Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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das erste Mal versucht wurde. An diesem Orte konnte wohl nur ein Gottmensch 40 Tage leben, ein Anderer würde schwerlich einige Tage ausgehalten haben, ohne dem Hungertode zu erliegen. Jede Vegetation hört auf, weder Strauch noch Wurzel sind sichtbar, und das Bett des Cedron ist ohne Wasser. Dieser Fluß erscheint nur während der Regenzeit, da hat er seinen Lauf in einer mächtigen Tiefe. Die herrlichsten Felsenterrassen, von der Natur so schön und gleichförmig gebildet, daß man beim ersten Anblick sehr überrascht wird, engen ihn gleich Gallerien von beiden Seiten ein.

      Todtenstille war über die ganze Gegend gelagert, nur die Tritte unserer Pferde widerhallten einförmig von den Felsen, zwischen welchen sie sich mühsam jeden Schritt erkämpfen mußten. Einige Vögelchen schwirrten dann und wann über unsere Köpfe lautlos und ängstlich, als ob sie ihres Weges irre geworden wären. — Endlich wendet sich der Pfad um eine Ecke, — und welch' überraschender Anblick! ein großes, schönes Gebäude, umgeben von einer äußerst starken mit mehreren Schießscharten versehenen Festungsmauer, breitet sich unten am Flußbette aus, und zieht sich terrassenförmig am Hügel empor. Von dem Standpunkte, wo wir uns befanden, konnten wir das Ganze in seinem Umfange und auch im Innern überschauen, — es lag befestigt und doch wieder ganz offen vor uns. Mehrere Gebäude, vor allen eine Kirche mit einer kleinen Kuppel, sagten uns deutlich, St. Saba liege vor uns.

      Am jenseitigen Ufer, ungefähr 700 — 800 Schritte vom Kloster entfernt, sahen wir einen einzelnen, viereckigen, sehr festen Thurm. Wohl dacht' ich nicht, mit diesem verlassenen Thurme so bald in nähere Verbindung zu kommen.

      Die Geistlichen sahen unsern Zug den Berg Herabkommen, und auf das erste Klopfen that sich das Pförtchen auf. Die Herren, die Diener, und die Araber und Beduinen wurden alle eingelassen, und als an mich die Reihe kam, hieß es: Clausur! Ich war also ausgeschlossen, und dachte schon diese Nacht unter freiem Himmel zubringen zu müssen, was wahrlich in solch' einer gefahrvollen Gegend nicht sehr angenehm gewesen wäre. Endlich kam ein Laienbruder und wies auf jenem Thurm mit dem Bedeuten, man werde mich dort einquartieren. Er holte aus dem Kloster eine Leiter, und ging mit mir zu diesem Thurm; dort legte er sie an, und wir stiegen ungefähr einen Stock hoch zu einem ganz niedrigen eisernen Pförtchen empor, welches er aufschloß, und in das wir hinein krochen. Wir fanden innen einen geräumigen Platz. Eine hölzerne Treppe führte uns höher hinauf zu zwei winzigen Kämmerchen, die ungefähr in der Mitte des Thurmes lagen. Das eine davon, mit einem Altar ausgestattet und durch ein Lämpchen spärlich erleuchtet, diente als Kapelle, das zweite als Schlafgemach für Pilgerinnen. Ein hölzerner Divan war des Letzteren ganze Einrichtung. Mein Führer empfahl sich mit dem Versprechen, später noch einmal zu kommen und mir nebst Speise und Trank auch einen Polster und eine Decke zu bringen.

      Nun war ich also für diese Nacht geborgen, und gleich einer entführten Prinzessin hinter Schloß und Riegel verwahrt. Nicht einmal entfliehen hätte ich können, denn mein Führer hatte das knarrende Pförtchen geschlossen, und die Leiter mit sich fortgenommen. Nachdem ich die Schloßkapelle und mein unvergleichliches Gemach in diesem verwünschten Zwinger von allen Seiten genau betrachtet hatte, stieg ich eine Treppe hinauf, die mich auf die Zinnen des Thurmes leitete. Hier konnte ich die Gegend überschauen, und ich sah auch wirklich von diesem hohen Standpunkte aus einen großen Theil der Wüste und mehrere Reihen von Hügeln und Bergen, die alle nackt und kahl, die Gegend umfingen, ich sah weder Baum noch Strauch, weder Hütte noch Menschen — Alles war öde, alles wie ausgestorben. Die tiefste Stille herrschte in der Natur, und es kam mir gerade so vor, als hätte Gott absichtlich auf diesen Fleck Erde vergessen, um ihn als Wüste für unsern Heiland zu bewahren. Die Sonne sank hinter die Berge, unbelauscht von lebenden Wesen; ich war vielleicht das Einzige in dieser Gegend, das sich dieser Naturscene erfreute. Unwillkührlich sank ich auf die Knie, um Gott auch in seiner wilden Natur zu loben und zu preisen. Mächtig fühlte ich mich von diesem Bilde ergriffen.

      Von dieser Grabesruhe durfte ich nur einen Blick auf das Kloster werfen, das ganz aufgedeckt vor mir lag, und ich sah das regste Leben. Da waren in den Höfen die Beduinen und Araber um die Pferde beschäftigt; sie streuten ihnen Futter oder brachten Wasser, dort breiteten Einige Matten aus, Andere warfen sich auf ihr Antlitz und verehrten unter verschiedenen Formen den nämlichen Gott, den auch ich anbete; da wuschen sich wieder Andere Hände und Füße, um sich, gleich ihren Brüdern, zur Andacht vorzubereiten, — und Geistliche und Laienbrüder schritten eilig über den Hofraum in großer Thätigkeit, so viele Gäste zu beherbergen und zu speisen, während einige meiner Reisegefährten an der Seite standen, in eifrigen Gesprächen begriffen, und Mr. B. und Graf Salm Reifferscheit auf einsamen Ort gelagert, eine Skizze dieses Klosters zeichnend. Von meinem Standpunkte aus hätte man ein Bild entwerfen sollen, wie ich das Kloster sah, — wie der wilde Araber, der diebische Beduine ruhig und gemüthlich neben dem friedlichen Geistlichen und dem neugierigen Europäer seine Geschäfte und Gebräuche vollzog. — Dieser Abend wird mir manche schöne Stunde in der reichen Rückerinnerung gewähren.

      Sehr ungern verließ ich die Zinne des Thurmes, nur die einbrechende Dunkelheit konnte mich in mein Kämmerlein treiben. Spät kam ein Geistlicher und ein Laienbruder in Gesellschaft des Mr. B.. Erstere brachten mir einen Imbiß nebst Decke und Polster, letzterer war so gütig, mich zu fragen, ob ich nicht einige der Diener als Wache zu haben wünsche, da es doch etwas schauerlich seyn müsse, die Nacht ganz allein in solch' einsam stehenden Thurme zuzubringen. Ich war sehr gerührt über die Aufmerksamkeit, welche man mir, einer ganz Fremden, erwies, faßte aber meine ganze Herzhaftigkeit zusammen, und versicherte ihm, daß ich gar keine Angst habe. Darauf empfahlen sich alle; ich hörte die Thüre knarren, das Schloß einfallen und die Leiter hinwegtragen, und war abermals eingeschlossen und für diese Nacht meinem Schicksale überlassen.

      Ich schlief gut. Neugestärkt erwachte ich mit der Sonne, und war schon lange bereit, ehe mein Pförtner kam, mir schwarzen Kaffee zum Frühstück brachte und mich dann zur Klosterpforte geleitete, wo mich meine Reisegefährten lobend begrüßten, und einige darunter sogar gestanden, daß sie es mir nicht nachmachen möchten.

      8. Juni 1842.

      Um 5 Uhr Morgens zogen wir wieder fort, dem todten Meere zu. Nach einem Ritte von 2 Stunden erblickten wir es und zwar scheinbar so nahe, daß wir glaubten, es längstens in einer halben Stunde erreichen zu müssen. Allein der Weg schlängelte sich zwischen den Bergen, bald hinauf und bald wieder hinab, so daß wir erst nach abermaligen zwei Stunden an das Ufer gelangten. Da ist nun Alles — Sand; die Felsen scheinen zu Sand zermalmt; man reitet durch ein Labyrinth ewig gleicher einförmiger Sandberge und Sandhügel, welche, da die räuberischen Beduinen und Araber sich leicht hinter ihnen verbergen können, die Strecke sehr gefährlich machen.

      Ehe man das Ufer erreicht, reitet man über eine Ebene, deren Grund ebenfalls aus tiefen Sand besteht, so zwar, daß die Pferde bei jedem Schritte bis an die Knöchel einsinken.

      Wir begegneten auf dieser ganzen Reise, außer jener Beduinenhorde, die wir unter Zelten gelagert fanden, keiner Seele — ein großes Glück; denn trifft man auf Menschen, so sind es gewöhnlich nur solche, die der Versuchung nicht widerstehen können, sich der Habseligkeiten der Reisenden zu bemächtigen, bei welcher Gelegenheit es selten ohne blutende Köpfe abgeht.

      Der Tag war sehr heiß (33Grad R.). Wir lagerten uns am Gestade des Meeres, im heißen Sand unter dem Schutze der Sonnenschirme. Hartgesottene Eier, ein Stückchen schlechtes Brot und lauwarmes Wasser waren unser Frühstück. Ich kostete das Seewasser, und fand es wirklich viel bitterer, zusammenziehender und salziger, wie jedes andere. Wir tauchten alle die Hände hinein und ließen sie von der Luft abtrocknen, ohne sie vorher mit süßem Wasser abzuspülen, und Niemand von uns Allen bekam im Laufe der Zeit ein Jucken oder einen Ausschlag, wie manche Reisende behaupten. Die Temperatur des Wassers hatte 23 Grad Reaumur, die Farbe desselben ist schmutzig blaßgrün. Nahe am Ufer ist es etwas durchsichtig, aber ein Bischen weiter hinein sieht es trübe aus, und der Blick konnte nicht mehr durchdringen. Auch auf der Oberfläche des Meeres geht die Fernsicht nicht weit. Ein leichter Nebel schien auf ihm zu liegen, so daß wir von der Länge desselben nicht viel überblickten.

      Nach

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