Das Ende. Mats Strandberg
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Er wirkt irgendwie nervös, so als wolle er mir etwas sagen. Doch dann wird mir klar, dass ich damit, egal was es ist, in diesem Augenblick vermutlich überhaupt nicht umgehen kann.
Auf einmal taucht Amanda wie aus dem Nichts auf und versucht, Johannes mit sich aus der Küche zu ziehen.
»Ey, was ist dein Problem?«, frage ich.
»Du bist das Problem«, antwortet Amanda. »Kommst du jetzt, Johannes?«
Dann stürmt sie allein hinaus, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Was hast du denn?«, rufe ich ihr nach.
»Ich rede mit ihr«, sagt Johannes. »Sie ist wohl eher sauer auf mich.«
Ich kapiere rein gar nichts mehr und versuche es auch gar nicht erst.
Plötzlich vibriert das Handy in meiner Hosentasche. Eine Nachricht von Stina.
Du musst mir versprechen, nicht zum Public Viewing in die City zu gehen. Dort herrscht absolutes Chaos.
Ich verspreche es ihr.
Als ich wieder aufschaue, ist Johannes verschwunden.
Ich genehmige mir noch ein paar Schlucke Schnaps, der zumindest besser schmeckt als das Gesöff in der Schwimmhalle. Hin und wieder kommen weitere Eiswürfel durch meinen Mund. Als aus dem Wohnzimmer unerwartet Save The World erklingt, jubeln alle.
Boah, ist mir heiß. Mann, bin ich besoffen. Auf einmal spüre ich, dass mich jemand anschaut. Die Blondierte. Sie sitzt auf der Arbeitsplatte und füllt gerade ein Trinkglas mit Wasser aus dem Hahn. Dann winkt sie mich zu sich heran und ich zwänge mich zu ihr hin. Unterwegs stolpere ich fast über ein Pärchen, das mitten auf dem Fußboden Sex hat. Die Blondierte streckt mir das Wasserglas hin und ich trinke in großen Schlucken. Als mir das Wasser übers Kinn hinunterrinnt, muss sie lachen. Ich reiche ihr das Glas zurück und sie sagt etwas. Ich nehme an, ihren Namen. Sie riecht nach Parfüm und frischem Schweiß. Ich stütze eine Hand direkt neben ihrer Hüfte ab und brülle ihr meinen Namen ins Ohr.
»Ich weiß«, entgegnet sie und lächelt.
Das Vibrieren der Bässe spüre ich von meinen Beinen aufwärts und mein Körper beginnt im Takt der Musik zu dröhnen.
Am liebsten würde ich jetzt mit Tilda zusammen sein. Und ich hoffe, dass sie es sich auch wünscht.
Doch Tilda ist nicht hier. Aber ich sehne mich nach Berührung. Ich sehne mich so stark danach, dass es körperlich wehtut.
Ich sollte sie endlich gehen lassen, wie alle anderen Jungs es mit ihrer Ex auch tun.
Schließlich berühren meine Lippen die der unbekannten Blondine. Sie sind etwas schmaler als Tildas und fühlen sich völlig anders an. Sie verlagert das Gewicht und ihr weicher Busen streift meinen Arm. Eines ihrer Beine landet wie zufällig zwischen meinen und es erregt mich sofort.
Dann nimmt sie meine Hand. Wir zwängen uns in den Flur hinaus und schlüpfen unbemerkt durch die Wohnungstür ins Treppenhaus, ohne das Licht anzumachen. Auf dem Treppenabsatz vor Alis Wohnung küsst sie mich erneut. An der Wand starrt uns der rot leuchtende Lichtschalter wie ein Auge an. Ich schiebe mit zittrigen Händen ihren Rock über die Hüften hoch und berühre sie, wie ich Tilda immer berührt habe. Sie stöhnt mir ins Ohr.
In der Dunkelheit ist es fast so, als wäre Tilda bei mir. Und als wäre sie diejenige, in die ich gerade eindringe. Die Musik aus Alis Wohnung dröhnt durchs gesamte Treppenhaus und dämpft die Geräusche unserer Körper, die sich aneinander reiben. Eigentlich wäre ein Quickie angebracht, bevor irgendwer kommt, aber ich will nicht, dass es schon aufhört, denn dann würde mich die Wirklichkeit schlagartig wieder einholen. Jetzt atmet sie schneller.
Plötzlich wird Alis Wohnungstür unsanft von innen aufgerissen und die Musik ist deutlich lauter. Kurz darauf wird ein Schalter gedrückt und plötzlich baden wir im Licht. Der Zauber ist gebrochen. Sie kichert betreten und wir rücken unsere Klamotten eilig wieder zurecht.
Aus dem Wohnungsflur dringen laute Stimmen und Gelächter. Dann folgt ein Poltern. Offenbar sind einige bei der Suche nach ihren Jacken gestürzt.
»Seid ihr so weit?«, fragt Ali grinsend vom Türrahmen her. »Das Spiel fängt gleich an.«
NAME: LUCINDA TellUs# 0 392 811 002 POST 0004
Meine kleine Schwester Miranda schläft heute Nacht in meinem Bett. Sie ist zwar schon elf, aber in diesem Sommer hat sie wieder angefangen, am Daumen zu lutschen. Außerdem redet sie etwas kindlicher als sonst und hat Angst im Dunkeln. Aber jetzt schnarcht sie endlich eingekuschelt in einem Nest, das sie aus meiner Bettdecke geformt hat. Ich hingegen kann nicht schlafen. Ich kriege kaum noch Luft und drohe im freien Fall in ein schwarzes bodenloses Loch zu stürzen.
Ich versuche mir klarzumachen, dass die Angst bald wieder vorübergeht. Schließlich kann dieser Zustand nicht endlos andauern. Eigentlich weiß ich es ja.
Das Fußballspiel hat begonnen und das Gejohle aus der Stadtmitte ist bis hier zu hören. Die Anfeuerungsrufe werden in Wellen zwischen den Häusern hin und her getragen und hallen in meinem Kopf wider, wo sie meine Panik noch verstärken. Am liebsten würde ich bei meinem Vater in der Notaufnahme anrufen und ihn bitten, sofort heimzukommen. Heute Abend möchte nicht nur Miranda getröstet werden.
Vorhin haben wir uns gemeinsam eine Doku über den Regenwald angeschaut. (Es war Mirandas Vorschlag, denn sie liebt alles, was mit Tieren zu tun hat.) Als die Kamera eine blau glänzende, giftige Kröte verfolgte, starrte ich fassungslos auf den Bildschirm, weil mir plötzlich klar wurde, dass sie ebenfalls verschwinden wird. Es betrifft nicht nur uns Menschen, sondern auch alle Tiere. Nicht einmal Bakterien werden am Leben bleiben. Die Forscher gehen davon aus, dass unser Planet regelrecht »sterilisiert« wird.
Der Himmel draußen vorm Fenster ist stockdunkel. Mond und Sterne sind hinter einer dichten Wolkendecke verborgen. Doch irgendwo dort oben kreist Foxworth. Er ist zwar noch unvorstellbar weit entfernt, aber schon unterwegs zu uns und nähert sich mit jeder Sekunde, die vergeht.
Miranda hat mich heute Abend fast Löcher in den Bauch gefragt und mir ist schmerzlich klar geworden, wie sehr sie das alles beschäftigt. Unter anderem wollte sie wissen, was nach dem Kometen kommt, worauf ich ziemlich feige und ausweichend geantwortet habe, dass wir uns dann im Himmel wiedersehen. Daraufhin fragte sie, wie wir einander denn dort finden sollen, weil der Himmel doch bestimmt ziemlich groß ist, wenn dort alle Platz finden sollen. Meine süße kleine Schwester, die im gesamten vergangenen Jahr viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat, weil es immer nur um mich ging. Wie lange grübelt sie wohl schon über all diese Dinge nach?
Sie wollte nicht allein in ihrem Zimmer schlafen und ehrlich gesagt wollte ich es auch nicht. Als sie dann dicht an mich geschmiegt im Bett lag, pochte ihr Herz ganz laut an meinem Arm, und in dem Moment musste ich unversehens daran denken, dass ihr Herz, und meines, schon bald abrupt aufhören werden zu schlagen. Genauso wie die Herzen von fast acht Milliarden weiteren Menschen.
Jetzt hämmert es so laut, dass es wehtut. Es ist, als würde es versuchen, alle