Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Unser Abendmahl bestand aus einem angebrannten Pilav, der uns dessenungeachtet trefflich mundete, denn wer den ganzen Tag über nichts als zwei hartgesottene Eier gegessen hat, der findet des Abends alles genießbar. Dazu tranken wir ein frisches herrliches Wasser aus der nahen Quelle, und hatten Gurken im Überfluß, zwar ohne Essig und Oel — allein wozu so viel unnöthiges Gemengsel? Wer solche Reisen machen will, muß vorerst suchen, ein Naturmensch zu werden, nur dann gehen sie trefflich von Statten. Die Erde ward unser Lager, und der schöne dunkelblaue Äther mit seinen unzähligen Sternen unser Dach. Für diese kleine Reise war kein Zelt mitgenommen worden.
Der Himmel ist in Syrien wunderschön. Bei Tag ist das Firmament von einer Azurbläue und Reinheit, die keine Vergleichung zuläßt. Nicht das kleinste Wölkchen entstellte den schönen blauen Himmel, und des Nachts ist er mit viel mehr Sternen durchwirkt wie bei uns.
Graf Zichy gab den Dienern Befehl, uns sehr früh zu wecken, um noch vor Sonnenaufgang aufzubrechen. Dieß einzige Mal war man gehorsam, und zwar übergehorsam, denn man weckte uns vor Mitternacht. Wir traten unsern Marsch an. So lange wir im Thale fortzogen, ging alles gut; kaum aber mußten wir einen Berg erklimmen, so strauchelte und stolperte ein Pferd nach dem andern, und wir waren in beständiger Gefahr zu stürzen. Somit wurde einstimmig beschlossen, am nächsten Bergabhange Rast zu machen und den nahen Tag zu erwarten.
9. Juni 1842.
Um 4 Uhr wurde also zum zweiten Male Reveille geschlagen und wir hatten über drei Stunden ganz nahe dem Ufer des todten Meeres, welches wir erst jetzt beim anbrechenden Tage bemerkten, geschlafen und weder eine schlechte Ausdünstung oder einen üblen Geruch dieses Wassers verspürt, noch viel weniger, daß Jemand von unserer Gesellschaft Kopfweh oder Uebelkeiten bekommen hätte, wie manche Berichte lauten.
Nun ging es rasch der Heimkehr zu, obwohl wir durch drei bis vier Stunden die schrecklichsten Felsenpfade, Schluchten und Krümmungen durchziehen mußten. In einem der Tähler trafen wir abermals auf ein Beduinen-Lager. Wir ritten an ihre Zelten und ersuchten sie um einen Trunk Wasser, statt dessen sie uns mit wahrer Herzensgüte einige Näpfe köstlicher Buttermilch reichten. Wohl in meinem ganzen Leben genoß ich nichts mit solcher Wonne und Begierde, wie dieses kühlende Getränk, nach einem so angestrengten beschwerlichen Ritte in der großen Hitze. Als Graf Zichy ihnen Geld reichen wollte, nahmen sie es nicht. Der Häuptling trat zu uns heran, und schüttelte einigen die Hände als Zeichen der Freundschaft, denn von dem Augenblicke, als man mit den Beduinen oder Arabern etwas genießt, oder sie um ihren Schutz anspricht, ist man nicht nur unter ihrer Horde ganz sicher, sondern man würde von ihnen sogar gegen Angriffe Anderer auf Leben und Tod vertheidigt werden. Nur im Freien ist es nicht räthlich, ihnen zu begegnen. So widersprechend sind ihre Sitten und Gebräuche! —
Wir näherten uns nun mit Riesenschritten einer zwar nicht schönen, doch belebteren Gegend, wir begegneten und überholten mehrere kleine Karavanen-Züge. Einer derselben war am vorhergehenden Abend angegriffen worden; die armen Araber hatten sich tapfer vertheidigt und den Durchzug erkämpft, allein einer von ihnen, der eine tüchtige Schußwunde in den Kopf bekommen, lag halb todt auf einem Kameele.
Muntere, langohrige Ziegen suchten emsig an den Bergen ihre kümmerliche Nahrung, und einige Steinhütten oder Grotten verkündeten uns die Nähe eines Dorfes oder Städtchens. Wir dankten Gott, daß er uns glücklich aus diesen schaudererregenden Steinwüsten in eine minder garstige und etwas belebtere Gegend führte. Wir kamen nach Bethanien, wo ich die Grotte besuchte, in welcher Lazarus im Todesschlafe lag, aus dem ihn Jesus zum Leben weckte. Wir zogen dann denselben Weg, welchen unser Heiland nach dem fünf Viertelstunden entfernten Jerusalem ritt, und auf dem ihm das Volk zum letzten Mal seine Liebe und Anhänglichkeit durch Streuung von Oelzweigen und Blumen bewies. In wie kurzer Zeit ward diese Scene der höchsten Freude in ihren grellsten Gegensatz, in das Schauspiel der unbarmherzigsten Martern und des Todes verwandelt! Gegen 5 Uhr Nachmittags langten wir glücklich zu Jerusalem an, und wurden in unserer freundlichen Behausung mit herzlicher Freude empfangen.
Einige Tage nach der Rückkehr von diesem Ausfluge verließ ich Jerusalem auf immer. Ruhe und Frieden und ein seliges Gefühl erfüllte mein Gemüth, und ewig werde ich Gott dankbar seyn, daß er mich diese Orte schauen ließ. Ist dieses Glück wohl durch all die Beschwerden, Gefahren und Entbehrungen, die man leiden muß, zu theuer erkauft? O gewiß nicht! Was sind wohl die Mückenleiden, die uns in diesem Leben zugewogen sind, gegen jene, die der Stifter unserer Religion hier erduldete! Ein Gedanke an diese heil. Stätten wird meinen Muth beleben und bestärken, wo ich auch immer seyn mag, und was auch immer über mich kommen möge!
VI. Reise von Jerusalem zu Lande nach Beirut.
Die Grafen wollten den Weg von Jerusalem nach Beirut zu Lande, und zwar mit dem Umwege über Nazareth, Galiläa, Kanaan u.s.w. zurücklegen, um so viel wie möglich alle Stellen zu besuchen, die für uns Christen gewiß die interessantesten sind. Sie hatten die Güte, mich abermals in ihren Bund aufzunehmen. — Der 11. Juni ward zur Abreise festgesetzt.
11. Juni 1842
Um 3 Uhr Nachmittags verließen wir Jerusalem und zogen durch das Damaszener-Thor einer großen Hochebene entgegen. Obwohl auch hier Alles Stein und immer und ewig nur Stein ist, so sah ich doch ziemlich viele Stoppelfelder, und hin und wieder spärliche Grashalme.
Die Aussicht ist sehr weit; in einer Entfernung von zwei Stunden sahen wir noch Jerusalems Mauern, bis der Weg sich um einen Berg wand, und der Anblick dieser heiligen Stadt uns auf ewig entzogen ward.
Links von der Straße auf einem Hügel steht eine alte Kirche, welche von Samuels Zeiten herrühren soll.
Um 6 Uhr Abends kamen wir an das Dörfchen Bir. Gleich außer demselben schlugen wir auf einem Stoppelfelde unser Nachtlager auf. Ich hatte auf der ersten Landreise in Syrien, nämlich von Jaffa nach Jerusalem, schon einen kleinen Vorgeschmack bekommen, was es heißt, in diesen Gegenden zu reisen. Wer nicht sehr abgehärtet, furchtlos, und gegen Hunger, Durst, Hitze und Kälte unempfindlich ist; wer nicht auf hartem Boden, ja auf Steinen zu ruhen und sich den kalten Nächten unter freiem Himmel auszusetzen vermag, der soll ja nicht weiter, als von Jaffa nach Jerusalem gehen, denn in der Folge werden die Strapatzen immer ermüdender und anhaltender, die Wege immer gräßlicher, die Kost gerade um nur nicht zu verhungern, das Wasser lau und von den ledernen Schläuchen, in welchen man es bei sich führt, übelriechend.
Wir ritten gewöhnlich sechs bis sieben Stunden in Einem fort, ohne auch nur auf Augenblicke vom Pferde zu steigen, oft bei einer Hitze von 30-34 Graden. Dann wurde höchstens eine Stunde Rast gemacht, und das oft wieder auf freiem Felde, wo kein schattiger Baum zu treffen war. Von Nahrung war gar keine Rede, weder für den Menschen, noch für das arme Thier, oft sogar fehlte uns Wasser, um den quälenden Durst zu stillen. Die Pferde mußten von Sonnenauf- bis Untergang rastlos arbeiten, ohne Futter zu erhalten. Solche Anstrengungen kann aber auch nur ein arabisches Pferd aushalten. Des Abends wird den Lastthieren das Gepäck abgenommen, die Sättel aber höchst selten; die Araber sagen, es sei dem Tbiere weniger schädlich, die Sättel Tag und Nacht zu behalten, als nach so großer Erhitzung der kalten Nachtluft ohne Bedeckung preisgegeben zu seyn. Riemenwerk, Sättel und Sporen sind so überaus schlecht zusammengeflickt, daß man stets in Gefahr ist, sammt dem Sattel vom Pferde zu stürzen, was sich in unserer Gesellschaft einige Mal ereignete, jedoch glücklicher Weise immer ohne Beschädigung ablief.
12. Juni 1842.
Die Nacht war sehr kühl; obwohl wir unter einem Zelte schliefen, hätte der Mantel