Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Es ist oft angenommen worden, daß die Thiere an erster Stelle gesellig gemacht wurden, und daß sie als Folge hiervon sich ungemüthlich fühlten, wenn sie von einander getrennt wurden, und gemüthlich, so lange sie zusammen waren. Eine wahrscheinlichere Ansicht ist aber die, daß diese letzteren Empfindungen zuerst entwickelt wurden, damit diejenigen Thiere, welche durch das Leben in Gesellschaft Nutzen hätten, veranlaßt würden, zusammen zu leben, in derselben Weise wie das Gefühl des Hungers und das Vergnügen am Essen ohne Zweifel zuerst erlangt wurden, um die Thiere zum Essen zu veranlassen. Das Gefühl des Vergnügens an Gesellschaft ist wahrscheinlich eine Erweiterung der elterlichen oder kindlichen Zuneigungen, da der sociale Instinct dadurch im Jungen entwickelt worden zu sein scheint, daß es lange bei seinen Eltern blieb; und diese Erweiterung dürfte zum Theil der Gewohnheit, hauptsächlich aber der natürlichen Zuchtwahl zuzuschreiben sein. Bei denjenigen Thieren, welche durch das Leben in enger Gemeinschaft bevorzugt wurden, werden diejenigen Individuen, welche das größte Vergnügen an der Gesellschaft empfanden, am besten verschiedenen Gefahren entgehen, während diejenigen, welche sich am wenigsten um ihre Kameraden kümmerten und einzeln lebten, in größerer Anzahl umkommen werden. Was den Ursprung der elterlichen und kindlichen Zuneigungen betrifft, welche, wie es scheint, den socialen Neigungen zu Grunde liegen, so kennen wir die Stufen ihrer Entwicklung nicht; wir können aber annehmen, daß sie zum großen Theil durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. So ist dies fast sicher der Fall gewesen bei den ungewöhnlichen und entgegengesetzten Gefühlen des Hasses gegen die nächsten Verwandten, wie bei den Arbeiterbienen, welche ihre Drohnenbrüder tödten, und bei den Bienenköniginnen, welche ihre Tochterköniginnen tödten. Es ist nämlich hier der Trieb, ihre nächsten Verwandten zu zerstören, statt sie zu lieben, für die Gemeinschaft von Nutzen gewesen. Elterliche Liebe oder irgend ein dieselbe ersetzendes Gefühl hat sich bei gewissen, außerordentlich tief stehenden Thieren entwickelt, z. B. bei Seesternen und Spinnen. Sie ist auch gelegentlich allein bei einigen wenigen Gliedern einer Thiergruppe vorhanden, so bei der Gattung Forficula, dem Ohrwurm. Das überaus wichtige Gefühl der Sympathie ist verschieden von dem der Liebe. Eine Mutter kann ihr schlafendes und passiv da liegendes Kind leidenschaftlich lieben, aber man kann kaum sagen, daß sie dann Sympathie für dasselbe fühle. Die Liebe eines Menschen zu seinem Hunde ist verschieden von Sympathie; in ähnlicher Weise ist es die Liebe eines Hundes für seinen Herrn. Wie früher Adam Smith, so hat neuerdings Mr. Bain behauptet, daß der Grund der Sympathie in der starken Nachwirkung liege, welche wir von früheren Zuständen des Leidens oder Vergnügens empfinden. In Folge dessen »erweckt der Anblick einer anderen Person, welche Hunger, Kälte, Ermüdung erduldet, in uns eine Erinnerung an dieselben Zustände, welche selbst in der Idee schmerzlich sind«. Wir werden auf diese Weise veranlaßt, die Leiden eines Anderen zu mildern, um zu gleicher Zeit auch unsere eigenen schmerzlichen Gefühle zu besänftigen. In gleicher Weise werden wir veranlaßt, an der Freude Anderer theilzunehmen.254 Ich kann aber nicht einsehen, wie diese Ansicht jene Thatsache erklärt, daß Sympathie in einem unmeßbar stärkeren Grade von einer geliebten Person als von einer indifferenten erregt wird. Der bloße Anblick des Leidens, ganz unabhängig von Liebe, würde ja schon hinreichen, lebhafte Erinnerungen und Associationen in uns zu erwecken. Die Erklärung dürfte in der Thatsache zu finden sein, daß bei allen Thieren Sympathie allein auf die Glieder einer und derselben Gemeinschaft, daher auf bekannte und mehr oder weniger geliebte Mitglieder, aber nicht auf alle Individuen einer und derselben Species sich bezieht. Diese Thatsache ist nicht überraschender, als die, daß die Furcht bei vielen Thieren sich nur auf gewisse Feinde bezieht. Arten, welche nicht gesellig leben, wie Löwen und Tiger, fühlen ohne Zweifel Sympathie mit dem Leiden ihrer Jungen, aber nicht mit dem irgend eines anderen Thieres. Beim Menschen verstärkt wahrscheinlich Selbstsucht, Erfahrung, Nachahmung, wie Mr. Bain gezeigt hat, die Kraft der Sympathie; denn die Hoffnung, in Erwiderung Gutes zu erfahren, treibt uns dazu, Handlungen sympathischer Freundlichkeit Anderen zu erweisen; und dann wird das Gefühl der Sympathie sehr durch die Gewohnheit verstärkt. Wie compliciert auch die Weise sein mag, in welcher dieses Gefühl zuerst entstanden sein mag, da es eines der bedeutungsvollsten für alle diejenigen Thiere ist, welche einander helfen und vertheidigen, so wird es durch natürliche Zuchtwahl vergrößert worden sein; denn diejenigen Gemeinschaften, welche die größte Zahl der sympathischsten Mitglieder umfassen, werden am besten gedeihen und die größte Anzahl von Nachkommen erzielen.
In vielen Fällen ist es indessen unmöglich, zu entscheiden, ob gewisse sociale Instincte durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind, oder ob sie das indirecte Resultat anderer Instincte und Fähigkeiten sind, wie der Sympathie, des Verstandes, der Erfahrung und einer Neigung zur Nachahmung, oder ferner, ob sie einfach das Resultat lange fortgesetzter Gewohnheit sind. Ein so merkwürdiger Instinct wie der, Wachen aufzustellen, um die ganze Gemeinschaft vor Gefahr zu warnen, kann kaum das indirecte Resultat irgend einer jener Fähigkeiten gewesen sein; er muß daher direct erlangt worden sein. Auf der anderen Seite mag die Gewohnheit, nach welcher die Männchen einiger socialen Thiere die Herde zu vertheidigen und ihre Feinde oder ihre Beute gemeinsam anzugreifen pflegen, vielleicht aus gegenseitiger Sympathie entstanden sein; aber Muth, und in den meisten Fällen auch Kraft, muß schon vorher und wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sein.
Von den verschiedenen Instincten und Gewohnheiten sind einige viel stärker als andere, d. h. einige verursachen entweder mehr Vergnügen, wenn sie ausgeführt werden, und mehr Unbehagen, wenn sie verhindert werden, als andere, oder, und dies ist wahrscheinlich völlig ebenso bedeutungsvoll, sie werden viel beständiger in Folge der Vererbung befolgt, ohne irgend ein specielles Gefühl der Freude oder des Schmerzes zu erregen. Wir selbst sind uns dessen wohl bewußt, daß manche Gewohnheiten viel schwerer zu heilen oder zu ändern sind, als andere. Man kann daher auch oft bei Thieren einen Kampf zwischen verschiedenen Instincten beobachten, oder zwischen einem Instinct und einer gewohnheitsgemäßen Neigung: so wenn ein Hund auf einen Hasen losstürzt, gescholten wird, pausiert, zweifelt, wieder hinausjagt oder beschämt zu seinem Herrn zurückkehrt; oder wenn eine Hündin zwischen der Liebe zu ihren Jungen und zu ihrem Herrn kämpft, denn man sieht sie sich zu jenen wegschleichen, gewissermaßen als schäme sie sich, nicht ihren Herrn zu begleiten. Das merkwürdigste mir bekannte Beispiel aber von einem Instinct, welcher einen anderen bezwingt, ist der Wanderinstinct, welcher den mütterlichen überwindet. Der erstere ist wunderbar stark; ein gefangener Vogel schlägt zu der betreffenden Zeit seine Brust gegen den Draht seines Käfigs, bis sie nackt und blutig ist; er veranlaßt junge Lachse, aus dem Süßwasser herauszuspringen, wo sie ruhig weiter leben könnten, und führt sie damit unabsichtlich zum Selbstmord. Jedermann weiß, wie stark der mütterliche Instinct ist, welcher selbst furchtsame Vögel ermuthigt, größerer Gefahr sich auszusetzen, doch immer mit Zaudern und im Widerstreit mit dem Instincte der Selbsterhaltung. Nichtsdestoweniger ist der Wanderinstinct so mächtig, daß spät im Herbst Ufer- und Hausschwalben häufig ihre zarten Jungen verlassen und sie elendiglich in ihren Nestern umkommen lassen.256
Wir können wohl sehen, daß ein instinctiver Antrieb, wenn er in irgendwelcher Weise einer Species vortheilhafter ist als irgend ein anderer oder entgegengesetzter Instinct, durch natürliche Zuchtwahl der kräftigere von beiden werden kann; denn diejenigen Individuen,