Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman. Viola Maybach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman - Viola Maybach страница 15
»Ja, nicht wahr? Ich muss dir sagen, dass ich hinterher gleich das Gefühl hatte, dass mir etwas Außerordentliches gelungen ist. In der Zeitung ist die Hölle los, seit das Interview erschienen ist.« Er lachte. »Stell dir vor, jetzt wollen sie alle mich interviewen, weil Frau Roeder weitere Interviews abgelehnt hat. Ich habe noch ziemlich viel unveröffentlichtes Material, mein Chef will unbedingt, dass ich noch mehr davon veröffentliche. Tja, für die Sternberger sieht es ziemlich schlecht aus, schätze ich.«
»Und das freut dich?«
»Es freut mich«, erwiderte er ruhig, »wenn sich die Wahrheit durchsetzt. Und da ich glaube, dass in diesem Fall Corinna Roeder die Wahrheit sagt, freut mich diese Entwicklung, ja, das kann ich so sagen.«
Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass ihr Schweigen ihm und den Sternbergern gegenüber auch falsch interpretiert werden konnte. Sie musste diesen Zustand so schnell wie möglich beenden.
»Hör mal«, fragte er, »wollen wir nicht zusammen zu Mittag essen? Ich will unbedingt hier raus, ich habe hier nämlich keine ruhige Minute. Außerdem steigt mir das viele Lob allmählich zu Kopfe. Plötzlich wollen alle meine Freunde sein, auch die, die mich eigentlich nicht leiden können. Ich hasse das, kann ich dir sagen.«
Sie ging bereitwillig auf seinen Vorschlag ein, so konnte sie es ihm beim Mittagessen sagen, ohne weitere Verzögerung.
*
Anna wartete, bis Christian und Konrad auf dem Schulhof waren, dann rannte sie zurück zu Per Wiedemann und beschwor ihn, sie in die Stadt zu fahren, in der Ferdinand von Stade wohnte. Sie tue es für einen guten Zweck, beteuerte sie, obwohl sie dafür die Schule schwänzen musste, zumindest die ersten beiden Stunden. Der gutmütige Chauffeur gab schließlich nach, er kannte Anna. Sie hätte sonst den Bus genommen, was unabsehbare Folgen hätte haben können in der derzeitigen Situation.
Als sie die Stadt erreicht hatten, ließ sich Per Wiedemann von seinem Navigationsgerät zu der Straße lotsen, in der die Süddeutsche Allgemeine Zeitung ihren Sitz hatte.
»Sie können mich hier absetzen, Herr Wiedemann«, sagte Anna. »Ich muss da rein, und ich hoffe, es dauert nicht lange.«
»Ich bleibe auf dem Parkplatz«, versprach er. »Passen Sie bloß auf, Baronin Anna, dass nicht einer von den Journalisten Sie erkennt und Sie bedrängt.«
Sie zog sich eine Wollmütze tief in die Stirn und schlang sich einen Schal so um den Hals, dass er ihr halbes Gesicht verdeckte. »Keine Sorge, mich erkennt niemand«, sagte sie, als sie aus dem Wagen stieg.
Sie wollte Ferdinand von Stade ein Interview geben, damit er auch einmal die andere Seite hörte – das jedenfalls war ihr Plan. Sie hatte das Gefühl, dringend etwas für Christian tun zu müssen, und ein Interview über ihren wunderbaren Onkel Leopold, Christians Vater, schien ihr das geeignete Mittel zu sein.
Sie fragte an der Information nach Ferdinand von Stade und erntete ein amüsiertes Lachen. »Nach dem fragen heute alle, ich glaube kaum, dass du Glück haben wirst. Aber versuchen kannst du es ja. Erster Stock.«
Sie nahm die Treppe und befand sich gleich darauf in einem Großraumbüro. Ohne zu zögern steuerte sie einen der Schreibtische an und fragte erneut nach Ferdinand von Stade. Ein erstaunter Blick traf sie. »Was willst du denn von ihm? Bist du mit ihm verwandt?«
»Seine Nichte«, log Anna. »Ich muss ihn wirklich ganz dringend sprechen, und er hat sein Handy nicht an.«
»Natürlich nicht, es klingelt ja alle zehn Sekunden. Seit dem Interview ist hier die Hölle los. Wenn du es genau wissen willst, er isst zu Mittag, bei Antonio.«
»Wo ist das?«
Ein erstaunter Blick traf sie. »Als seine Nichte solltest du das eigentlich wissen. Du gehst nach rechts bis zur nächsten Ampel, dann die zweite Querstraße links …«
Anna verabschiedete sich hastig und verließ das Gebäude wieder. Sie informierte Per Wiedemann, der daraufhin beschloss, ihr unauffällig zu folgen. Dieser Ausflug konnte ihn seinen Job kosten, wie ihm allmählich bewusst wurde. Die Frau Baronin und der Herr Baron verlangten von ihm, dass er die Teenager sicher zur Schule brachte und nicht, dass er sie zu zweifelhaften Abenteuern kutschierte, auch wenn er sicher war, dass Anna diese Fahrt sonst eben ohne ihn unternommen hätte.
Anna fand das Lokal, in dem Ferdinand von Stade angeblich zu Mittag aß, ohne Probleme. Sie war froh, dass sie sich im Internet über ihn informiert hatte, so wusste sie zumindest, wie er aussah, denn sie hatte etliche Fotos von ihm gefunden. Er saß an einem Tisch in einer Nische, ein wenig abgeschieden, und er saß dort nicht allein.
Eine Frau saß ihm gegenüber, eine Frau, die Anna erst erkannte, als sie bereits den halben Weg zu dem Tisch in der Nische zurückgelegt hatte: Es war Franziska von Severn. Natürlich, Franziska wohnte ja auch hier … Anna hatte sogar noch überlegt, ob sie sie um Hilfe bitten sollte bei ihrem Vorhaben, sich dann aber dagegen entschieden.
Sie blieb wie angewurzelt stehen, dann vergewisserte sie sich bei einem der Kellner, ob der Mann in der Nische tatsächlich Ferdinand von Stade war.
»Aber ja«, lachte der Mann, »dir kann ich es vermutlich sagen, du bist ja wohl nicht auch von der Presse. Die jagen ihn nämlich heute alle, weißt du, wegen seines Interviews.«
Anna bedankte sich und steuerte wieder auf den Tisch in der Nische zu. Ob Franziska wohl gerade das tat, was sie selbst sich vorgenommen hatte? Gab sie dem Journalisten ein Interview über Fürst Leopold, damit er auch die andere Seite hörte und begriff, wie voreilig es von ihm war, für Corinna Roeder Partei zu ergreifen?
Während Anna noch überlegte, geschah etwas, womit sie nicht gerechnet hatte: Ferdinand von Stade griff nach Franziskas Hand und legte sie an seine Wange. Dann erhob er sich, um sich neben sie zu setzen. Er umschlang sie mit beiden Armen und küsste sie leidenschaftlich.
Anna war wie angewurzelt stehen geblieben. Der Kellner, mit dem sie zuvor gesprochen hatte, folgte ihrem Blick und lachte. »Ja, ganz heiße Liebe«, sagte er. »Überleg es dir gut, ob du ihn jetzt stören willst.«
Die beiden waren ein Liebespaar, und Franziska hatte nichts davon erwähnt, als sie bei ihnen gewesen war! Wie von Furien gejagt rannte Anna wieder aus dem Lokal – so schnell, dass Per Wiedemann, der draußen auf sie gewartet hatte, ihr nur mit Mühe folgen konnte.
»Nach Hause, Herr Wiedemann«, schluchzte Anna. »Ich muss nach Hause, ich kann jetzt nicht zur Schule gehen.«
Er ließ sie einsteigen und befolgte ihren Wunsch, obwohl er wusste, dass er sich dadurch in noch größere Schwierigkeiten brachte.
*
»Was ist denn?«, flüsterte Ferdinand und machte Anstalten, Franziska noch einmal zu küssen. »Willst du etwa nicht mit mir gesehen werden?«
»Das ist es nicht, nur …« Sie brach ab, als einer der Kellner neben ihnen auftauchte.
»Tut mir leid, dich zu stören, Ferdinand«, sagte er, »aber du wirst von deinem Chef am Telefon verlangt, dringend. Hinten im Büro.«
Ferdinand unterdrückte ein Schimpfwort. »Bin gleich wieder da, Franzi«, versprach er, bevor er dem Kellner folgte.
Franziska sah ihm nach. Noch immer wusste er nicht, dass sie mit den Sternbergern befreundet war. Mindestens drei Ansätze hatte