Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane. A. F. Morland

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Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane - A. F. Morland

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jeden Fall in der Seeberg-Klinik, Frau Kollegin.“

      „Vielleicht unternehmen wir mal etwas zu viert, du, Solveig Abel, mein neuer Freund und ich.“

      „Das sollten wir auf jeden Fall im Auge behalten“, nickte Sven und kehrte zu seinem Wagen zurück.

      9

      Zur selben Zeit kamen Petra und Claus Praetorius aus dem Wochenende in den österreichischen Bergen zurück. Horst Bachmann, ein mittelgroßer, 49jähriger, fülliger Mann, saß mit einem Kognakschwenker in der Hand allein im großen Wohnzimmer. Er litt an Angina pectoris, deshalb sah es Petra nicht gern, wenn er trank. Alkohol tat seinem Herzen nicht gut. Sie sah ihn vorwurfsvoll an.

      „Kaum sind wir nicht daheim, bist du schon unvernünftig und greifst zur Flasche“, sagte sie.

      „Greifst zur Flasche“, wiederholte der Bankier. „Wie das klingt! Ich habe mir diesen einen Kognak gegönnt. Dagegen hat nicht einmal Dr. Kayser etwas einzuwenden, also sei bitte nicht päpstlicher als der Papst, mein Kind.“ Er forderte seinen Schwiegersohn auf, sich auch einen Drink zu nehmen. „Nun, erzählt mal, wie war es in den Bergen?“, wollte er wissen.

      „Wir hatten ein Traumwetter.“ Claus Praetorius füllte sein Glas.

      „Und wie war die Hütte?“, erkundigte sich Horst Bachmann.

      „Phantastisch. Gemütlich, komfortabel, in einer unwahrscheinlich schönen Gegend gelegen.“ Claus wandte sich an seine hübsche Frau. „Was möchtest du haben, Schatz?“

      „Nichts“, antwortete Petra. „Ich bin müde, ich werde gleich zu Bett gehen. Ihr müsst mich entschuldigen.“

      „Aber sicher doch, Liebes“, sagte der Bankier freundlich.

      Petra gab ihrem Mann einen Kuss. „Gute Nacht, Claus.“

      „Gute Nacht, Liebling.“

      Sie küsste auch ihren Vater. „Gute Nacht, Papa.“

      „Gute Nacht, mein Kind.“ Sein Kind – das war sie, würde sie immer bleiben. Sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn er sich nicht überall einmischte, wenn er wenigstens vor ihrem Eheleben haltgemacht hätte. Während sie sich nach oben begab, sagte Horst Bachmann zu seinem Schwiegersohn: „Komm her, mein Junge. Setz dich zu mir und leiste mir noch ein wenig Gesellschaft. Das Haus war sehr leer ohne euch.“

      Claus Praetorius nahm seinem Schwiegervater gegenüber Platz und nippte an seinem Drink. In der Bank war einiges unerledigt geblieben, weil Claus am Freitag schon so früh sein Büro verlassen hatte. Horst Bachmann machte ihm deswegen keine Vorhaltungen, schließlich hatte Claus die gewonnene Zeit ja Petra gewidmet, und es war gewiss, dass er das Liegengebliebene gleich morgen früh aufarbeiten würde.

      „Auch müde?“, fragte der Bankier und lächelte verständnisvoll.

      „Ein bisschen“, antwortete Claus, ein Gähnen unterdrückend.

      „War die Fahrt anstrengend?“

      „Nicht besonders. Der Heimreiseverkehr hielt sich in erträglichen Grenzen.“

      „Die ungewohnte Landluft haut einen ganz schön zusammen, nicht wahr?“

      „Das allerdings“, gab Claus zu. „So gut wie dieses Wochenende haben Petra und ich schon lange nicht mehr geschlafen.“

      „Wie heißt der Besitzer doch gleich?“, fragte Horst Bachmann.

      „Lichtner. Albert Lichtner.“

      „Ach ja. Frag ihn doch mal, ob er uns die Hütte nicht verkaufen möchte.“

      Claus schüttelte den Kopf. „Aussichtslos. Er gibt sie nicht her. Sie ist so etwas wie ein Denkmal für ihn. Erinnert ihn an seine verstorbene Frau. Er wird sie niemals hergeben, wird sie behalten, solange er lebt.“

      „Schade. Wenn es da so schön gemütlich ist, wäre es nicht schlecht gewesen, wenn die Hütte uns gehört hätte.“

      „Wir können sie jederzeit benutzen“, sagte Claus.

      „Ja, aber wenn sie uns gehören würde, wäre mir das lieber. Dann brauchtet ihr Herrn Lichtner nicht erst immer um die Schlüssel zu bitten, wenn ihr Lust habt, in die Berge zu fahren.“

      „Das finde ich nicht schlimm.“

      Sie schwiegen eine Weile, und Horst Bachmann sah seinen Schwiegersohn immer wieder prüfend an. Claus Praetorius wusste, welche Frage den Bankier beschäftigte. Bachmann hätte zu gern gewusst, ob in den Bergen alles „glatt gegangen“ war. Dem Banker war der sehnlichste Wunsch seiner Töchter bekannt.

      Solange Petra und ihr Mann die Nächte in seinem Haus verbrachten, befanden sie sich irgendwie in seinem Einflussbereich, und Claus würde es nicht wagen, schwach zu werden und dem beharrlichen Drängen seiner Frau nachzugeben.

      Aber wenn sie außer Haus schliefen, wurde Horst Bachmann stets unruhig, denn je mehr Kilometer sie von daheim entfernt waren, desto dünner wurde der Einfluss, den Bachmann auf seinen Schwiegersohn hatte.

      Wenn Petra ihren Mann ganz für sich allein hatte, konnte sie ihn besser präparieren, und das konnte zur Folge haben, dass es ihr eines Nachts gelang, seinen Widerstand zu brechen. Sie war ja so schrecklich unvernünftig!

      „Mein Junge“, sagte Horst Bachmann schließlich mit leiser, belegter Stimme, „es ist dort in den Bergen doch hoffentlich nichts geschehen, dessentwegen ich mir große Sorgen machen müsste?“

      „Nein, Papa“, antwortete Claus und schaute seinem Schwiegervater dabei offen und ehrlich in die Augen.

      Der Bankier atmete erleichterte auf. „Bist ein guter Junge. Ich bin sehr froh, dass ich mich auf dich verlassen kann. Komm, trink aus. Es wird langsam auch für uns Zeit, zu Bett zu gehen.“

      10

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