Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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die Stelle nicht behagt haben. Im Allgemeinen war dein Brief sehr geeignet, ihm viel Vertrauen zu deinem Betragen einzuflößen und viel Besorgniß über deinen Hang. Ich gestehe dir, daß diese Pockennarben, die du soviel ansiehst, mir Furcht machen, und fürwahr, die Liebe selbst hat sich nimmer eine gefährlichere Schminke ausgedacht. Ich weiß wohl, für eine Andere wäre das ein Nichts; aber Cousine, vergiß mir ja nicht, daß Die, welche Jugend und Schönheit eines Geliebten nicht hatten verführen können, verloren war bei dem Gedanken an die Leiden, welche er ihretwegen erduldet hatte. Ohne Zweifel hat der Himmel gewollt, daß ihm Spuren von jener Krankheit übrigblieben, um deine Tugend, und dir keine, um die seinige zu üben.

      Ich komme wieder auf den Hauptgegenstand des Briefes zurück. Du weißt, daß ich, nach Empfang des Schreibens von unserem Freunde, Flügel hatte; der Fall war ernster Natur. Aber jetzt, wenn du wüßtest, in was für Verlegenheiten mich die kurze Abwesenheit verwickelt hat, und wie sich meine Geschäfte nun gehäuft haben, so würdest du einsehen, daß es mir unmöglich ist, mein Haus in diesem Augenblicke zu verlassen, wenn ich mir nicht neue Schwierigkeiten bereiten, und mich in die Nothwendigkeit versetzen will, auch noch den Winter hier zu bleiben, womit weder mir, noch dir gedient sein würde. Ist es nicht besser, daß wir uns das Vergnügen versagen, uns zwei oder drei Tage flüchtig zu sehen, um sechs Monate eher bei einander sein zu können? Ich denke auch, es wird nicht unnütz sein, daß ich unseren Philosophen allein und ein wenig bei Muße spreche, sei es, um sein Herz zu sondiren und fest zu machen, oder auch, um ihm einige nützliche Rathschläge zu geben, wie er sich mit deinem Manne und selbst mit dir benehmen müsse; denn ich kann mir nicht denken, daß du mit ihm so recht frei über dergleichen sprechen kannst, und sehe aus deinem Briefe selbst, daß er Rath nöthig hat. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt ihn zu lenken, daß wir für ihn unserem eigenen Gewissen ein Bißchen verantwortlich sind, und bis er sich in völlig freiem Gebrauch seiner Vernunft befinden wird, müssen wir schön etwas helfen. Ich für mein Theil werde mich dieser Sorge stets mit Vergnügen unterziehen; denn er hat meinen Rathschlägen in Dingen, die dem Herzen so viel kosten, willige Folge geleistet, daß ich es ihm nie vergessen werde, und es giebt keinen Mann auf der Welt, seit der meinige nicht mehr ist, den ich so schätzte und liebte, wie ihn. Ich spare ihm auch seinerseits das Vergnügen auf, mir hier einige Dienste zu leisten. Ich habe viele sehr durcheinandergeworfene Papiere, die er mir ordnen helfen soll, und einige schwierige Geschäfte, bei denen ich seine Einsicht und seine Bemühungen nöthig haben werde. Uebrigens denke ich, ihn nur höchstens fünf bis sechs Tage bei mir zu behalten, und vielleicht schicke ich ihn dir schon den andern Tag zurück; denn ich bin zu eitel, um zu warten, bis ihn die Ungeduld ergreife, wieder hinüberzukommen, und habe ein zu gutes Auge, um mich in dieser Hinsicht zu täuschen.

      Versäume also nicht, ihn mir, sobald er wiederhergestellt sein wird, zu schicken, ich meine, ihn herreisen zu lassen, oder ich werde keinen Spaß verstehen. Du weißt, wie ich lache, wann ich weine und deshalb nicht weniger traurig bin, so lache ich auch, wann ich grolle und bin deshalb nicht weniger erzürnt. Wenn du recht artig bist und Alles recht hübsch machst, so verspreche ich, dir durch ihn ein nettes, kleines Geschenk zu schicken, das dir Vergnügen machen wird, und noch dazu sehr großes Vergnügen; aber wenn du wich schmachten lässest, so kriegst du Nichts, das sage ich dir.

      N. S. Apropos, sage mir doch, raucht unser Seemann? Flucht er? Trinkt er Branntwein? Trägt er einen großen Säbel? Hat er ein rechtes Flibustiergesicht? Mein Gott! was ich neugierig bin, zu sehen, wie man aussieht, wenn man von den Antipoden zurückkommt!

      Neunter Brief.

       Frau von Orbe an Frau von Wolmar.

       Inhaltsverzeichnis

      Da, Cousine, da schicke ich dir deinen Sklaven wieder. Ich habe ihn während dieser acht Tage zu dem meinigen gemacht, und er hat seine Ketten so gutwillig getragen, daß man sieht, er ist dazu geboren, Knecht zu sein. Du magst mir nur danken, daß ich ihn nicht noch acht Tage länger behalten habe: denn, mit deiner gütigen Erlaubniß, wenn ich hätte warten wollen, bis er sich bei mir zu langweilen anfinge, so würde ich ihn nicht so bald haben zurückschicken können. Ich habe ihn also ohne Bedenken hier behalten. Bedenken habe ich nur getragen, ihn in meinem Hause wohnen zu lassen. Ich habe manchmal jenen Stolz der Seele in mir gefühlt, welcher die sklavischen Anstandsgesetze verachtet, und welcher der Tugend so wohl ansteht. Ich bin bei dieser Gelegenheit ängstlicher gewesen, ich weiß selbst nicht warum: ich kann nur soviel für gewiß sagen, daß ich mehr Lust hätte, mir aus dieser Zurückhaltung einen Vorwurf, als ein Lob zu machen.

      Aber du, weißt du wohl, warum unser Freund hier so ruhig aushielt? Erstlich, er war bei mir, und ich denke doch, daß Das ein starker Grund ist, sich in Geduld zu schicken. Er ersparte mir viel Schererei, und diente mir in meinen Angelegenheiten; dabei kann sich ein Freund nicht langweilen. Ein dritter Punkt, den du schon errathen hast, wenn du dir's auch nicht merken lässest, ist der, daß er mit mir von dir sprach; und wenn wir die Zeit, welche dieses Geplauder wegnahm, von der, die, er hier zugebracht hat, abziehen wollten, so würdest du sehen, daß mir auf mein Theil sehr wenig übrig geblieben ist. Aber was für ein närrischer Einfall, von dir wegzugehen, um sich das Vergnügen zu verschaffen, von dir zu reden? Nun, nicht so närrisch als man denken sollte. Deine Gegenwart legt ihm Zwang auf; er muß beständig auf sich Acht haben; die geringste Indiscretion würde zu einem Verbrechen werden, und in solchen gefährlichen Momenten hört ein redliches Herz nichts als die Stimme der Pflicht; aber entfernt von dem Gegenstande, der einem theuer war, verstattet man sich zurückzudenken. Wenn man ein Gefühl erstickt, das strafbar geworden, warum sollte man sich einen Vorwurf daraus machen, daß man es gehabt hat, als es noch nicht strafbar war? Kann die süße Erinnerung an ein Glück, dessen Genuß erlaubt war, je verbrecherisch sein? Siehe, das ist, denke ich, eine Betrachtung, die für dich nicht passen würde, die er sich aber im Grunde erlauben kann. Er hat gleichsam die Laufbahn seiner alten Liebschaft noch einmal durchmessen; seine frühere Jugend hat sich in unseren Gesprächen abermals vor ihm aufgerollt; er machte mich zum zweiten Male zur Vertrauten aller seiner Herzensangelegenheiten; er rief sich jene glückliche Zeit zurück, wo es ihm vergönnt war, dich zu lieben: er führte mir vor die Seele das reizende Bild einer unschuldigen Flamme .... Ohne Zweifel hat er es verschönert.

      Er hat von seinem gegenwärtigen Zustande, in Bezug zu dir, wenig mit mir gesprochen, und was er mir in dieser Hinsicht sagte, hatte mehr von Achtung und Bewunderung, als von Liebe an sich: so sehe ich ihn denn weit beruhigter über sein eigenes Herz zurückkehren, als er hergekommen ist. Wohl nimmt man wahr, daß sich, sobald von dir die Rede ist, in diesem zu empfindsamen Herzen eine gewisse Wehmuth regt, der jedoch, nicht minder rührend, die Freundschaft, die jetzt allein darin herrschen darf, eine andere Farbe giebt: aber ich habe seit langer Zeit bemerkt, daß Niemand dich sehen oder an dich denken kann und kaltblütig bleiben, und wenn man zu dem allgemeinen Gefühle, welches dein Anblick erweckt, das süßere Gefühl hinzurechnet, welches ein unauslöschliches Andenken in ihm rege erhalten muß, so wird man finden, daß es auch bei der strengsten und reinsten Tugend schwer, vielleicht unmöglich für ihn sein muß, anders zu sein, als er ist. Ich habe ihn ausgeforscht, bin ihm aufmerksam gefolgt, habe ihn so genau beobachtet, als es mir möglich war: ich vermag nicht deutlich in seiner Seele zu lesen, vermag er es selbst doch nicht besser; aber dafür kann ich wenigstens einstehen, daß er das Gewicht deiner und seiner Pflichten vollkommen fühlt, und daß der Gedanke an Julie, als ein verächtliches und verderbtes Geschöpf, ihm nicht minder grauenvoll sein würde, als der Gedanke an seine eigene Vernichtung. Cousine, ich habe dir nur einen Rath zu geben, den bitte ich dich zu beachten: vermeide es, dich aus die Vergangenheit im Einzelnen einzulassen, und ich stehe dir für die Zukunft.

      Was die Auslieferung betrifft, die du gewünscht hast, so ist daran nicht zu denken. Nachdem ich alle ersinnlichen Gründe erschöpft hatte, habe ich ihn gebeten, ihm zugesetzt, ihn beschworen, ihn gescholten, ihn geküßt, ihn bei beiden Händen genommen, ja, hätte mich ihm zu Füßen geworfen, wenn er es zugelassen hätte; aber er hat mich nicht einmal anhören wollen, er ist in seinem Eigensinn

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