Jimi Hendrix. Charles R Cross

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Jimi Hendrix - Charles R Cross

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kam, hatte er selten Lust auszugehen. Al schlug ihr vor, ohne ihn auszugehen.

      „Wenn sie nach Hause kam“, erinnert sich Delores, „war er besoffen und stocksauer. Die Nachbarin nebenan erzählte mir, sie habe jeden Abend Streit und Gezeter gehört.“ Delores sagte, Lucille habe regelmäßig Beulen und Prellungen davongetragen, wenn die Streitereien in Handgreiflichkeiten ausarteten.

      Anfang 1948 stritten sie laut Al einmal so erbittert, dass Lucille auszog und einen Monat lang bei einem Filipino namens Frank lebte. Wenn die Geschichte wahr ist, war sie offenbar dennoch kein Grund für eine Scheidung, und als Lucille zurückkehrte, nahm Al sie wieder auf. In seiner Autobiografie schrieb er: „Ich bin nicht übermäßig eifersüchtig, aber nach dem, was sich Lucille alles geleistet hat, hätten die meisten Kerle sie zum Teufel gejagt.“ Al tat das Gegenteil: Wenn sie ihn verließ, schien er sie jedes Mal noch stärker zu begehren. Laut Delores Hall habe Al böswillig Lucilles Freundschaften zu Männern als Liebesaffären ausgelegt, während Al behauptet, Lucille habe ihn offen betrogen – die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Dennoch, wenn auch nur die Hälfte der Ereignisse, von denen Al in seiner Autobiografie berichtet, wahr ist, wurde er nach Strich und Faden hintergangen. Delores dagegen ist der Ansicht, Als Eifersucht sei das Produkt seiner vom Alkohol beflügelten Fantasie.

      Als Sorgen beruhten jedoch keineswegs ausschließlich auf Einbildung. In jenem Jahr wurde John Page aus dem Gefängnis entlassen, und als er wieder auftauchte, sann er auf Rache. „Er drohte, uns alle umzubringen“, sagt ­Delores. Page stellte Lucille mit einem Revolver nach und schwor, er würde sie mit nach Kansas City nehmen. Ein Freund der Familie schlug ihn mit seiner eigenen Pistole in die Flucht. „John Page war wild entschlossen, Lucille auf den Strich zu schicken“, behauptet Delores. Page hatte offenbar bereits Freunden gegenüber geprahlt, Lucille könne mit ihrer hellen Haut auf dem Strich viel Geld anschaffen. Delores riet Lucille dringend, Page aus dem Weg zu gehen, doch Lucilles Reaktion klang naiv und bis zu einem gewissen Grad auch verschwörerisch. „Ich hab nicht viel mit ihm zu tun“, sagte sie Delores, „aber er gibt mir immer Geld und macht mir schicke Geschenke.“ Die Situation war, wie Dorothy Harding meint, „ein heilloses Durcheinander“.

      Page ließ sich nicht so ohne Weiteres vertreiben. Eines Abends, als Al, Lucille, Delores und andere Verwandte das Atlas Theater verließen, tauchte er auf und packte Lucille.

      „Lass sie sofort los“, schrie Al.

      „Das ist meine Frau“, erwiderte Page. „Ist mir scheißegal, ob du mit ihr verheiratet bist. Du warst nicht da – du hast keine Ahnung.“

      Das war der Startschuss für eine Schlägerei. Page war größer als Al, doch Al hatte Erfahrung im Boxen und landete den ersten Treffer, der Page kurzfristig überrumpelte. Sie prügelten sich die gesamte Straße hinunter, und Al blieb im Vorteil. Schließlich wurden die beiden Männer von Zuschauern getrennt, und Page rannte davon. Lucille ging mit Al nach Hause, und John Page belästigte sie nicht wieder.

      Ein hartnäckigerer Dämon als die Eifersucht war jedoch der Alkohol, der die Zankereien der beiden befeuerte. „Wenn sie tranken, stritten sie auch“, bemerkt Delores. Regelmäßig fanden in ihrer Wohnung Partys statt. „Wenn Lucille und ich Alkohol zu Hause hatten, tranken wir, und meist waren auch andere Leute da, also war es eine Party“, schrieb Al in My Son Jimi. Diese Partys waren so wild, dass sowohl Dorothy wie auch Delores ihren Kindern verboten, die Hendrix’ zu Hause zu besuchen. Jimi musste entweder woanders übernachten oder in seiner Abstellkammer hocken und sich den Lärm anhören. Sowohl Delores wie auch Dorothy fiel auf, dass sich Jimi in diesem Jahr immer mehr zurückzog. Als er gefragt wurde, warum er so still sei, antwortete er meist: „Mama und Papa streiten sich die ganze Zeit. Immer gibt’s Streit. Ich mag das nicht. Ich wünsche mir, dass sie damit aufhören.“ Wenn seine Eltern abends zu streiten anfingen, flüchtete Jimi oft zu Dorothy Harding. Er war so still, dass Harding sich fragte, ob er ernsthaft krank sei. „Er sagte kaum ein Wort“, erinnert sie sich.

      Wenn Jimi doch einmal redete, dann mit einem leichten Stottern, das er bis in seine Jugend behielt und das auch im Erwachsenenalter gelegentlich durchschlug, wenn er nervös war. Er konnte Dorothys Namen nicht aussprechen, weshalb er sie „Auntie Doortie“ nannte. Ab Herbst besuchte er die Vorschule und wurde ein wenig offener, obwohl er wegen seines Sprachfehlers ständig gehänselt wurde. Irgendwann 1947 bekam er sein erstes Musikspielzeug, eine Mundharmonika, doch er zeigte kaum Interesse daran und ließ sie schon bald achtlos liegen. Sein Lieblingsspielzeug war ein kleiner Hund, den Delores aus Stoffresten für ihn genäht hatte. Auf den wenigen Fotografien aus jener Zeit sieht man ihn, wie er den ausgestopften Hund umklammert, als handle es sich um seinen kostbarsten Besitz.

      In guten Zeiten gab sogar Al zu, dass Lucille eine gute Mutter war. „Lucille war wirklich gut im Umgang mit Jimi“, schrieb er in seinem Buch. „Sie knuddelte ihn und sprach mit ihm, und er kuschelte viel mit ihr.“ Jimi war ein kreati­ves Kind und konnte stundenlang allein spielen. Im Alter zwischen vier und sechs Jahren hatte er einen Fantasiefreund, der ihn bei allem begleitete, was er tat.

      * * *

      Im Sommer 1947 wurde Lucille wieder schwanger. In seinem Buch schreibt Al fünfzig Jahre später, zur Zeit der Empfängnis sei er von seiner Frau getrennt gewesen, was Delores Hall bestreitet. Zumindest aber in jenem Sommer waren Al und Lucille zusammen, und mit ihrer Schwangerschaft verbesserte sich die Beziehung. Mehrere Freunde berichten ganz im Gegenteil zu der Version in Als Buch, er habe sich sehr gefreut, ein weiteres Kind zu bekommen. „Immer wieder hat er gesagt, wie glücklich er war“, erzählt Dorothy Harding, „weil er gern bei der Geburt seines Babys dabei sein wollte – Jimis Geburt hatte er ja verpasst, weil er weg gewesen war.“

      Das Baby wurde am 13. Januar 1948 geboren. Al nannte das Kind nach seinem geliebten verstorbenen Bruder Leon. Auf der Geburtsurkunde wurde Al als Vater eingetragen, und er beeilte sich wie jeder andere frisch gebackene Vater, vor jedermann mit dem Kind anzugeben. Auch Delores war im Harborview Hospital, wo sie nur zwei Tage vor Leons Geburt ihr drittes Kind auf die Welt brachte. Sie und Lucille lagen auf der Entbindungsstation nebeneinander, und Delores erinnert sich, dass Al großes Aufheben um Leon machte: „Er zog ihn ganz aus und betrachtete ihn von oben bis unten und sagte dann: ‚Ich bin so froh, dass ich noch einen Sohn habe. Jetzt kann ich sehen, wie seine kleinen Zehen aussehen, die kleinen Füße und die kleinen Hände.‘“ Vielleicht lag es an Als eigenem kleinem Geburtsfehler, dass er immer wieder Leons Zehen und Finger zählte.

      Leons Geburt markierte den Höhepunkt der glücklichen Zeit der Familie. Al war so entzückt von seinem neuen Sohn, dass sich auch alles andere im Leben der Familie zu bessern schien. „Das war die Zeit, in der sie einander blendend verstanden“, sagt Delores. „Al hatte eine Zeit lang einen besseren Job, und die Streitereien nahmen scheinbar ab.“

      Sofort war allen klar – auch Jimi –, dass Leon Als Liebling war. Jimi erzählte seinem Cousin Dee: „Daddy und Mommy sind ganz verrückt nach meinem kleinen Bruder, die mögen ihn lieber als mich.“

      Nicht lange nach Leons Geburt zog die Familie in eine Zweizimmerwohnung im Rainier Vista. Auch sie war klein, aber zumindest hatten Jimi und Leon ein Zimmer für sich. Ab September besuchte Jimi den Kindergarten. Mit fünf Jahren und zehn Monaten war er etwas älter als die anderen Kinder, aber nicht so alt, dass es aufgefallen wäre. Jeden Nachmittag nach der Schule lief er zu dem großen Grüngürtel westlich des Rainier Vista. Dort im Wald kämpfte er täglich Schlachten gegen imaginäre Cowboys und stellte sich vor, er sei einer der indianischen Krieger, über die ihm seine Großmutter Nora Hendrix Geschichten erzählt hatte.

      Nur elf Monate nach Leons Geburt brachte Lucille einen weiteren Jun-gen zur Welt, dem Al den Namen Joseph Allen Hendrix gab. Al wurde auf der Geburtsurkunde als Vater eingetragen, obwohl er in seiner Autobio-grafie die Vaterschaft leugnet. Während Jimi und Leon jedoch beide groß und schlaksig gebaut waren, war Joe klein und kräftig und sah Al ähnlich wie ein Zwillingsbruder.

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