Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen. Emile Zola

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Thor und es bleibt dabei.«

      Gleich darauf kehrte sie mit Rozan zurück. Larsonneau war geschmackvoller gekleidet als der Herzog; er trug feinere Handschuhe, elegantere Halsbinden. Sie reichten einander nachlässig die Hände und plauderten über das vorgestrige Wettrennen, bei welchem das Pferd eines ihrer Freunde geschlagen worden. Laura verging fast vor Ungeduld.

      »Ach, laß' doch Das, mein Freund,« sagte sie zu Rozan. »Der große Lar hat das bewußte Geld bei sich und die Sache sollte endlich zum Abschluß kommen.«

      Larsonneau schien sich zu erinnern.

      »Ach ja,« sagte er; »ich habe die gewünschte Summe bei mir ... Sie hätten aber klüger daran gethan, meinen Rath zu befolgen, mein Bester, denn die Räuber haben nicht weniger als fünfzig Perzent gefordert ... Ich willigte schließlich ein, da Sie mir ja sagten, daß dies nichts zu bedeuten habe ...«

      Laura d'Aurigny hatte sich im Laufe des Tages gestempeltes Papier verschafft; als es sich aber um Tinte und Feder handelte, blickte sie die beiden Männer mit bestürzter Miene an, da sie daran zweifelte, diese Gegenstände in ihrem Hause zu finden. Sie wollte in der Küche nachsehen, als Larsonneau aus derselben Tasche, in welcher sich die Bonbonsdüte befunden, zwei reizend gearbeitete Gegenstände hervorholte: eine silberne Feder, die mittelst eines Schiebers zu verlängern war und ein Tintenfaß aus Stahl und Ebenholz, welches eher einem Schmuckkästchen glich. Als sich Rozan zum Schreiben niedersetzte, sagte Larsonneau:

      »Stellen Sie die Wechsel auf meinen Namen aus; Sie werden es begreiflich finden, daß ich Sie nicht ins Gerede bringen wollte. Wir werden uns unter einander verständigen. Sechs Stück zu fünfundzwanzigtausend Francs, nicht wahr?«

      Auf einer Ecke des Tisches zählte Laura die »Bilderchen«; Rozan selbst sah dieselben gar nicht und als er unterschrieben hatte und den Kopf emporhob, waren sie bereits in den Taschen der jungen Frau verschwunden. Diese trat jetzt auf ihn zu und küßte ihn auf beide Wangen, was ihn im höchsten Grade zu entzücken schien. Larsonneau beobachtete sie mit philosophischer Ruhe, während er die kostbaren Wechsel zusammenfaltete und sammt Feder und Tintenfaß in seine Tasche barg.

      Die junge Frau hing noch am Arme des Herzogs, als Aristide Saccard die Portière zurückschlug und beim Anblick des Liebespärchens lachend sagte:

      »Ach, ich bitte sich keinen Zwang anzuthun.«

      Der Herzog erröthete, Laura aber schüttelte die Hand des Spekulanten, wobei sie verständnißvoll mit den Augen zwinkerte. Ihr Gesicht strahlte vor Freude.

      »Es ist geschehen, mein Lieber,« sprach sie dabei. »Ich hatte Sie ja gewarnt. Zürnen Sie mir nicht zu sehr?«

      Saccard zuckte mit gutmüthiger Miene die Achseln. Er schlug die Portière zurück und zur Seite tretend, um Laura und dem Herzog den Weg freizugeben, rief er mit der schallenden Stimme eines Thürstehers:

      »Herzog von Rozan sammt Gemahlin!«

      Der Scherz hatte einen riesigen Erfolg. Am nächsten Tage verzeichneten die Morgenblätter denselben, wobei sie Laura d'Aurigny unverblümt beim Namen nannten und die beiden Männer mit sehr durchsichtigen Anfangsbuchstaben bezeichneten. Der Bruch zwischen Aristide Saccard und der dicken Laura erregte noch größeres Aufsehen, als ihre vermeintliche Liebschaft.

      Nach seinem Scherz, welcher im Salon einen ungeheuren Heiterkeitserfolg erzielte, lies Saccard die Portiere hinter dem Pärchen fallen und sich zu Larsonneau wendend, sagte er:

      »Gelt, ein gutes Mädchen? Eine wahre Künstlerin! ... Und Sie Duckmäuser, Sie genießen wohl den eigentlichen Vortheil? Was kriegen Sie für Ihre Vermittelung?«

      Jener aber wehrte lächelnd ab und zog dabei an seinen Manschetten, bis dieselben unter dem Rockärmel hervorlugten. Darauf ließ er sich in der Nähe der Thür auf ein Sopha nieder, auf welchem bereits Saccard saß, der gutmüthigen Tones fortfuhr:

      »Setzen Sie sich hierher ... es fällt mir nicht ein Sie zu verhören ... Wir wollen lieber über ernstere Dinge sprechen. Ich hatte heute Abend eine lange Verhandlung mit meiner Frau ... Alles ist in Ordnung.«

      »Sie willigt ein, ihren Antheil abzutreten?« fragte Larsonneau.

      »Ja; doch hat das schwere Mühe gekostet ... Die Frauen sind von einer unglaublichen Hartnäckigkeit! Sie wissen ja, die meinige hatte einer alten Tante das Versprechen gegeben, daß sie nichts verkaufen werde und so gab es da zahllose Skrupel zu zerstreuen ... Glücklicherweise hatte ich mir eine unwiderstehliche Geschichte zurechtgelegt.«

      Er erhob sich bei diesen Worten, um eine Zigarre an dem Kandelaber anzuzünden, welchen Laura auf den Tisch gestellt hatte; und sich darauf behaglich auf dem Sopha zurücklehnend, fuhr er fort:

      »Ich sagte meiner Frau, daß Sie zu Grunde gerichtet seien ... Sie haben an der Börse gespielt, Ihr Geld mit leichtfertigen Dämchen durchgeschlagen, sich in schlechte Spekulationen eingelassen und sind endlich auf dem Punkte angelangt, einen scheußlichen Bankerott zu machen ... Ich ließ sogar durchblicken, daß ich nicht an eine zweifellose Rechtlichkeit Ihrerseits glaube... Darauf setzte ich ihr auseinander, daß das Unternehmen in Charonne durch Ihren Untergang gleichfalls zu Grunde gehen müsse und daß es am besten wäre, den Vorschlag anzunehmen, welchen Sie mir gemacht, nämlich meine Frau dadurch zu entlasten, daß Sie ihren Antheil – allerdings für einen Pappenstiel – übernehmen.

      »Das ist nicht sehr schlau erfunden,« meinte der Expropriationsagent. »Und Sie denken, daß Ihre Frau solchen Unsinn glauben wird?«

      Saccard lächelte. Er befand sich heute in mittheilsamer Stimmung.

      »Sie sind zumindest naiv zu nennen, mein Guter,« erwiderte er. »Die eigentliche Geschichte hat im Grunde genommen nichts zu bedeuten; die Details, der Vortrag, Gesten und Ausdrucksweise geben den Ausschlag. Holen Sie mir Rozan her und ich wette mit Ihnen, daß er sich überzeugen läßt, daß wir jetzt Mittag haben. Und bei meiner Frau ist nicht mehr Witz vorhanden, als bei Rozan ... Ich zeigte ihr die Abgründe, an deren Rand wir stehen. Von der bevorstehenden Expropriation hat sie keine Ahnung. Und als sie darüber staunte, daß Sie dicht vor einer Katastrophe stehend, noch daran denken konnten, eine vermehrte Last zu übernehmen, sagte ich ihr, daß Sie Ihren Gläubigern jedenfalls einen boshaften Streich zu spielen gesonnen seien und sie Ihnen dabei zweifellos hinderlich wäre ... Und zum Schluß rieth ich ihr, den Vorschlag anzunehmen, da ich denselben für das einzige Mittel ansehe, sie vor endlosen Plackereien zu bewahren und noch einiges Geld aus den Grundstücken herauszuschlagen.«

      Larsonneau fand die Geschichte noch immer ein wenig brutal. Er war ein Freund der wenig dramatischen Methode; jede seiner Operationen wurde mit der Eleganz einer Salonkomödie angelegt und zur Lösung gebracht.

      »Ich hätte etwas Anderes erfunden,« behauptete er. »Schließlich aber hat Jedermann sein System ... Wir haben also nichts weiter zu thun als zu zahlen.«

      »Hierüber möchte ich mich noch mit Ihnen verständigen,« gab Saccard zur Antwort. »Morgen lege ich meiner Frau die Abtrittserklärung behufs Unterschrift vor und sie wird Ihnen dieselbe blos einhändigen lassen müssen, um den vereinbarten Preis zu beheben ... Ich ziehe es nämlich vor, keinerlei Zusammenkunft zwischen Ihnen und meiner Frau zu bewerkstelligen.«

      Thatsächlich hatte er es so einzurichten verstanden, daß Larsonneau in seinem Hause niemals festen Fuß fassen konnte. Er lud ihn niemals ein und begleitete ihn stets zu Renée, wenn eine Unterredung der beiden Geschaftstheilhaber unvermeidlich geworden, was höchstens dreimal der Fall gewesen. Er arbeitete beinahe ausschließlich als

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