Der Televisionär. Группа авторов

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die nächsten beiden Drehbücher Menges für das WDR-Fernsehspiel beschäftigten sich mit spezifisch bundesdeutschen Varianten des engen Zusammenhangs von Politik und Verbrechen. In Der Mitbürger64 – der Titel spielte deutlich auf die gängige Nachkriegsphrase von den ›jüdischen Mitbürgern‹ an – ermittelt ein gerade erst in den kleinen Kurort versetzter Polizeibeamter den Tod einer jungen Frau, die nach einer illegalen Abtreibung gestorben ist.65 In Verdacht gerät ein prominenter jüdischer Arzt, dessen Vater unter der NS-Herrschaft einst aus dem Kurort vertrieben wurde und der jetzt aus dem schwedischen Exil zurückgekehrt ist. Aus Angst, als Antisemiten angesehen zu werden – der Vorwurf des rituellen Kindermords ist ein altes Motiv der Judenfeindlichkeit –, behindern die Honoratioren des Kurorts die Ermittlungen des Polizeibeamten, der im Übrigen als Neuankömmling selbst Außenseiter ist. Im Gewand eines Kriminalfalls demonstriert Menges Drehbuch dabei aufklärerisch, dass »gerade die vermeintliche Parteinahme des städtischen Establishments für den jüdischen Arzt [...] ein Kennzeichen des Antisemitismus« ist.66

      Fragestunde, die erste Kooperation von Wolfgang Menge mit dem Re­gisseur Tom Toelle, markierte zugleich auch den Beginn seiner Infragestellung der tradierten Form des – ob kriminalistischen oder politischen – Fernsehspiels als Mittel authentischer Darstellung und Aufklärung. Nicht zuletzt über eine semi-dokumentarische Kameraführung, die im Stil des zeitgenössischen Direct Cinema dem Hauptprotagonisten beständig über die Schultern sieht, werden die sozialen Mechanismen politischer Anpassung in der Bonner Demokratie erfasst. Die Handlung beginnt mit der Landung des Bundestagsabgeordneten Hirthe auf dem Flughafen Köln-Bonn. Freilich braucht es Zeit, bis der Zuschauer das realisiert, denn es gibt keinen üblichen establishing shot, keine Totale, die den Ort der Handlung zeigen würde. Die Kamera bleibt dicht an Hirthes Gesicht und folgt ihm so beim Ausstieg aus dem Flugzeug und auf seinem Weg durch den Flughafen, bis Hirthe schließlich in den Bus nach Bonn steigt und der Vorspann nun über einer Totale auf Flughafen und Bus einsetzt. [Abb. 11]

      1 In Deutschland gab es zwar schon frühere Fernübertragungen von laufenden Bildern, bis 1934 blieben sie jedoch ohne Ton.

      2 Vgl. Chandler, Alfred Dupont/Hikino, Takashi/Von Nordenflycht, Andrew: In­vent­ing the Electronic Century: The Epic Story of the Consumer Electronics and Computer Industries, New York: Free Press 2001, S. 27.

      3 Abgesehen von dem Rekurs auf das ältere Medium Film, d.h. das Abfilmen des TV-Schirms mittels Filmkameras. Der erste Videotape-Rekorder kam 1956 auf den Markt. In seinem ersten Jahrzehnt war das Fernsehen daher ein reines Live-Medium. In Echtzeit übertragen wurden nicht nur Sportereignisse oder Nachrich­tensendungen, sondern ebenso Seifenopern und Werbeeinblendungen. Von der Ausstrahlung von Zelluloidkonserven abgesehen, konnte die Te­levision einzig zeigen, was gerade irgendwo tatsächlich vor einer Kamera geschah.

      4 Feedback konnte allerdings über andere ›remedial‹ Medien gegeben werden, etwa den Brief und vor allem das Telefon.

      5 N. N.: »Mehr als 3,4 Fernseh- und fast 16 Millionen Hörfunkteilnehmer«, in: Chronik der ARD o. J., http://web.ard.de/ard-chronik/index/6116?year=1960&month=1

      6 Zu den ersten nationalen TV-Ereignissen in der Bundesrepublik Deutschland gehörten die Live-Übertragung der Londoner Feierlichkeiten anlässlich der Krönung von Elizabeth II im Sommer 1953 und der Fußballweltmeisterschaft in Bern im Sommer 1954.

      7 W. Menge: Sylt, 21. Juni 1987.

      8 Der Polizeibericht

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