Der Ausweg. Gundolf S. Freyermuth

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Der Ausweg - Gundolf S. Freyermuth

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Mann gab ihr keine Antwort.

      „Denken Sie drüber nach ...“, sagte sie. „Nächste Woche werde ich wieder in der Stadt sein.“

      „Gleiche Stelle, gleiche Welle!“ sagte Kelling.

      Irene Hexter sah ihn aus den Augenwinkeln böse an. Man konnte die Verachtung fast greifen, die sie ihrem Halbbruder entgegenbrachte.

      3

      Gegen Mitternacht begleitete Rudolf Kelling die Alte zu ihrem Wagen. Obwohl sie für ein paar Hunderter Cognac und Champagner intus hatte, schritt sie so gerade dahin wie ein russischer Gardeoffizier. Der strohblonde Punkie-Chauffeur draußen musste inzwischen Schwielen am Hintern und an den Hacken Blasen haben. Aber vielleicht war ihm dafür gedämmert, wer Bambi auf dem Gewissen hatte.

      Die Nacht war kühler geworden. Gallathea Kelling schüttelte es leicht.

      „Kommen Sie“, sagte sie, „gehen wir rein!“

      Kaum hatte Harry Mann genickt, nahm sie ihr Glas und rannte in Richtung Terrasse davon, als hätte sie einen wichtigen Termin. Er hielt nur mit Mühe Schritt.

      An der Tür zum Wintergarten blieb sie stehen und drehte sich halb zu ihm um, so dass ihre Haut auf dem Rücken tiefe kleine Falten warf. Ihre vollen Lippen lächelten ihn entschieden zu freundlich an.

      Er war vernünftig genug, nichts daraus zu machen, und seine Gastgeberin dirigierte ihn, unverdrossen strahlend, zu dem weißen Esstisch und den unbequemen Bauhaus-Stühlen.

      „Mein Mann sagt, Sie seien der älteste Kandidat für den Job gewesen.“ Ihr roter Mund lachte weich. „Und der lustloseste.“

      „Sie müssen nicht alles glauben, was Sie hören.“

      „Also hat mein Mann Unrecht?“

      „Die Leute sehen immer nur, was ihnen gefällt.“

      Kellings Frau blickte ihn mit verwunderten Augen an. „Wie kommen Sie auf die seltsame Idee, es könnte einem gefallen, wenn der zukünftige Stellvertreter stinkfaul ist?“

      „Er scheint zufrieden, ich bin zufrieden.“

      „So sehen Sie nicht gerade aus.“

      „Jetzt bin ich privat. Sie sollten mich mal im Büro erleben!“

      „Geschieht mir recht“, sagte Kellings Angetraute. Sie kratzte sich ungeniert am Ausschnitt hinter den Fetzen schwarzen Musselins.

      Er schwieg.

      Eine seltsame Stimmung kroch zwischen ihnen hoch. Die schöne Gallathea schwankte zwischen den Rollen von Hure und Kommissar. Alles lief auf Streit oder Sex hinaus. Er hoffte, Kelling käme endlich zurück.

      „Sie sind nicht verheiratet. Und eine feste Freundin haben Sie auch nicht ...“

      Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, also gab er ihr keine Antwort. Kelling hatte ihn nicht nur unerbittlich über sein Privatleben ausgefragt; er hatte seine Erkenntnisse obendrein weitergetratscht.

      „Lassen Sie uns Bruderschaft trinken“, sagte sie, als er keinerlei Anstalten zur Konversation machte.

      „Ich heiße Gal.“ Sie sprach es „Gell“ aus. Dabei strahlte sie ihn an, dass es ihm zwischen den Beinen pochte.

      „Aha“, sagte er und rührte sich nicht.

      Die Situation war gequirlter Irrsinn. Wahrscheinlich legte es die Hausherrin auf eine Eifersuchts-Szene an, bei der ihr Angetrauter mal so richtig den Kürzeren zog.

      „Soll ich dich so nennen: ,Aha‘?“ fragte Gal, dezent wie ihr Lippenstift.

      „Wenn’s dir gefällt.“ Er konnte es nicht ändern, dass er so blöd daherredete. Er musste sie zurückstoßen oder er musste sie an sich reißen.

      Gal sagte: „Dann bin ich ,Oho‘!“ und lächelte nachsichtig, als handele es sich bei ihm um ein trotziges Kind in den besten Flegeljahren.

      Sie hob ihr Glas und stieß es über den Tisch. Beim obligatorischen Kuss tauchte ihr Mund an der dargebotenen Wange vorbei. Ihre Zunge glitt über seine verschlossenen Lippen, zweimal, dreimal, dann stieß sie durch und drückte auf seine Schneidezähne. Er spielte toter Mann und bewegte sich nicht.

      Sie wich ein wenig zurück und sagte „Mannomann“, wie bei einem Streit im Sandkasten.

      Genau da wohl ahnte er es zum ersten Mal. Er starrte zurück, schwieg und überlegte angestrengt, was ihm mehr einbringen würde: Kellings Sympathie oder diese Nacht mit seiner Frau?

      Aber irgendwo in seinem Hinterkopf spürte er schon, dass er sie lieben würde, so sehr, wie niemanden zuvor. So sehr fast, wie sich selbst.

      Für diesen Augenblick nahm Gal ihm die Entscheidung ab. Sie stand auf und kam um den Tisch herum. Bevor er sich rühren konnte, schnappte sie sich seine Hände und legte sie auf die Brüste, die er so lange angestarrt hatte. Die Fetzen Musselin schwebten beiseite. Sie beugte sich zu ihm herunter und sagte leise:

      „Küss mich.“

      Er schob seine Zunge zwischen ihre karmesinroten Lippen und vergaß zu denken.

      Nach einer zeitlosen Zeit hörten sie, wie der Jaguar in der Auffahrt wendete und davonfuhr. Gal löste sich von ihm.

      „Später“, sagte sie nur, stieg aus ihrem schwarzen Schlüpfer, der in Wadenhöhe hing, warf ihn in die klobige Bodenvase mit dem Schachbrettmuster, die neben dem Esstisch stand, und zerrte ihren engen roten Rock mit weiten Hüftbewegungen wieder über die Schenkel. „Gib mir deine Telefonnummer, ja?“

      Mann nickte, griff in die Innentasche seines Jacketts, zog seinen antiken Pelikan-Füller heraus und schaute sich suchend um. „Ich hab’ kein Papier ...“

      „Ich auch nicht.“ Gal verzog die Mundwinkel. „Für so was gibt’s Visitenkarten ...“

      Draußen im Flur ließ Kelling die Haustür ins Schloß fallen.

      „Scheiße!“ Gal zog ihren Rock wieder drei Handbreit hoch. „Schreib’s mir hier auf’s Bein!“

      Sie stellte ihren linken Fuß auf seine Stuhlkante, und er malte die sieben Zahlen knapp über dem Knie auf ihre Schenkel.

      „Sie sollten“, sagte Gal dabei laut, „Frau Hexters Vorschlag noch einmal überdenken ...“

      Als sie sich wieder ihm gegenüber gesetzt hatte, musste sie plötzlich lachen. Sie hielt die Hand vor den Mund und zischte: „Mein Gott, du bist total verschmiert. Wisch dich ab! Deine Lippen, die Backe, rundrum!“

      Er tat es, und sein Handrücken war rot von ihrem Lippenstift. Während Kelling eine weitere Flasche seiner klebrigen Spätlese öffnete, schmierte Mann die Farbe von den Händen an die Unterseite der Bauhaus-Stühle.

      Die Kellings und ihr Gast soffen und quasselten weiter, als wären sie alte Freunde. In regelmäßigen Abständen gähnte Gal und schaute auf die Uhr. Ihr Ehemann ließ sich nicht beirren und goss unerbittlich nach.

      Lange

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