Dickens' Geschichten über Kinder, für Kinder erzählt. Charles Dickens

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Dickens' Geschichten über Kinder, für Kinder erzählt - Charles Dickens

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Herz hatte, schließlich dazu, dass sie in die Mutterrolle der verlorenen Familie schlüpfte und darum kämpfte, für sich selbst, ihren Bruder und ihre Schwester ein wenig Bildung zu erhalten.

      Zunächst konnte so ein Kleinkind nicht viel mehr tun, als ihren amüsanteren Platz am Feuergitter zu verlassen, bei ihrem Vater zu sitzen und diesen still zu beobachten. Aber das machte sie für ihn so unentbehrlich, dass er sich an ihre Anwesenheit gewöhnte und sie immer mehr vermisste, wenn sie nicht da war. Durch dieses kleine Tor verließ sie ihre Kindheit und gelangte hinaus in die mit Sorgen beladene Welt.

      Und was ihr mitleidvoller Blick zu dieser frühen Zeit in ihrem Vater, in ihrer Schwester, in ihrem Bruder und im ganzen Gefängnis sah, wie viel oder wie wenig Gott ihr von dieser elenden Wirklichkeit zeigte, bleibt wohl verborgen wie so manch andere Geheimnisse. Es genügt zu wissen, dass sie dazu inspiriert wurde, anders zu sein als der Rest, fleißig und bemüht, und zwar um des Restes willen. Inspiriert? Ja. Sollen wir von einem Dichter oder einem Priester sprechen und nicht von einem Herzen, das von Liebe und Selbsthingabe zu der niedrigsten Arbeit in der niedrigsten Lebensweise getrieben wurde?

      Die Familie blieb so lange im Gefängnis, dass der alte Mann als "Vater des Marshalsea" und die kleine Amy, die nie ein anderes Zuhause gekannt hatte, als "Kind des Marshalsea" bekannt wurden.

      Mit dreizehn Jahren konnte sie lesen und Buch führen - das heißt, sie konnte in Worten und Zahlen niederschreiben, wie viel das Nötigste, das sie kaufen wollten, kosten würde, und wie viel ihnen dazu noch fehlte. Immer wieder war sie für ein paar Wochen draußen in einer Abendschule gewesen und hatte im Lauf von drei oder vier Jahren ihre Schwester und ihren Bruder zeitweise in Tagesschulen schicken können. Zu Hause gab es für sie nichts zu lernen; aber sie wusste genau – niemand besser als sie – dass ein so gebrochener Mann, der nur der "Vater des Marshalsea" genannt wird, seinen eigenen Kindern kein Vater sein konnte.

      Diesen spärlichen Mitteln zur Verbesserung ihrer Lebensumstände fügte sie bald ein weiteres hinzu, dass sie selbst erdacht hatte. Einmal fand sie in der Menge der Gefangenen einen Tanzlehrer. Ihre Schwester hatte schon immer den großen Wunsch, die Kunst des Tanzens zu erlernen, und schien dafür auch ein Talent zu haben. Im Alter von dreizehn Jahren stellte sich also das "Kind des Marshalsea" mit einem kleinen Säckchen in der Hand dem Tanzlehrer vor und trug ihm ihre demütige Bitte vor.

      "Bitte, ich bin hier geboren, Sir."

      "Oh! Du bist die junge Dame, nicht wahr?", fragte der Tanzlehrer und betrachtete die kleine Figur mit dem erhobenen Gesicht.

      "Ja, Sir."

      "Und was kann ich für dich tun?", fragte er erneut.

      "Für mich nichts, Sir, danke", antwortete das Kind und öffnete vorsichtig die Schnüre des Säckchens; "aber wenn Sie, während Sie hier bleiben müssen, so freundlich wären, meiner Schwester für wenig Geld das Ta – "

      "Mein Kind, ich werde sie umsonst unterrichten", sagte der Tanzlehrer und schloss das Säckchen. Er war der gutmütigste Tanzlehrer, der je vor dem Hof der Mittellosen tanzte, und er hielt sein Wort. Die Schwester war eine so begabte Schülerin, und der Tanzmeister verbrachte so viel Zeit mit ihr, dass sie wunderbare Fortschritte erzielte. Tatsächlich war der Tanzlehrer so stolz auf sie, dass er vor seiner Entlassung einigen seiner auserwählten Freunden unter den Kollegen (die Schuldner im Gefängnis wurden "Kollegen" genannt) eines schönen morgens um sechs Uhr im Hof – die Zellen der Kollegen waren zu klein für diesen Zweck - eine Vorführung präsentieren wollte, bei der so viel getanzt und die Schritte so perfekt ausgeführt wurden, dass er selbst, da er außerdem noch Geige spielen musste, hinterher völlig erschöpft war.

      Dieser anfängliche Erfolg, der dazu führte, dass der Tanzlehrer nach seiner Entlassung seine Tätigkeit fortsetzte, veranlasste das arme Kind dazu, es erneut zu versuchen. Sie hielt monatelang Ausschau nach einer Näherin. Schließlich kam irgendwann eine Hutmacherin, die wie alle anderen für eine Schuld, die sie nicht bezahlen konnte, ins Gefängnis musste; und zu ihr ging sie, um für sich selbst einen Gefallen zu erbitten.

      "Ich bitte um Verzeihung, gnädige Frau", sagte sie und lugte zaghaft um die Tür der Hutmacherin, die weinend im Bett lag, "aber ich bin hier geboren."

      Jeder Neuzugang schien sofort Bescheid zu wissen, denn die Hutmacherin trocknete sich die Augen und sagte, genau wie der Tanzlehrer:

      "Oh! Du bist das Kind, nicht wahr?"

      "Ja, Ma'am."

      "Es tut mir leid, dass ich nichts für dich habe", sagte die Hutmacherin und schüttelte den Kopf.

      "Darum geht es nicht, Ma'am. Ich möchte bitte Handarbeiten lernen."

      "Warum möchtest du das", erwiderte die Hutmacherin, "wenn ich hier vor dir sitze? Es hat mir nichts Gutes gebracht."

      "Nichts – was auch immer es ist – scheint irgendjemandem, der hierher kommt, viel Gutes gebracht zu haben", erwiderte sie auf ihre einfache Art, "aber ich möchte es trotzdem lernen".

      "Ich fürchte, du bist zu schwach, weißt du?", widersprach die Hutmacherin.

      "Ich glaube nicht, dass ich schwach bin, Ma'am."

      "Und du bist sehr, sehr klein, verstehst du?", entgegnete die Hutmacherin.

      "Ja, ich fürchte, ich bin wirklich sehr klein", erwiderte das "Kind des Marshalsea" und begann über seine unglückliche Kleinheit zu schluchzen, die es so oft einholte. Die Hutmacherin – die nicht unfreundlich oder hartherzig war, nur über und über verschuldet – war gerührt, nahm sie an die Hand, fand in ihr die geduldigste und ernsthafteste aller Schülerinnen und machte sie zu einer guten Arbeiterin.

      "Im Laufe der Zeit entwickelte der "Vater des Marshalsea" allmählich einen neuen Charakterzug. Er schämte sich sehr dafür, seine beiden Töchter für ihren Lebensunterhalt arbeiten zu lassen, und er versuchte den Anschein zu erwecken, dass sie dies nur zum Vergnügen und nicht gegen Bezahlung taten. Gleichzeitig aber nahm er ganz ohne Scham von jedem Geld an. Mit derselben Hand, mit der er vor einer halben Stunde die halbe Krone eines Mitgefangenen eingesteckt hatte, wischte er die Tränen weg, die über seine Wangen flossen, wenn davon die Rede war, dass seine Töchter ihm das Brot verdienten. So hatte das "Kind des Marshalsea", abgesehen von seinen anderen täglichen Aufgaben, immer auch sorgfältig die Illusion aufrechtzuerhalten, dass sie alle zusammen nur untätige Bettler waren.

      Die Schwester wurde Tänzerin. In der Familie gab es einen bankrotten Onkel, der von seinem Bruder, dem "Vater des Marshalsea", ruiniert worden war und der genausowenig wie dieser selbst mehr wusste, wie und warum – aber die Tatsache als etwas annahm, was nicht mehr zu ändern war. Er war eigentlich ein bereits pensionierter und einfacher Mann, der zu dem Zeitpunkt, als das Unglück über ihn hereinbrach, kein Gefühl dafür hatte, was es hieß, pleite zu sein – außer, dass er aufhörte, sich zu waschen, als ihm die schlechte Nachricht präsentiert wurde, und sich seither nie wieder Gesicht und Hände wusch. In besseren Tagen war er ein eher armer Musiker gewesen; und als ihm gemeinsam mit seinem Bruder das Geld ausging, verdingte er sich damit, indem er in einer kleinen Theaterkapelle eine Klarinette spielte, die so schmutzig war wie er selbst. Es war das Theater, in dem seine Nichte Tänzerin wurde, und in dem er lange Zeit eine feste Größe gewesen war, bis sie dort ihren Platz einnahm; und er nahm die Aufgabe, ihr Vormund zu sein, so an, wie er eine Krankheit, ein Vermächtnis, ein Fest, den Hungertod – alles andere als Seife – angenommen hätte.

      Damit dieses Mädchen ihre wenigen Schillinge pro Woche verdienen konnte, war es notwendig, dass das "Kind des Marshalsea" ein ernste Gespräch mit ihrem Vater führte.

      "Fanny

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