Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Ich ging mit der Spanierin in das Chor der Lateiner, wo von der Mitternachtsstunde bis 1 Uhr laut gebetet wurde. Um 4 Uhr Morgens hörte ich mehrere Messen am heiligen Grabe und kommunizirte daselbst. Um 8 Uhr sperrten die Türken auf mein Begehren die Kirche auf, damit ich nach Hause gehen konnte.
Die wenigen Geistlichen des lateinischen Ritus, welche sich im Kloster zum heil. Grabe befinden, bleiben durch drei Monate unausgesetzt in demselben, um den Dienst in der Kirche zu verrichten. Sie dürfen auf keinen Augenblick Kloster oder Kirche verlassen. Nach drei Monaten werden sie von andern Geistlichen wieder abgelöst.
Am 10. Juni wohnte ich dem Feste des Ritterschlages vom Orden des heiligen Grabes bei. Die Grafen Zichy, Wratislaw und Salm ließen sich zu Rittern des heil. Grabes schlagen, welche Ceremonie in der Kapelle der Lateiner und in der heiligen Grabeskapelle vollzogen wurde.
Der Reverendissimus setzte sich auf den Thronsessel, der künftige Ritter kniete vor demselben nieder, und legte den Schwur ab, die heilige Kirche, die Witwen und Waisen zu schützen u.s.w. Während dem beten die herumstehenden Priester. Nun wurden dem Laien von einem Geistlichen der Sporn Gottfrieds von Bouillon angeschnallt, das Schwert dieses Helden in die Hand gegeben, die Scheide davon umgürtet und das Kreuz sammt der schweren goldenen Kette, ebenfalls von Gottfried von Bouillon herstammend, um den Hals gehängt. Darauf bekam der Kniende den eigentlichen Ritterschlag mit dem Schwerte auf Achseln und Haupt. Die Geistlichen umarmten den neuen Ritter und die Ceremonie war geendet.
Ein gutes Mahl, von den neuen Rittern gegeben, wozu Pater Paul und ich eingeladen waren, machte den Schluß dieses Festes.
Der Oelberg liegt höchstens eine halbe Stunde von Jerusalem entfernt. Man geht durch das Stephansthor, kommt an dem türkischen Friedhofe vorüber, und ist an dem Orte, wo der heilige Stephan gesteiniget wurde. Unweit davon sieht man das Flußbett des Cidron, der jetzt ganz ohne Wasser war. Eine steinerne Brücke führt hinüber; daneben ist eine Steinplatte, auf welcher die Abdrücke von Jesu Füßen, als er von Gethsemane abgeholt und über diese Brücke geführt wurde, wo er strauchelte und fiel, zu sehen sind. Wenn man über die Brücke gegangen ist, kommt man am Fuß des Oelbergs zur Grotte, wo Jesus Blut geschwitzt hat. Man ließ ihr ihre ursprüngliche Gestalt. Ein einfacher hölzerner Altar, erst seit einigen Jahren von einem bairischen Prinzen gestiftet, ist darin, und eine eiserne Pforte schließt den Eingang. Nicht weit davon ist Gethsemane. Hier stehen acht Oelbäume von hohem Alter, nirgens sah ich so große und alte Stämme, obwohl ich oft durch ganze Gehölze von Olivenbäumen kam, wie diese hier, und dennoch soll, nach der Behauptung sachverständiger Männer, es nicht möglich sein, daß ein Oelbaum ein so hohes Alter erreichen könne, um noch aus jener Zeit zu stammen, wo Jesus unter solchen seine letzte Nacht mit Gebet und Betrachtungen zugebracht hat. Da sich aber dieser Baum selbst fortpflanzt, so mögen es Sprößlinge sein. Das Erdreich der Wurzeln dieser acht Bäume ist mit Mauerwerk umgeben, um dem altersschwachen Bäumen eine Stütze zu verschaffen. Den Ort, wo diese acht Bäume stehen, umfaßt eine drei oder vier Schuh hohe Mauer. Kein Laie darf diesen Ort ohne Priester betreten, oder etwas von den Bäumen pflücken; es steht die Exkommunikation als Strafe darauf. Auch der Türke hält diese Bäume in Ehren, und würde keinen beschädigen.
Gleich daneben liegt der Ort, wo die drei Jünger während jener Nacht schliefen, als sich Jesus zum Tode vorbereitete. Man zeigte auf zwei Felsstücke Abdrücke, welche von den Aposteln herrühren sollen (?). Vom dritten Abdrucke könnten wir aber keine Spur entdecken. Etwas entfernt davon ist die Stelle, wo Judas den Verrath beging.
Die kleine Kirche, welche das Grab der heil. Maria in sich schließt, steht nahe an der Grotte der Blutschwitzung. Eine breite Marmortreppe führt über fünfzig Stufen in die Tiefe, an deren Ende man das Grabmal erblickt, welches ebenfalls als Altar benützt wird. Ungefähr in der Mitte der Stiege sind zwei Nischen mit Altären angebracht, die Gebeine der Eltern der heil. Maria, so wie jene des heil. Josephs in sich schließend. Die Kapelle gehört den Griechen.
Vom Fuße des Oelberges bis auf die höchste Spitze desselben hat man bei drei Viertelstunden zu steigen. Der ganze Berg ist öde und unfruchtbar, nur Oel- und Johannisbrotbäume finden da ihr Fortkommen. Von dem höchsten Gipfel fuhr Jesus gen Himmel. Eine Kirche bezeichnete einst diesen Ort, sie wurde aber später in eine Moschee umgewandelt, und auch diese ist zum Theil schon in Ruinen zerfallen. Erst seit zehn oder zwölfJahren wurde eine ganz kleine armenische Kapelle hier aufgebaut, die nun in der Mitte von alten Mauern steht, in welcher abermals der Abdruck des Fußes Jesu gezeigt und verehrt wird. Auf diesen Stein soll er gestanden haben, als er gen Himmel fuhr. Nicht weit davon zeigt man den Ort, wo der Feigenbaum stand, den Christus verfluchte, und die Stelle, wo sich Judas erhängte.
Ich besuchte eines Nachmittags mehrere dieser Orte in Gesellschaft des Grafen B. — Als wir unter den Ruinen, nahe der Moschee herum stiegen, kam auf einmal ein stämmiger Ziegenhirt, mit einem tüchtigen Knittelstocke bewaffnet, auf uns zu, und begehrte ziemlich gebieterisch Backschisch (Trinkgeld oder Almosen). Wir wollten Keines die Börse herausnehmen, aus Furcht, er reiße uns selbe aus den Händen, und gaben ihm nichts. Da faßte er den Grafen am Arm und schrie verschiedenes auf arabisch, was wir zwar nicht verstanden, aber wohl zu deuten wußten. Der Graf machte sich los und zum Glück hatten wir nur einige Schritte um eine Ecke zu biegen, um in's Freie zu gelangen, welches wir halb balgend erreichten. Glücklicher Weise kamen mehrere Menschen in unsere Nähe und der Kerl zog sich zurück. Wir überzeugten uns, daß Franken die Stadt nie allein verlassen sollten.
Da der Oelberg der höchste Berg in Jerusalem ist, so kann, man von ihm die Stadt und die Umgebung am besten übersehen. Sie ist ziemlich groß und ausgedehnt, — und soll 25,000 Einwohner zählen. Die Häuser sind wie in ganz Syrien von Stein, und mit vielen runden Kuppeln versehen. Eine sehr hohe und gut erhaltene Mauer, deren unterer Theil aus so großen Steinblöcken zusammengesetzt ist, daß man wohl glauben könnte, diese Felsmassen rühren noch aus jenen Zeiten her, wo die Stadt zerstört wurde, umgibt sie. Die Moschee Omar, deren Kuppel mit Blei gedeckt ist, nimmt sich am Besten aus; ihr Vorhof ist unendlich groß und rein gehalten. An ihrem Platze soll einst Salomons Tempel gestanden sein.
Von diesem Berge kann man auch alle Klöster und die verschiedenen Quartiere der Lateiner, Armenier, Griechen, Juden u.s.w. sehr gut unterscheiden. Der Berg des Aergernisses, so genannt wegen der Abgötterei Salomons, erhebt sich seitwärts des Oelberges, und ist nicht hoch. Von den Resten des Tempels und der Gebäude, welche Salomon seinen Weibern erbauen ließ, sind nur noch wenige Mauerwerke vorhanden. Auch der Jordan und das todte Meer sollen von hier zu sehen sein; ich sah aber weder den Einen noch das Andere, vermuthlich, weil der Dunstkreis zu dicht war.
Am Fuße des Ölberges liegt das Thal Josaphat, in welchem einst das letzte Gericht über uns ergehen soll. Die Länge dieses Thales betragt höchstens die Hälfte oder drei Viertel einer deutschen Meile; die Breite ist ebenfalls höchst unbedeutend. Der Bach Cidron durchschneidet das Thal; er führt aber nur während der Regenzeit Wasser, sonst ist er spurlos verschwunden.
Die Stadt Jerusalem ist ziemlich belebt, besonders der ärmliche Bazar und das Judenviertel, welches Letztere gar sehr von Menschen überfüllt ist. Es herrscht ein Schmutz und ein Gestank in diesem Viertel, der gewiß jede Beschreibung übertrifft. Die Pest erfaßt immer dort ihre ersten Opfer.
Das griechische Kloster ist nicht nur schön, sondern auch sehr ausgedehnt. Zu ihm wallen die meisten Pilger; ihre Zahl soll sich in der Osterzeit oft auf fünf- bis sechstausend belaufen. Das wird Alles zusammengesteckt und jeder Raum überfüllt, selbst der Hof, die Terrassen — Alles ist besetzt. Dieses Kloster hat die größten Einkünfte, weil jeder Pilger für die schlechte Aufnahme in demselben außerordentlich viel bezahlen muß. Der Aermste soll selten unter vierhundert Piaster