Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Alter in Ruhe hinzubringen? Erzeigen Sie mir die Wohlthat, zu meinen Gunsten an den Herrn Baron zu schreiben. Wenn er unzufrieden mit mir ist, so möge er mich wegjagen und mir nicht einen Posten geben; wenn ich ihm aber vierzig Jahre lang treu gedient habe, so möge er mich meine Tage in seinem und Ihrem Dienste beschließen lassen; besser belohnen kann er mich nicht." Es ist keine Frage, ob Julie schrieb. Ich sehe, daß es ihr eben so leid sein würde, diesen braven Menschen zu verlieren, als ihm, sie zu verlassen. Habe ich Unrecht, Milord, Herren, die so geliebt sind, mit Vätern zu vergleichen, und ihre Diener mit ihren Kindern? Sie sehen, daß sie selbst sich nicht anders betrachten.

      Es ist in diesem Hause ohne Beispiel, daß ein Bedienter seinen Abschied gefordert hätte; es ist sogar selten, daß einem mit Verabschiedung gedroht werde. Diese Drohung wird um so mehr gefürchtet, je mehr der Dienst angenehm und milde ist; die besten Leute haben immer die größte Furcht davor, und man hat nie nöthig, zur Ausführung der Drohung zu schreiten, außer bei solchen, um die es kein großer Schade ist. Es herrscht auch hierbei eine gewisse Regel, Wenn Herr von Wolmar gesagt hat: „Ich jage dich weg," so kann man die Verwendung der Frau vom Hause ansprechen, erlangt sie manchmal und wird auf ihre Bitte wieder zu Gnaden angenommen; ein Abschied aber, den sie ertheilt, ist unwiderruflich, und es ist keine Gnade mehr zu hoffen. Diese Verfahrungsart ist sehr zweckmäßig, um eben sowohl zu verhindern, daß man sich auf das weiche Herz der Frau zu sehr verlasse, als auch, daß man die Unbeugsamkrit des Mannes übermäßig fürchte. Es bleibt jedoch nicht aus, daß jenes Wort im Munde eines Herrn, der stets gerecht ist und niemals Zorn blicken läßt, ein Schreckenswort ist. Denn abgesehen davon, daß man nicht sicher darauf rechnen kann, Gnade zu erlangen, und daß diese niemals zwei Mal dem Nämlichen gewährt wird, verliert man durch dieses bloße Wort sein Altersrecht und wird, wenn mau im Dienste bleiben darf, als ein neu eingetretener betrachtet. So ist der Unverschämtheit vorgebeugt, die alten Bedienten eigen zu werden pflegt, und sie nehmen sich um so mehr in Acht, je mehr sie zu verlieren haben.

      Die weibliche Dienerschaft besteht aus der Kammerfrau, der Wärterin der Kinder und der Köchin. Die letztere ist eine sehr reinliche und der Küche sehr kundige Bäuerin, der Frau von Wolmar selbst das Kochen gelehrt hat; denn in diesem noch unverkünstelten Lande [Unverkünstelt! Es hat sich somit sehr verändert.] lernen die jungen Personen jedes Standes Alles selbst machen, was dereinst in ihrem Hause ihre weiblichen Dienstboten zu thun haben werden, damit sie ihnen im Nothfall selbst Anleitung geben können und sich nicht von ihnen betrügen lassen. Kammerfrau ist nicht mehr Babi; diese ist nach Étange geschickt worden, von wo sie gebürtig ist; man hat ihr die Aufsicht über das Schloß und über Alles, was eingeht, anvertraut, so daß sie die dortige Oekonomie gewissermaßen zu controliren hat. Herr von Wolmar hatte in seine Frau schon lange gedrungen, diese Einrichtung zu treffen, ohne daß er sie dazu bringen konnte, eine alte Dienerin ihrer Mutter von sich zu entfernen, obgleich ihr Babi viel Ursache zu Klagen gegeben hatte. Endlich hat sie, als die Sache das letzte Mal zur Sprache kam, darein gewilligt, und Babi ist nach Étange abgegangen. Sie ist eine verständige und treue Person, aber schwatzhaft und nicht verschwiegen. Ich vermuthe, daß sie mehr als einmal die Geheimnisse ihrer Herrin verrathen hat, daß dies Herrn von Wolmar nicht unbekannt ist, und daß der kluge Mann, um unvorsichtigen Aeußerungen zuvorzukommen, die ihr vielleicht auch einmal gegen Fremde entschlüpfen könnten, eine solche Auskunft getroffen hat, daß Babi's gute Eigenschaften der Herrschaft zu Statten kommen, ohne daß ihr ihre schlechten Eigenschaften schaden können. An Babi's Stelle ist die Fanchon Regard gekommen, von der Sie sich früher so gern von mir erzählen ließen. Trotz der Voraussagung Juliens, und ungeachtet ihrer Wohlthaten, sowie derer ihres Vaters und der Ihrigen, ist diese so sittsame und verständige junge Frau in ihrem Hausstande nicht glücklich gewesen. Claude Anet, der sich in seinem Unglück so wacker gezeigt hatte, ist in besseren Umständen sich nicht treu geblieben. Sobald er sich in einer gemächlichen Lage befand, vernachlässigte er sein Handwerk, und nachdem er gänzlich in Unordnung gerathen war, lief er aus dem Lande, und ließ seine Frau mit einem Kinde zurück, das sie aber seitdem verloren hat. Julie nahm sie zu sich, unterwies sie in den kleinen Verrichtungen einer Kammerfrau, und ich hatte nie eine angenehmere Ueberraschung, als da ich sie am Tage meiner Ankunft in ihrer Thätigkeit fand. Herr von Wolmar hält sehr viel von ihr, und Beide haben ihr die Sorge anvertraut, auf die Kinder und auf deren Wärterin Acht zu haben. Diese letztere ist auch eine Bäuerin, eine simple und leichtgläubige Person, aber aufmerksam, geduldig und willig So ist nichts versäumt worden, um zu verhüten, daß die Laster, die das Stadtleben erzeugt, in ein Haus eindringen, dessen Herrschaft selbst von ihnen frei ist und sie nicht duldet.

      Obgleich alle Bediente nur Einen Tisch haben, findet übrigens doch wenig Gemeinschaft zwischen den beiden Geschlechtern statt; dieser Punkt wird hier als ein sehr wichtiger betrachtet. Man ist nicht der Meinung jener Herrschaften, die für Alles gleichgültig sind, außer für ihr Interesse und nur gut bedient sein wollen, ohne sich im Uebrigen um Das zu kümmern, was ihre Leute thun. Man denkt im Gegentheil, daß diejenigen, die auf nichts weiter sehen, als auf gute Bedienung, nicht lange gut bedient sein werden. Zu genaue Verbindungen unter den Dienstboten verschiedenen Geschlechts erzeugen nur Unheil. Aus dem heimlichen Zusammenstecken mit den Kammerfrauen entspringen die meisten häuslichen Unordnungen. Wenn etwa eine derselben dem Haushofmeister gefällt, so wird er sie unfehlbar auf Kosten der Herrschaft verführen. Der Zusammenhalt der Mannspersonen blos unter sich, und ebenso der Frauenzimmer unter einander, hat nicht Festigkeit genug, um Folgen nach sich zu ziehen. Zwischen Mannspersonen und Frauenzimmern aber kommen jene geheimen Monopole zu Stande, welche auf die Länge die wohlhabendsten Familien zu Grunde richten. Es wird daher hier darauf gehalten, daß die Frauen im Hause sich anständig und züchtig betragen, nicht nur aus Gründen der Sittlichkeit und Schicklichkeit, sondern auch aus einem sehr wohlverstandenen Interesse; denn, sage man was man wolle, Niemand erfüllt gehörig seine Pflicht, wenn er sie nicht liebt, und immer nur Leute von Ehrgefühl sind im Stande, ihre Pflicht zu lieben.

      Zur Verhütung einer gefährlichen Vertraulichkeit zwischen den beiden Geschlechtern, belädt man die Leute hier nicht etwa mit Vorschriften und Verhaltungsregeln, die sie nur in Versuchung sein würden heimlich zu übertreten, sondern man wirkt darauf hin, daß wie von selbst der Brauch entsteht, der mächtiger ist, als aller Befehl. Man verbietet ihnen nicht, sich zu sehen, aber man sorgt dafür, daß sie weder Gelegenheit noch Lust dazu haben. Dies erreicht man dadurch, daß man ihnen in Beschäftigungen, Gewohnheiten, Neigungen und Vergnügungen unterschiedene Richtungen giebt. Durch die bewunderungswürdige Ordnung, welche im Hause herrscht, werden sie unvermerkt darauf geführt, daß in einem wohlgeregelten Wirthschaftswesen die Mannspersonen und Frauenzimmer wenig Verkehr mit einander haben müssen. Mancher, der in diesem Punkte in dem ausgesprochenen Willen seines Herrn nur einen ungerechten Eigensinn finden würde, unterwirft sich ohne Widerstand einer Lebensart, die man ihm nicht förmlich vorschreibt, die sich ihm aber von selbst als die beste und natürlichste aufdrängt. Sie ist dies, Juliens Meinung nach, in der That; Julie behauptet, daß auch aus der Liebe und aus der ehelichen Vereinigung nicht ein beständiger Verkehr der beiden Geschlechter mit einander fließe. Ihrer Ansicht nach sind Mann und Frau wohl bestimmt, zusammen zu leben, aber nicht auf gleiche Weise; sie sollen übereinstimmend handeln, ohne die nämlichen Dinge zu thun. Das Leben, welches für den einen Theil Reiz hat, sagt sie, würde dem anderen unerträglich sein; die Neigungen, welche ihnen die Natur einpflanzt, sind ebenso abweichend von einander, als die Verrichtungen, die sie ihnen zuweist; ihre Ergötzungen sind nicht weniger verschieden, als ihre Pflichten; mit einem Worte, Beide tragen zum gemeinsamen Glücke auf unterschiedenen Wegen bei und diese Thelung der Geschäfte und Tätigkeiten ist das stärkste Band ihrer Vereinigung.

      Ich muß gestehen, daß meine eigenen Beobachtungen sehr zu Gunsten dieses Grundsatzes sprechen. Ist es nicht in der That stehender Gebrauch bei allen Völkern der Welt, außer dem französischen und denen, die ihm nachahmen, daß die Männer unter sich leben und die Frauen unter sich? Wenn sie einander sehen, so geschieht das, wie bei den spartanischen Eheleuten, mehr gelegentlich und fast verstohlen, als in lästigem, unausgesetztem Beieinandersein, das nur dazu führen kann, die von der Natur auf's Weiseste geordneten Besonderheiten zu vermengen und zu verunstalten; selbst bei den Wilden sieht man nicht unterschiedlos Männer und Frauen gemischt. Abends versammelt sich die Familie, und die Nacht bringt Jeder bei seiner Frau zu; mit dem Tage beginnt wieder

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