Dickens' Geschichten über Kinder, für Kinder erzählt. Charles Dickens
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"Du überraschst mich. Warum?"
"Ich glaube, Onkel braucht Gesellschaft, Vater. Man sollte sich um ihn kümmern und ihm helfen."
"Gesellschaft? Er verbringt einen Großteil seiner Zeit hier. Und du kümmerst dich um ihn und hilfst ihm, Amy, viel mehr als deine Schwester es je tun wird. Ihr geht alle so viel raus, ihr geht alle so viel raus."
Damit wollte er die Form wahren und so tun, als hätte er keine Ahnung davon, dass Amy selbst tagsüber zur Arbeit ging.
"Aber wir sind immer sehr froh, nach Hause zu kommen, Vater; nicht wahr? Und was Fanny anbelangt, so wäre es vielleicht, mal ganz abgesehen davon, dass sie Onkel Gesellschaft leistet und sich um ihn kümmert, auch ganz gut für sie selbst, nicht ständig hier zu leben. Wie du weißt, ist sie nicht hier geboren, so wie ich, Vater."
"Nun, Amy, ich kann dir nicht ganz folgen, aber ich schätze, es ist nur allzu natürlich, dass Fanny lieber draußen ist, und das solltest du auch öfter tun. Also, du und Fanny und dein Onkel, meine Liebe, ihr sollt euren Willen bekommen. Gut, gut. Ich werde mich nicht einmischen; kümmert euch nicht um mich."
Ihren Bruder aus dem Gefängnis herauszuholen, aus der niedrigen Arbeit, für die Gefangenen draußen Besorgungen zu machen, und aus der schlechten Gesellschaft, in die er geraten war, blieb ihre schwerste Aufgabe. Mit achtzehn Jahren hätte sich ihr Bruder Edward von der Hand in den Mund, von Stunde zu Stunde, von Penny zu Penny, bis zum Alter von achtzig Jahren weitergeschleppt. Niemand kam ins Gefängnis, von dem er etwas Nützliches oder Gutes lernen konnte, und sie fand keinen anderen Gönner für ihn als ihren alten Freund und Paten, den Gefängniswärter.
"Lieber Bob", sagte sie, "was soll aus dem armen Tip werden?" Sein Name war Edward, aber Ted war innerhalb der Mauern zu Tip geworden.
Der Wärter hatte seine eigene Meinung darüber, was aus dem armen Tip werden würde, und war in der Hoffnung, genau dies zu verhindern, sogar so weit gegangen, mit Tip zu sprechen und ihn dazu zu drängen, wegzulaufen und seinem Land als Soldat zu dienen. Aber Tip hatte sich nur bei ihm bedankt und gesagt, sein Land wäre ihm egal.
"Nun, meine Liebe", sagte der Wärter, " etwas muss mit ihm geschehen. Soll ich versuchen, ihn bei einem Anwalt unterzubringen?"
"Das wäre sehr nett von dir, Bob!"
Von da an sprach der Wärter mit den Anwälten, die ständig im Gefängnis ein- und ausgingen. Er sprach so beharrlich, dass im Büro eines Anwalts der Kammer von Clifford's Inn schließlich ein Hocker und eine Bezahlung von zwölf Schillingen pro Woche für Tip gefunden wurden.
Tip trödelte ganze sechs Monate in Clifford's Inn herum, und schlenderte nach dieser Zeit eines Abends zurück zu seiner Schwester, um ihr mit fest in die Taschen gepressten Händen zu sagen, dass er nicht wieder zurückgehen würde.
"Nicht wieder zurück?", sagte das arme, kleine, ängstliche "Kind des Marshalsea", für das Tip immer in der ersten Reihe seiner Schützlinge stand.
"Ich habe es so satt", sagte Tip, "dass ich es geschmissen habe."
Tip wurde allem sehr schnell müde. Mit kurzen Unterbrechungen, in denen er wieder in Marshalsea faulenzte und Besorgungen machte, brachte ihn seine kleine, zweite Mutter, unterstützt von ihrem treuen Freund, in einem Lagerhaus, einer Gärtnerei, im Hopfenhandel, wieder in der Justiz, in einem Auktionshaus, einer Brauerei, bei einem Börsenmakler, erneut in der Justiz, bei einem Kutschenfahrdienst, bei einen Gemischtwarenhändler, einer Destillerie, zurück in der Justiz, bei einem Tuchhändler, auf dem Fischmarkt, bei einem Obstgroßhändler und in den Docks unter. Aber wo auch immer Tip hinging, er kam umgehend wieder dessen überdrüssig zurück und verkündete, dass er den Job geschmissen hatte. Wo auch immer er hinging, schien dieser nutzlose Tip die Gefängnismauern mitzunehmen und sie bei seiner Anstellung wieder aufzurichten; und innerhalb ihrer engen Grenzen trieb er so lange sein schlampiges, schludriges, zielloses und lustloses Unwesen, bis die echten, unbeweglichen Mauern des Marshalsea ihre Macht über ihn behaupteten und ihn zurückbrachten.
Nichtsdestotrotz hatte sich das tapfere, kleine Geschöpf so sehr auf die Rettung ihres Bruders versteift, dass sie genug zusammenbettelte und zusammenkratzte, um ihn nach Kanada zu schicken. Als er es leid war, überhaupt nichts mehr zu tun, und sich dafür entschied, auch das noch zu schmeißen, willigte er gütigst ein, dorthin zu gehen. Beim Abschied fühlte Amy sowohl Trauer über die Trennung, als auch Freude über die Hoffnung, dass er nun endlich den rechten Weg einschlagen würde.
"Gott segne dich, lieber Tip. Sei dir nicht zu schade, uns zu besuchen, wenn du dein Glück gemacht hast."
"In Ordnung!", sagte Tip und ging.
Aber nicht den ganzen Weg bis nach Kanada; eigentlich ging er nicht weiter als bis nach Liverpool. Nachdem er von London aus die Reise zu diesem Hafen angetreten hatte, war er des Schiffes schon wieder so müde, dass er beschloss, den ganzen Weg wieder zurückzulaufen. In Ausführung dieser Absicht stand er nach Ablauf eines Monats wieder vor ihr, in Lumpen, ohne Schuhe und viel müder als je zuvor.
Schließlich, nachdem er wieder einige Zeit Besorgungen erledigt hatte, fand er tatsächlich eine Beschäftigung, die ihm gefiel, und kündigte diese wie folgt an.
"Amy, ich habe ein Anstellung."
"Wirklich und wahrhaftig, Tip?"
"Absolut. Jetzt werde ich es durchziehen. Du musst dich nicht länger um mich sorgen, altes Mädchen."
"Was ist es, Tip?"
"Na, du kennst doch Slingo vom Sehen?"
"Aber nicht den Mann, den man den Händler nennt?"
"Doch, das ist der Kerl. Er kommt am Montag raus und wird mir einen Job geben."
"Womit handelt er denn, Tip?"
"Mit Pferden. Jetzt werde ich es durchziehen, Amy."
Danach verlor sie ihn monatelang aus den Augen und hörte nur noch einmal von ihm. Unter den älteren Häftlingen wurde geflüstert, dass er bei einer Scheinauktion in Moorfields gesehen worden sei, wo er vorgab, plattierte Gegenstände als echtes Silber zu kaufen, und dafür mit größter Freizügigkeit in Banknoten bezahlte; aber dieses Gerücht kam ihr nie zu Ohren. Eines Abends war sie allein bei der Arbeit – aufrechtstehend am Fenster, um das Dämmerlicht über der Mauer nutzen zu können – , als er die Tür öffnete und hereinkam.
Sie küsste und begrüßte ihn, traute sich aber nicht, ihm diese eine Frage zu stellen. Er sah, wie besorgt und ängstlich sie war, und etwas schien ihm leid zu tun.
"Ich habe Angst, Amy, dass du dieses Mal wirklich sauer bist. So wahr ich hier stehe!"
"Es tut mir sehr leid, dich das sagen zu hören, Tip. Bleibst du hier?"
"Nun – ja."
"Da ich diesmal nicht erwartet habe, dass du es wirklich durchziehen würdest, bin ich weniger überrascht und traurig, als ich es vielleicht sonst gewesen wäre, Tip.
"Ach! Aber das ist nicht das Schlimmste."
"Nicht das Schlimmste?"
"Schau nicht so erschrocken. Nein, Amy, das ist nicht das Schlimmste. Ich bin wieder