Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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Bergen eingeschlossenen See, nicht aber einem Meere zu gleichen. Im Meere selbst ist nicht die geringste Spur von Leben wahrzunehmen, man sieht nicht einmal den leisesten Wellenschlag. Von einem Kahne oder sonst einem Fahrzeuge ist natürlich keine Rede. Ein Engländer machte zwar vor einigen Jahren den Versuch, dieses Meer zu befahren; er ließ sich zu diesem Zwecke einen Kahn zimmern, kam aber nicht weit; es befiel ihn ein Unwohlseyn, er ließ sich nach Jerusalem bringen und starb kurze Zeit nach diesem Versuche. Bisher erschien (o Wunder!) kein zweiter lebensüberdrüssiger Engländer, denselben Versuch zu wiederholen.

      Verkrüppeltes Treibholz, vermuthlich von Stürmen ans Land geschlagen, lag überall zerstreut umher. Salzfelder oder aufsteigenden Rauch sahen wir aber so wenig, als wir einen üblen Geruch von der Ausdünstung des Meeres verspürten., Vielleicht ist dies der Fall auf einer andern Seite oder in einer andern Jahreszeit. Dagegen erblickten wir nicht nur einzelne Vögel, sondern sogar einige Schwärme von zwölf bis fünfzehn Stücken, so wie auch etwas Vegetation. Unweit des Meeres bemerkte ich in einer kleinen Schlucht acht Stück Nadelbäume, zwar klein und verkrüppelt, aber dennoch eine Erscheinung, die uns auf dem ganzen Wege nicht vorgekommen war. Eben so gab es auf dieser Ebene mehrere wild wachsende Kappernsträuche und noch eine Gattung ziemlich hoher und großer Stauden, beinahe unsern Hagebutten ähnlich, die voll rother, recht saftiger und süßschmeckender Beeren waren. Wir aßen alle recht wacker davon. Mich überraschte der Anblick dieser Gewächse um so mehr, weil ich in allen Beschreibungen gelesen, daß in dieser Gegend das Leben der Thiere und Pflanzen gänzlich erstorben sey.

      Einst lagen an der Stelle dieses Meeres fünf Stadte: Sodoma, Gomorrha, Adama, Zeboin und Zone, von denen keine Spur mehr zu finden ist. Eine bange Wehmuth, ein Gefühl des Schmerzes ergriff mich, da ich der Vergangenheit gedachte und sehen mußte, wie von den Werken stolzer kräftiger Völker nicht das geringste Zeichen übrig geblieben. Ich war froh, als wir nach einer Rast von einer Stunde diesen ausgestorbenen traurigen Ort verließen.

      Wir ritten gegen anderthalb Stunden über eine unübersehbare, mit Gestrippe überdeckte Sandwüste nach den blühenden Ufern des Jordans, die man schon von weitem an dem lustigen frischen Grün der sie umgebenden Auen erkennt.

      In der sogenannten Jordansau, wo Christus vom heil. Johannes getauft wurde, hielten wir an.

      Die Farbe des Jordans ist schmutzig und lehmartig, sein Lauf sehr schnell und reißend. Die Breite dieses Stromes mag höchstens fünf oder sechs und zwanzig Fuß betragen, die Tiefe aber soll bedeutend seyn. Unsere Beduinen und Araber waren kaum angekommen, als sie sich gleich, ganz erhitzt, wie sie waren, in den Strom stürzten. Die meisten der Herren thaten dasselbe, nur nicht gar so eilig. Ich wusch mir Gesicht, Hände und Füße. Getrunken haben wir Alle recht nach Herzenslust, denn lange entbehrten wir dieses Element in solcher Frische. Ich füllte eine gute Portion dieses Wassers in die blechernen Flaschen, welche ich eigens von Jerusalem mitführte, und ließ selbe in Jerusalem verlöthen, denn nur aufdiese Art ist es möglich, das Wasser unverdorben nach den fernsten Orten zu bringen.

      Wir lagerten uns auf einige Stunden in dieser Au unter schattigem Laub- und Nadelholze, dann zogen wir weiter auf dieser Ebene fort. Plötzlich wurden unsere Begleiter unruhig, sprachen recht eifrig miteinander und wiesen dabei immer in die Ferne. Wir erkundigten uns nach der Ursache ihrer Unruhe und erfuhren, daß sie Räuber entdeckt hätten. Vergebens strengten wir unsere Augen an; sogar mit Hülfe guter Gläser konnten wir nichts gewahren, und hatten daher unsere Begleiter schon im Verdacht, ihre Behauptung sei nur Spiegelfechterei, um uns zu beweisen, daß wir sie nicht umsonst mitgenommen hatten. Nach einer Viertelstunde aber sahen auch wir in weiter, weiter Ferne einen Mann nach dem andern auftauchen. Unsere Beduinen machten sich kampffertig, und bedeuteten uns, die entgegengesetzte Seite einzuschlagen, während sie einen Angriff gegen den Feind unternehmen wollten. Alle Herren wünschten, an dieser Expedition Theil zu nehmen, und schlössen sich kampflustig an die Beduinen. Der ganze Zug flog dahin. Nur Graf Berchtold und ich wollten zurück bleiben, als aber unsere Pferde ihre Kameraden in solch' einem Feuer dahinsprengen sahen, wollten auch sie nicht die Faulen spielen, und ohne unsern Willen zu beherzigen, rannten sie mit uns davon, daß uns Hören und Sehen verging. Je mehr wir bemüht waren, ihrem eilenden Laufe Schranken zu setzen, desto wüthender verfolgten sie ihr Ziel, so zwar, daß wir bald, statt der Letzten die Ersten geworden wären. Wie aber die Feinde einen so entschlossenen Troß auf sich zueilen sahen, liefen sie davon und räumten uns das Feld. Fröhlich und wohlgemuth kehrten wir nun wieder unserer alten Bahn zu. Da lief plötzlich ein Wildschwein mit seiner hoffnungsvollen Jugend quer über die Haide. Hui! war wieder Alles hinterdrein, und verfolgte diese armen Thiere. Graf Wratislaw hieb eines der Jungen mit dem Säbel zusammen; triumphirend wurde es dem Koch abgeliefert. — Nun setzten sich unserm Marsche keine Hindernisse mehr entgegen, und wir kamen ungestört in unsere Nachtstation.

      Bei dieser Gelegenheit sah ich, wie die Araber ihre Pferde zu tummeln verstehen, wie sie ihre Lanzen und Spieße schleudern, im schnellsten Ritt die Lanze vom Boden wieder aufheben, und besonders wie die Pferde dabei eine ganz andere Gestalt annehmen, als in ihrem gewöhnlichen, schläfrigen Schritte. Auf den ersten Anblick haben die Pferde gar kein hübsches Ansehen. Sie sind mager, lassen den Kopf ziemlich hängen, und schreiten ganz langsam daher. Wenn sie aber einen tüchtigen Reiter fühlen, kennt man sie nicht mehr. Sie heben ihre schönen schmal geformten Köpfe mit den glühenden Augen stolz in die Höhe; werfen ihre feinen, zarten Füße mit einer Anmuth und Behendigkeit sonder Gleichen, und setzen mit einer solchen Sicherheit und Leichtigkeit über Stock und Stein, daß man höchst selten von einem Unglück hört. Es ist ein wahrer Genuß, so ein Manöver zu sehen. Die Araber waren so gefällig, uns mehrere Angriffe ihrer Art darzustellen.

      Drei Stunden Weges sind von der Jordansau bis zur Sultansquelle im Thale Jericho. Schön und freundlich schlängelt sich der Weg am Eingange des Thales durch einen natürlichen Park von Feigen und anderen Fruchtbäumen. Hier war auch der erste Fleck, der dem Auge statt Sand und Stein ein Stückchen Rasen bot. Ach, wie doppelt wohlthätig ist ein solcher Anblick, nachdem man nichts als Wüsten durchzogen hat!

      Das Dorf dagegen, welches nahe an der Sultansquelle liegt, ist eines der erbärmlichsten. Die Menschen wohnen mehr unter als ober der Erde. Ich ging in einige dieser Höhlen — einen andern Namen verdienen diese kleinen Steinhaufen nicht. Viele darunter haben gar kein Fenster, das Licht fällt durch die Thüröffnung herein. Im Innern sah ich nichts als Strohmatten und einige schmutzige Polster, aber nicht etwa mit Federn oder Roßhaaren, sondern mit Baumblättern gefüllt. Einige Schüsseln und Wasserkrüge machten das ganze Hausgeräthe aus; ihre Kleidung bestand in nichts als den Fetzen, in welche diese armen Menschen gehüllt waren. In einem Winkelchen lag etwas Getreide, und viele Gurken. Ein Paar Ziegen und Schafe tummelten sich im Freien herum. Gurkenfelder gibt es vor jeder Hütte. Unsere Beduinen waren ganz glücklich, diese köstliche Gabe in solcher Fülle zu finden.

      An der Quelle schlugen wir, unter Gottes freiem Himmel, unser Nachtlager auf.

      Wer dieses Thal in seinem gegenwärtigen Zustande sieht, der begreift, trotz der Armuth der Einwohner, der Einförmigkeit und Abgestorbenheit der etwas entfernteren Umgebung, daß es einst zu den schönsten und blühendsten gehört haben mag.

      Rechts von demselben ziehen sich die kahlen Berge gegen das todte Meer, links zeigte man auf den Berg, auf welchem Moses seine irdische Laufbahn vollendend in ein besseres Leben einging. In dem vorderen Gebirge sind hoch oben drei Höhlen sichtbar, in deren mittlerer sich Jesus aufhielt, um sich für sein künftiges Lehramt vorzubereiten. Ober diesen Höhlen ist die Spitze des Berges, wo der Teufel Jesum abermals versuchte, indem er ihm die ganze blühende Landschaft verhieß, wenn er ihn anbeten würde.

      Baron Wrede, Mr. Bacleth und ich wollten eine der Höhlen untersuchen, wir machten uns also auf den Weg; doch kaum gewahrte es einer unserer Beduinen, so lief er uns in großer Eile nach, um uns zur Rückkehr zu bewegen. Er gab uns durch Zeichen zu verstehen, daß es in der ganzen Gegend unsicher sei. Wir kehrten um so mehr zurück, da auch schon die Dämmerung, oder eigentlich der Sonnenuntergang eintrat.

      (Die

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