nicht wie bei anderen Frauen durch Thränen und Traurigkeit zum Ausdruck, sondern durch eine noch schlimmere Ausgelassenheit, durch ein noch unwiderstehlicheres Bedürfniß nach Geräusch und Betäubung. Und inmitten ihrer zunehmenden Bestürzung begann man ein Röcheln, das Knacken dieses aus einander gehenden herrlichen, bewunderungswürdigen Mechanismus zu vernehmen.

      Unthätig erwartete Maxime eine Gelegenheit, welche ihn von dieser lästigen Maitresse befreien würde. Wiederholt sagte er, daß sie eine Dummheit gemacht hatten. Wenn ihre Vertraulichkeit ihrer Liebe einen Reiz mehr verliehen hatte, so hinderte ihn dieselbe heute, das Verhältniß abzubrechen, wie er es unbedingt bei einer anderen Frau gethan hätte. Er wäre ganz einfach nicht wiedergekommen, denn dies war seine Art, seine Liebschaften zu lösen, um allen Anstrengungen und Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Hier aber fühlte er sich unfähig, einen Bruch herbeizuführen, zumal er sich die Zärtlichkeitsbezeugungen Renée's noch immer gerne gefallen ließ; sie war so mütterlich gut zu ihm, bezahlte für ihn und wird ihn sicherlich stets aus der Verlegenheit befreien, wenn ein Gläubiger zudringlich werden sollte. Da kam ihm wieder der Gedanke an Luise, an die Mitgift im Betrage von einer Million und er sagte sich, selbst während er in den Armen der jungen Frau lag, daß dies Alles recht schön und gut, doch nicht ernst sei und daß dem ein Ende gemacht werden müsse.

      Eines Nachts befand sich Maxime bei einer Dame, bei der oft bis zum Morgen gespielt wurde, so hartnäckig im Verluste, daß er alsbald seinen letzten Franc verspielt hatte und den dumpfen Zorn des Spielers empfand, dessen Taschen leer sind. Er hätte eine Welt darum gegeben, wenn er noch einige Louis auf den Tisch zu werfen vermocht hätte. Er nahm seinen Hut und begab sich mit dem mechanischen Schritte eines Menschen, den ein ausschließlicher Gedanke beherrscht, nach dem Monceau-Park, wo er die kleine Pforte öffnete und alsbald befand er sich im Treibhause. Mitternacht war vorüber. Renée hatte ihm gesagt, er möge sich diesen Abend nicht einfinden. Sie suchte jetzt gar nicht mehr nach einer Erklärung, nach einem Vorwande, wenn sie ihm ihre Thür versagte und er dachte blos daran, seinen Urlaub auszunützen. Er erinnerte sich des Verbotes der jungen Frau erst vor der verschlossenen Glasthür des kleinen Salons. Gewöhnlich wenn er kommen durfte, öffnete Renée diese Thür schon im Vorhinein.

      »Bah!« sagte er sich bei dem Anblicke des beleuchteten Fensters des Ankleidezimmers. »Ich werde pfeifen und sie wird herunterkommen. Ich werde sie nicht stören und wenn sie mir ein Paar Louis geben kann, so gehe ich gleich fort.«

      Damit stieß er einen leisen Pfiff aus. Auf diese Weise pflegte er ihr häufig seine Anwesenheit anzukündigen; heute aber mußte er wiederholt pfeifen, was ihn ärgerlich machte und so pfiff er immer lauter, da er den Gedanken an eine sofortige Anleihe nicht aufgeben wollte. Endlich sah er, wie die Glasthür mit größter Vorsicht geöffnet wurde, ohne daß er vorher irgendwelche Schritte vernommen hätte. In dem Halbdunkel des Treibhauses erblickte er jetzt Renée mit aufgelöstem Haar, kaum bekleidet und barfuß, als hätte sie sich gerade zu Bett begeben wollen. Sie drängte ihn in eine der Lauben und stieg dabei die Stufen hinab, schritt über den Sand der Allee, ohne dem Anscheine nach die Kälte oder die Rauhheit des Bodens zu empfinden.

      »Weshalb pfeifst Du so stark?« fragte sie mit unterdrücktem Zorn. »Ich sagte Dir doch, Du solltest nicht kommen. Was willst Du von mir?«

      »So gehen wir doch hinauf,« sagte Maxime überrascht durch diesen Empfang. »Oben will ich Dir Alles sagen. Du wirst Dich erkälten.«

      Da er aber bei diesen Worten eine Bewegung machte, als wollte er der Thür zuschreiten, hielt sie ihn zurück und da gewahrte er erst, daß sie entsetzlich bleich sei. Ein stummes Entsetzen schien sie zu beherrschen. Die letzten wenigen Gewänder, die sie am Leibe hatte, die Spitzen des Hemdes hingen wie tragische Fetzen um ihre erschauernden Schultern.

      Er betrachtete sie mit wachsendem Staunen.

      »Was ist Dir denn? Bist Du krank?«

      Und instinktiv hob er die Augen empor, blickte er durch die Glasscheiben des Treibhauses zu dem Fenster des Ankleidezimmers hinüber, wo er vorhin Licht wahrgenommen.

      »Ein Mann ist ja bei Dir!« sagte er mit einem Male.

      »Nein, nein, es ist nicht wahr,« stammelte sie flehend und es schien ihr, als schwänden ihr die Sinne.

      »Aber ich sehe ja seinen Schatten, mein Schatz!«

      So verharrten sie einen Augenblick schweigend, blickten sich an und wußten nicht, was sie sagen sollten. Renée's Zähne schlugen vor Angst klappernd auf einander und es schien ihr, als göße man Ströme eiskalten Wassers über ihre nackten Füße aus. Maxime empfand größeren Zorn als er gemeint hätte; dessenungeachtet behielt er noch genügend Besonnenheit, um zu überlegen und sich zu sagen, daß die Gelegenheit für einen endgiltigen Bruch sehr günstig sei.

      »Du wirst mir doch nicht weiß machen wollen, daß Céleste einen Paletot trägt,« fuhr er fort, »Wären die Glasscheiben des Treibhauses nicht so dick, so würde ich den Herrn vielleicht erkennen.«

      Sie drängte ihn noch tiefer in die Dunkelheit, wobei sie mit gefalteten Händen, von wachsendem Entsetzen erfaßt, sagte:

      »Ich bitte Dich, Maxime ...«

      Bei diesen Worten erwachte aber die ganze Bosheit des jungen Mannes, eine wilde Bosheit, die nach Rache verlangte. Er war zu schwächlich, als daß er sich durch einen Zornesausbruch Erleichterung zu verschaffen vermocht hätte. Der Verdruß ließ ihn die Lippen zusammenpressen und statt sie zu prügeln, wie er im ersten Moment gewollt, nahm er höhnischen Tones von Neuem auf:

      »Du hättest es mir sagen sollen und dann wäre ich nicht gekommen, hätte Euch nicht gestört ... Es ist ja klar wie die Sonne, daß alle Liebe verschwunden ist. Mir begann es auch bereits zu viel zu werden . .. Werde nicht ungeduldig; ich lasse Dich ja gleich wieder hinaufgehen, nur mußt Du mir den Namen dieses Herrn nennen ...«

      »Nie, nie!« murmelte die junge Frau, ihr Schluchzen gewaltsam unterdrückend.

      »Ich will ihn nicht fordern, nur wissen will ich ... Den Namen also, sage mir schnell den Namen und dann gehe ich.«

      Er hatte sie bei den Handknöcheln erfaßt und blickte sie mit seinem boshaften Lachen an. Sie wehrte sich verzweifelt und wollte die Lippen gar nicht mehr öffnen, damit ihr der Name, den er zu erfahren wünschte, nicht unversehens entschlüpfe.

      »Wird es besser sein, wenn wir Lärm machen? Und weshalb fürchtest Du Dich denn? Sind wir nicht gute Freunde? ... Ich will wissen, wer an meine Stelle getreten ist, das ist doch nur billig ... Warte, ich will Dir zu Hilfe kommen. Es ist wohl Herr von Mussy, dessen Schmerz Dein Mitleid erregte?«

      Sie gab keine Antwort, sondern ließ blos den Kopf bei diesem Verhör sinken.

      »Herr von Mussy ist's nicht? ... Also der Herzog von Rozan? auch nicht? ... Vielleicht der Graf von Chibray? Der ebenfalls nicht?«

      Er

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