Odenwaldjagd. H. K. Anger

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Odenwaldjagd - H. K. Anger

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Stern im Guide Michelin bewerben«, stimmte Tina ihr zu.

      »Ach nein.« Der Mann wirkte verlegen.

      »Also wenn ich Testesser für einen Gourmetführer wäre – meine Empfehlung hätten Sie.« Tina strahlte den Imbissbetreiber an.

      »Das ist nett.«

      »Nein, ehrlich«, widersprach ihm Tina. »Sie sollten Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen.«

      »Darf ich?« Der Mann zog mit der linken Hand einen weiteren Stuhl an den Tisch.

      Charlie fiel auf, dass das oberste Glied seines Zeigefingers fehlte. »Ein Unfall?«, fragte sie mitfühlend.

      »Berufsunfall«, erwiderte der Mann mit einem schiefen Grinsen. »Nach einer langen Nacht mit den Kumpels sollte man nicht mit einem rattenscharfen Santokumesser hantieren. Auch nicht als Koch.«

      »Tut mir leid«, sagte Charlie.

      »Ach was, ich komm gut ohne das fehlende Stück Finger klar«, sagte der Mann. »Aber ich passe jetzt besser auf.«

      »Das ist gut.« Tina nickte. »Es wäre jammerschade, wenn Sie nicht mehr kochen könnten. Wie lange werden Sie mit Ihrem Imbisswagen noch hier sein?«

      »Der Kiosk soll zum Beginn der Sommerferien wieder in Betrieb gehen. Vielleicht finde ich ja in der Nähe ein schönes Plätzchen, wo ich meine mobile Küche aufstellen und Sie kulinarisch verwöhnen darf.« Der Mann zwinkerte Tina zu.

      »Ich hätte nichts dagegen.«

      »Bevor mein Vertrag ausläuft, sollten Sie noch mal kommen und meine Wildschweinterrine kosten.«

      »Das werde ich«, versprach Tina.

      »Wie wäre es nächste Woche? Mögen Sie Trüffel?«

      »Hm, ich liebe Trüffel.« Tina fuhr sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe.

      Der Imbissbetreiber beugte sich zu Tina hinüber. »Für Sie rühre ich extra viel Trüffel unter.«

      »So ein verlockendes Angebot kann ich kaum ausschlagen.«

      »Das sollten Sie auch nicht.«

      »Mal sehen, was sich machen lässt.« Tina klimperte mit den Wimpern.

      Charlie griff demonstrativ nach ihrem Rucksack. Sie hatte genug von dem Spektakel, das Tina und der Imbissbetreiber gerade abzogen. Die beiden flirteten hemmungslos miteinander. So kannte Charlie ihre Freundin gar nicht! Vielleicht lag es an dem Kellerbier, das sich Tina anstelle des Kaffees zum Rührei bestellt hatte. Der Alkohol war ihr zur frühen Stunde in den Kopf gestiegen.

      »Ich hätte gern noch einen Kaffee«, sagte Charlie mit Nachdruck.

      »Natürlich, natürlich.« Der Mann stand widerwillig auf und ging mit den Tellern in Richtung des Imbisswagens.

      »Alles in Ordnung?«, fragte Charlie ihre Freundin.

      »Ja, mir geht es bestens!« Tina unterdrückte ein Rülpsen.

      Als der Imbissbetreiber mit dem Kaffee zurück an den Tisch kam, gab Charlie die Tasse an ihre Freundin weiter. »Ich glaube, den kannst du jetzt gebrauchen. Ich bezahle.«

      4. Kapitel

      Zehn Minuten später stapften die beiden Frauen an der Minigolfanlage und an der Grillhütte vorbei den Abhang hoch. Oberhalb des Spielplatzes kamen sie schnaufend zum Stehen.

      »Himmel!« Tina beugte sich vornüber, weil Seitenstechen sie zwickte. »Seit wann sind die Berge im Odenwald so hoch?«

      »Wir sind noch nicht oben«, sagte Charlie schnaufend und warf einen Blick auf den rot-weiß lackierten Turm des Senders, der sich auf dem Bergrücken des knapp 600 Meter hohen Hardbergs gegen den blauen Frühlingshimmel abzeichnete.

      »Wo ist eigentlich der Hund?«, wunderte sich Tina. Normalerweise war Rauhaardackel Willy bei Ausflügen stets an Charlies Seite.

      »Der liegt wahrscheinlich auf Emelies Bett und schläft den Schlaf der Gerechten«, erwiderte Charlie.

      »Würde mir auch gefallen«, brummte Tina.

      Charlie beäugte die Weggabelung, die vor ihnen lag, und runzelte die Stirn. »Um nach Lichtenklingen zu kommen, können wir, wie geplant, den Wallfahrtsweg entlanglaufen. Der führt uns über die Stiefelhöhe als Rundwanderweg nach etwa zwölf Kilometern wieder zum Parkplatz zurück.«

      »Zwölf Kilometer?« Tina verdrehte die Augen.

      »Oder wir nehmen die Abkürzung, die oberhalb von Siedelsbrunn, an der ehemaligen Skipiste vorbei, parallel zum Eiterbachtal hinunterführt. Dann sind wir in einer guten halben Stunde an der Kapellenruine.«

      »Hört sich viel besser an!« Tina nickte zustimmend. »Aber sag mal! Warum willst du unbedingt nach Lichten­klingen? Warum drehen wir nicht einfach eine Runde um das Kloster und sehen uns den Skulpturengarten an?«

      »Ich habe Gertie versprochen, etwas von dem Lichten­klinger Brunnenwasser mitzubringen«, gestand Charlie. »Sie hat noch immer Schmerzen im Arm. Den hat sie sich doch im Herbst beim Apfelpflücken gebrochen. Der Legende nach soll das Wasser heilende Wirkung haben.«

      »Also gut, packen wir’s!« Tina atmete tief durch. »Wo geht’s lang?«

      Charlie schaute auf ihr Handy, wo sie Google Maps aktiviert hatte. »Hier über die Kuppe und dann schräg nach unten.«

      Da der Weg stetig bergab führte, kamen sie zügig voran. Bis auf einen grün lackierten Renault Kangoo mit der weißen Aufschrift OdenwaldForst, der ihnen vom Tal aus entgegenkam, waren sie allein im Wald. Doch sie hatten keine Angst. Die Vögel zwitscherten und die Sonne wärmte ihnen den Rücken. Ein verblasstes Holzschild an einer Buche und ein grünes Infoschild an der letzten Abzweigung wiesen ihnen den Weg.

      »Ich glaub, ich war seit unserem Schulausflug in der Grundschule nicht mehr hier«, meinte Tina, als die Mauerreste der einstigen Kapelle Lichtenklingen vor ihnen auftauchten.

      »Ich kann mich nur daran erinnern, dass wir unten auf der Wiese am Parkplatz Bockwürstchen am Stock gegrillt haben«, musste Charlie eingestehen. »Und dass Benjamin mit der dicken Hornbrille hinterher in den Bach gekotzt hat, weil er zu viele Würstchen verdrückt hatte. Seitdem ist mir der Eiterbach noch weniger sympathisch.«

      Tina schritt die flachen Stufen hinab, die zu der in Sandstein gefassten, mit einem Lauftrog versehenen Quelle führten. »Wenn ich mich recht entsinne, hat der Name des Baches nichts mit Eiter im eigentlichen Sinn zu tun. Geht er nicht auf keltische Wurzeln zurück?«

      »Keine Ahnung.« Charlie ließ den Rucksack von den Schultern gleiten. Sie beugte sich hinunter zum Wasserstrahl, der aus einem in einer Sandsteinsäule verankerten Hahn in den Trog plätscherte. Die von Moos und Flechten besetzte Säule zierte oben ein Pinienzapfen, unterhalb waren Blütenblätter und Rosetten in den Stein gemeißelt. Das Wasser schmeckte kalt und klar.

      Tina ließ ihren Blick über das sanft abfallende Tal gleiten, das im ersten Frühlingsgrün erstrahlte. Ein Bussard zog am wolkenlosen Himmel seine Runden. »Alles wirkt so friedlich

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