Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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machen, daß Sie gleich morgen abreisen können: Sie werden mir unter der Addresse schreiben, die ich Ihnen schicke, und werden mir von Sion aus die Ihrige aufgeben.

      Sie haben mir über Ihre Verhältnisse nie etwas sagen wollen, aber Sie sind nicht zu Hause; ich weiß, daß Sie wenig Vermögen daheim haben und daß es durch Ihren hiesigen Aufenthalt nur in Unordnung kommt, den Sie nicht fortsetzen würden, wenn ich nicht wäre. Ich kann also annehmen, daß sich ein Theil Ihrer Casse in der meinigen befindet, und ich schicke Ihnen eine kleine Abschlagszahlung in einer Börse, welche das beifolgende Kästchen enthält, das Sie nicht in Gegenwart des Ueberbringers eröffnen dürfen. Ich hüte mich wohl, den Schwierigkeiten entgegen zu laufen; ich schätze Sie zu sehr, als daß ich Sie für fähig halten sollte, es zu thun.

      Ich verbiete Ihnen, nicht nur ohne meine Ordre zurückzukommen, sondern auch uns Adieu zu sagen. Sie können an meine Mutter oder an mich schreiben, einfach um uns zu benachrichtigen, daß Sie durch ein unvorhergesehenes Geschäft genöthigt sind, auf der Stelle abzureisen, und mir, wenn Sie wollen, einige Anweisung geben, was ich bis zu Ihrer Rückkunft lesen soll. Das alles müssen Sie ganz natürlich einrichten und ohne irgend etwas Geheimnißvolles durchblicken zu lassen. Adieu, mein Freund! Vergessen Sie nicht, daß Sie Juliens Herz und Ruhe mitnehmen.

      Sechzehnter Brief.

       Antwort.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich lese Ihren fürchterlichen Brief nochmals und zittere bei jeder Zeile. Ich werde indessen gehorchen, ich habe es gelobt, es ist meine Pflicht; ich werde gehorchen. Aber Sie wissen nicht, nein, Grausame, Sie werden es niemals wissen, was ein solches Opfer meinem Herzen kostet. Ach! Sie hatten die Versuchung im Gebüsch nicht nöthig, um es mir fühlbar zu machen: diese raffinirte Grausamkeit hätte sich Ihr fühlloses Herz ersparen können, und ich kann Sie wenigstens dreist herausfordern, mich nun noch unglücklicher zu machen, wenn Sie können.

      Sie erhalten Ihr Kästchen uneröffnet zurück. Es ist zu viel, Beschimpfung zur Grausamkeit hinzuzufügen; wenn ich Sie zur Herrin meines Schicksals gemacht habe, so habe ich Ihnen doch nicht über meine Ehre Macht gegeben. Diese ist ein geheiligtes Pfand (das einzige, leider! das mir bleibt), welches ich bis an das Ende meines Lebens keinem Andern anvertrauen werde als mir selbst.

      Siebzehnter Brief.

       Gegenantwort.

       Inhaltsverzeichnis

      Ihr Brief dauert mich; es ist das erste Mal, daß Sie ohne allen Verstand geschrieben haben.

      Ich kränke also Ihre Ehre, für die ich tausend Mal mein Leben geben würde? Ich kränke also deine Ehre, Undankbarer, der du mich bereit gesehen hast, dir die meinige zu opfern? Wo ist sie denn diese Ehre, die ich kränke? Sage mir's doch, niedrige Seele, Herz ohne Zartgefühl! Ach! wie bist du verächtlich, wenn du nur eine Ehre hast, von der Julie nichts weiß! Wie? Die, welche ihr Schicksal theilen wollen, sollten nicht ihr Gut zu theilen wagen, und Der, welcher Metier davon macht, mein zu sein, findet sich beschimpft durch meine Gaben? Und seit wann ist es eine Gemeinheit, von Dem etwas anzunehmen, den man liebt? Seit wann entehrt das, was das Herz giebt, das Herz, welches es annimmt? Aber man verachtet einen Menschen, der von einem Anderen annimmt; man verachtet Den, dessen Bedürfnisse sein Vermögen übersteigen. Und wer verachtet ihn? Gemeine Seelen, welche die Ehre in den Reichthum setzen und die Tugenden nach dem Gewicht des Goldes wägen. Baut auch ein braver Mann auf so elende Grundsätze seine Ehre? Und ist nicht das Vorurtheil des Vernünftigen sogar zu Gunsten des Aermeren?

      Ohne Zweifel giebt es verächtliche Geschenke, die ein Ehrenmann nicht annehmen kann; aber merken Sie, daß solche nicht weniger die Hand entehren, welche sie giebt, und daß ein Geschenk, welches sich mit Ehren machen läßt, stets mit Ehren anzunehmen ist; und fürwahr, mein Herz macht mir wegen dieses Geschenks keinen Vorwurf; es ist vielmehr stolz darauf. [Sie hat Recht. An dem geheimen Beweggrund zu diesem Reiseplan sieht man, daß Geld niemals ehrenhafter angewendet worden. Schade nur, daß diese Anwendung nicht bessere Frucht getragen.] Ich wüßte nichts Verächtlicheres als einen Mann, dessen Herz und Mühwaltung man kauft, außer etwa das Weib, welches so kauft: aber unter zwei verbundenen Herzen ist die Gemeinschaft der Güter Recht und Pflicht; und wenn ich mich noch im Rückstand befinde mit dem, was ich mehr habe als Sie, nehme ich ohne Bedenken das an, was ich zurückbehalte, und habe von Ihnen, was ich Ihnen nicht gegeben habe. Ach! wenn die Gaben der Liebe zur Last fallen, welches Herz kann dann je erkenntlich sein?

      Fürchten Sie vielleicht, daß ich mir entziehe, was ich Ihnen mittheile? Ich will Ihnen von dem Gegentheil einen unwiderleglichen Beweis geben. Die Börse, welche ich Ihnen wieder sende, enthält das Doppelte von dem, was zuerst darin war, und wenn ich wollte, könnte ich noch einmal verdoppeln. Mein Vater giebt mir zu dem, was ich brauche, ein Jahrgeld, das freilich nur gering ist, aber das ich nie an zurühren brauche, so sehr sorgt meine Mutter für Alles, gar nicht zu rechnen, daß mein Sticken und Spitzenklöpfeln und zwar jedes allein hinreichen würde, mich in Stand zu halten. Es ist wahr, daß ich nicht immer so reich gewesen bin: der sorgenvolle Zustand, in den mich eine unselige Leidenschaft versetzt hat, ist Schuld, daß ich Manches vernachlässigte, wozu ich sonst meine Überschüsse anzuwenden pflegte: ein Grund mehr, sie so zu verwenden, wie ich thue: Sie müssen gedemüthigt werden zur Strafe für das Leid, das Sie mir zugefügt haben, und die Liebe soll die Schuld büßen, zu welcher sie verleitet.

      Doch zur Hauptsache. Sie sagen, die Ehre verbiete Ihnen, Geschenke von mir anzunehmen. Wenn das ist, so habe ich nichts weiter zu sagen und ich gebe Ihnen vollkommen Recht, daß Sie streng darauf halten müssen. Wenn Sie mir das also beweisen können, so thun Sie es klar, unwiderleglich und ohne Spitzfindigkeiten; denn Sie wissen, daß ich die Sophistereien nicht leiden kann. Sie können mir dann die Börse wiedergeben, ich nehme sie zurück, ohne mich zu beklagen, und es soll nicht weiter die Rede davon sein.

      Aber da ich weder silbenstecherische Leute noch den falschen Point d'Honneur liebe, so sage ich Ihnen: wenn Sie mir das Kästchen noch einmal ohne Rechtfertigung zurückschicken oder wenn Ihre Rechtfertigung nichts taugt, so sehen wir uns nicht wieder. Adieu; merken Sie sich's.

      Achtzehnter Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich habe Ihr Geschenk angenommen, ich bin abgereist, ohne Sie zu sehen, nun bin ich schon weit von Ihnen: hat nun Ihre Tyrannei genug, und habe ich meinen Gehorsam hinlänglich bewiesen?

      Ich kann Ihnen von meiner Reise nichts sagen; kaum weiß ich, wie ich sie gemacht habe. Ich habe drei Tage gebraucht, um zwanzig Lieues zurückzulegen; jeder Schritt, der mich von Ihnen entfernte, trennte meinen Leib von meiner Seele und gab mir einen Vorgeschmack des Todes. Ich hatte den Vorsatz, Ihnen Alles zu beschreiben, was ich sehen würde. Ich habe aber nichts gesehen als Sie und kann Ihnen nichts schildern als Julie, In Folge der heftigen Aufregungen, die mich Schlag auf Schlag getroffen haben, befand ich mich in einer unablässigen Zerstreutheit; ich fühlte mich beständig da, wo ich nicht war: kaum hatte ich Besinnung genug, um mich nicht zu verirren oder nach dem Wege zu fragen, und ich bin in Sion angekommen, ohne Vevay verlassen zu haben.

      So habe ich das Geheimniß gefunden, Ihre Härte zu Schanden zu machen, und ohne Ihnen ungehorsam zu sein, Sie doch zu sehen. Ja, Grausame, was Sie auch thun mochten, ganz haben Sie mich nicht von sich trennen können. Ich habe in mein Exil nur den kleinsten

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