Fettnäpfchenführer Italien. Sandro Mattioli

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Fettnäpfchenführer Italien - Sandro Mattioli Fettnäpfchenführer

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nicht mehr der Wähler.

      Franziskas Spaziergang führte sie schließlich an die Fontana di Trevi, wo sich die Touristenmassen drängten. Auf dem Weg dorthin merkte sie zum ersten Mal, dass die bewundernden Pfiffe einiger italienischer Jugendlicher, die sie gehört hatte, ihr galten. Zuerst war es ihr gar nicht aufgefallen. Doch dann sagte ein Junge »eh, bella Bionda, dove vai«, ein anderer rief, sie solle doch herkommen und ein Dritter machte, nachdem sie stehen geblieben war und sich zu der Gruppe hingedreht hatte, eine Geste, die sie nicht interpretieren konnte. Die Jungs schöpften Hoffnung. Einer davon sah cool aus, trug Hip-Hop-Klamotten und war ziemlich jung. Doch es waren die anderen beiden, die ihr selbstbewusst zu verstehen gaben, sie solle herkommen, und winkten – was jedoch so aussah, als wollten sie sie wegschicken, sie kippten die Hand mit dem Handrücken oben nach unten und bewegten sie auf sich zu, als wollten sie Luft zu sich herwedeln. Franziska ging auf die drei Jungen zu, nachdem sie kapiert hatte, was die Geste wirklich meinte.

      »Where are you from?«, fragten sie radebrechend, wo kommst du her.

      »Ich bin aus Deutschland«, antwortete Franziska auf Italienisch, etwas weniger radebrechend.

      Die Jungs wollten wissen, was sie hier tue. Bei der Antwort, sie sei Erasmusstudentin, blitzte etwas in ihren Augen auf. Ob sie Rom möge, einen Freund habe und dass sie hübsch sei – dann war das Englisch auch fast schon erschöpft.

      »Ich kann auch ein wenig Italienisch«, sagte Franziska, absurderweise tat sie das nach wie vor auf Italienisch und ohne, dass es Früchte trug.

      Die Jungs luden sie auf Englisch ein, mit ihr mitzukommen, sie wollten eine Runde drehen. Franziska sagte dankbar »ja«. Zum einen hatte sie ohnehin nichts Besonderes vor, zum anderen konnte sie so Italienisch üben und zum Dritten waren die drei ja ganz sympathisch.

      Im Lauf des Spaziergangs lachte sie viel und flirtete auch munter mit. Sie aßen ein Eis, und einer der Jungen legte den Arm um sie. Franziska war das etwas zu viel, aber gut, Italiener sind ja sehr herzlich, das wusste sie, und zudem war sie auch schüchtern. Vielleicht genoss sie es sogar.

      Schließlich meinte einer der dreien zu ihr, los, gehen wir zu mir, fare l’amore.

      »Nein«, sagte Franziska entschieden, »das werden wir nicht tun.« Dann stand sie auf und ging.

      Der Hip-Hop-Bube fing daraufhin an, wild mit seinem Kompagnon zu schimpfen.

      Franziska hörte noch etwas von wegen, es sei ein scherzo gewesen – für sie war das aber kein Scherz, sondern eindeutig übergriffig, schließlich waren die Flirts bisher harmloses und unverfängliches Schäkern gewesen.

      Als Franziska an einer Ampel stand und ein Junge aus einem Auto heraus ihr zuerst nachpfiff und dann Komplimente machte, belegte sie ihn, so gut es ging, mit den heftigsten Flüchen, die ihr in den Sinn kamen, und wusste doch zugleich, dass ihr Italienisch dafür nicht gut genug war und sie eher lächerlich auf den jungen Mann im Auto wirken dürfte.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Das italienische Flirtsystem funktioniert in den Grundzügen ziemlich anders als das deutsche: Die Männer werfen ihre Angeln, sprich Sprüche, aus und warten darauf, dass jemand anbeißt. Dazu gehört auch, zu zeigen, was man hat: ein tolles Auto, teure Klamotten und andere Statussymbole. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch andere Formen des Kennenlernens geben würde. Italienische Männer sind vor allem in der Werbephase auch ganz gut darin, Komplimente zu verteilen. Man kann sich als Frau auf das Angelspiel einlassen – sollte dann aber auch die Angel im Hinterkopf behalten, um sich am Ende nicht schlecht zu fühlen. In diesem Fall hatten die Jungen den Eindruck bekommen, Franziska lasse sich auf ihr Spiel ein.

       Was können Sie besser machen?

      Was Sie besser machen können, hängt natürlich von ihren Zielen ab. Im Allgemeinen empfiehlt es sich aber, solcherlei Anmachversuche auf der Straße einfach zu ignorieren. Schimpfen darüber, angemacht zu werden, hat keinen Sinn. Man kann – und das machen Italienerinnen auch häufig – den sogenannten Rimorchiatori kurz ein gepflegtes Schimpfwort oder einen kleinen Fluch hinwerfen. Doch während die italienischen Frauen wohl für voll genommen werden, muss man das bei Ausländerinnen bezweifeln.

      Italiener haben eine feine Terminologie entwickelt: So gibt es den Provolone oder auch Provola, das ist ein Mann, der es bei den Frauen probiert. Der Rimorchiatore ist eigentlich ein Schiff, das andere Schiffe an die Leine nimmt, aber auch ein Mann, der viele Frauen abschleppt. Im Gegensatz zum Provolone probiert er es aber nicht bei jeder Frau.

      Vielleicht sollte Franziska sich einfach mal eine Stunde lang auf die spanische Treppe setzen und das Geschehen dort studieren, wie Zweier-Trupps probieren, Touristinnen abzuschleppen: Einer ist der aktive Part, der andere zunächst nur Schattenspender. Später greift er ins Gespräch ein und beginnt eine Unterhaltung mit der Freundin des ersten Objekts der Begierde, sodass die Aufteilung schon einmal klar ist ...

      Einem Vorurteil soll an dieser Stelle aber auch noch vorgebeugt werden: Wie in jedem anderen Land der Welt gibt es in Italien genügend schüchterne, nette, zurückhaltende, korrekte Männer. Nur schiebt sich in der touristischen Wahrnehmung logischerweise die zahlenmäßig weit unterlegene Anmacherfraktion in den Vordergrund.

      Andere zu ignorieren ist im italienischen Alltag generell eine sehr wichtige Fähigkeit. Denn auch bei den afrikanischen Straßenhändlern und bei italienischen Spendensammlern hilft es oft als einziges weiter. Italiener heben manchmal im Vorbeigehen den Zeigefinger und bewegen ihn wie einen schnell geschalteten Scheibenwischer, die angewinkelten Finger nach vorne gerichtet, manchmal noch begleitet von einem Schnalzen, das mit der Zunge vorne hinter den Schneidezähnen produziert wird. Das heißt »Nein«.

      Auch so kann man sich davor schützen, in ein Verkaufsgespräch verwickelt zu werden. Denn wenn man eh nichts kaufen möchte, ist es unsinnig, ein solches Gespräch zuzulassen. Und manchmal spart es richtig viel Geld. Regelmäßig zu Beginn der Saison werden Geschichten von Touristen in den Medien berichtet, die ein gefälschtes Produkt einer Luxusmarke gekauft haben und mehrere Tausend Euro Strafe für ihren Kauf bezahlen mussten. Davon jedoch darauf zu schließen, dass die italienische Polizei mit äußerster Strenge gegen Produktfälscher vorgehen würde, ist sicher übertrieben. Es ging eher darum, ein Exempel zu statuieren. Gegen die fliegenden Verkäufer kommt die Polizei ohnehin kaum an: Nähert sich ihnen in Rom ein Polizist, pfeift jemand, blitzschnell packen die Händler das Tuch, auf dem sie ihre Ware auslegen, an den Ecken, schultern ihren Warenbestand und sind schon über alle sieben Hügel ...

      5

       WIE FRANZISKA EINBLICK IN DIE WELT DES KAFFEES BEKOMMT

      Franziska war es wirklich zuwider, allzu plump angemacht zu werden. Obwohl sie wusste, dass es nichts brachte, sich darüber aufzuregen, war sie immer noch auf 180, oder zumindest 150. Sie wusste, dass sie die Anmachen hier nicht so ernst nehmen muss, sie wusste, dass italienische Jungs einfach später erwachsen werden. Und sie wusste auch um ihre Wirkung auf Männer. Aber sie fand diese Form der Anmache dennoch maximal respektlos. Und deswegen regte sie sich auf.

      Einen Kaffee wollte sie dennoch trinken; sie mochte den Geschmack, vor allem aber mochte sie den kurzen Einhalt, die kurze Pause, die das Kaffeetrinken mit sich brachte. Das war jetzt nötig. Früher hatte sie

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