Geduld als Ressource. Bettina Siebert-Blaesing

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Geduld als Ressource - Bettina Siebert-Blaesing Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Pädagogik

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Gläubiger mit Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in Verbindung gebracht. Dort heißt es, die Geduld, die Gott dem Einzelnen gibt, habe dieser auch seinen Mitmenschen zu geben (vgl. EÜ, Matthäus 18). Im Markusevangelium wird im Gleichnis vom Wachsen der Saat (EÜ; Markus 4, 26–29) zwar nicht explizit der Begriff der Geduld erwähnt, in dem Gleichnis geht es jedoch inhaltlich um Geduld: Indem ein Bauer sinnbildlich einen Samen auf einen Acker wirft und ohne weiteres Wissen diesen damit den Wachstumsprozessen der Natur überlässt, nimmt er Anteil an der Entstehung des Reiches Gottes. Nicht der Mensch ist in diesem Gleichnis der Handelnde, sondern die Natur stellvertretend für das Wirken Gottes. Der Mensch kann dies bis zum Reifezeitpunkt (geduldig) wartend beobachten und greift erst wieder erntend in den Prozess ein. Dieses Gleichnis zeigt damit keinen daueraktiven, ständig Leistung erbringenden Menschen, sondern einen Menschen, der Teil aller Lebensprozesse ist (vgl. ebd.). Im Lukasevangelium wird Geduld im Gleichnis vom Sämann als Ausdauer verstanden, die Frucht bringt (vgl. EÜ, Lukas 8,15).

      In den Paulinischen Briefen (EÜ, S. 1405 f) wird im Brief an die Römer darauf verwiesen, beharrlich – im Sinne von geduldig – Gutes zu tun, um ewiges Leben zu erlangen. Ein Engagement in der Gegenwart werde sich als Geschenk Gottes in der Zukunft zeigen, erreichbar nicht durch Aufschub eines Bedürfnisses, Status oder Leistung, sondern durch beständiges Handeln in der Gegenwart (vgl. EÜ, Römer 2,7). An späterer Stelle verknüpft Paulus die Geduld mit der Hoffnung der Menschen auf Rettung: „Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, was man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld“ (EÜ, Römer 8, 24–25). Geduld wird in diesem Sinne als ein Hilfsmittel zur Hoffnung auf ein Überleben verstanden. Im Kapitel zum Leben der Glaubenden (Röm 12,1–15,13) setzt Paulus Fröhlichkeit, Geduld und Beharrlichkeit in Beziehung zueinander, indem er sagt: „Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet“ (vgl. EÜ, Römer 12,12). Die Geduld versteht er hierin als Ausgleich zur Bedrängnis. Im ersten Brief an die Korinther geht Paulus auf die Langmütigkeit der Liebe ein (vgl. EÜ, 1 Korinther 13,4) und stellt ihren besonderen Wert heraus (vgl. EÜ, 1 Korinther 13,13). Im zweiten Brief an die Korinther geht Paulus auf die Situation der Apostel ein und auf die Bedeutung, Leid als Gemeindemitglied wie die Apostel geduldig zu ertragen (vgl. EÜ, 2 Korinther 1, 6–7). An späterer Stelle verweist er auf die Bedeutung von Ausdauer, gleichbedeutend mit Geduld, für die gemeinsame Arbeit von Gemeindemitgliedern und Aposteln (vgl. EÜ, 2 Korinther 12,12). Im Brief an die Galater beschreibt er Geduld, hier als Langmut angeführt, als eine der Früchte des Geistes und stellt sie damit den Werten der Liebe, Freude, des Friedens, der Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung gleich (vgl. EÜ, Galater 5, 22). Im Brief an die Epheser ruft Paulus die Christen zur Einheit auf und bittet um Geduld, Demut und Friedfertigkeit, wie auch darum, einander in Liebe zu ertragen (vgl. EÜ, Epheser 4,2–3). Im Brief an die Kolosser drückt Paulus seinen Wunsch aus, dass Gott alle Menschen mit Kraft ausstatte, damit sie Geduld und Ausdauer haben (vgl. EÜ, Kolosser 1, 11). Hier beschreibt er die Geduld neben dem Erbarmen, der Güte, der Demut und der Milde als äußere Merkmale des Auserwähltseins durch Gott (vgl. EÜ, Brief an die Kolosser 3, 12). Im ersten Brief an die Thessalonicher bittet er um Geduld mit allen für ein gutes Gemeindeleben (vgl. EÜ, 1 Thessalonicher 5,14). Die Pastoralbriefe verstehen sich als Briefe an die Gemeindeleiter (vgl. EÜ, S. 1493). Im zweiten Brief an Timotheus bedankt sich Paulus für die Nachfolge der Leiter in „der Langmut, in der Liebe und der Ausdauer, in den Verfolgungen und Leiden“ (vgl. EÜ, Timotheus 3,10–11) und fordert den Gemeindeleiter auf, die Gemeindemitglieder unermüdlich und geduldig zu belehren (vgl. EÜ Timotheus 4,2). Im Brief an die Hebräer ermutigt er zur Orientierung an der Ausdauer Abrahams (vgl. EÜ, Hebräer 6,12 und 6,15).

      Die Katholischen Briefe werden dem ersten Jahrhundert nach Christus zugeordnet und sind an eine breite Öffentlichkeit gerichtet, um die Christen zu einem Zusammenhalt zu ermutigen (vgl. EÜ 2001, S. 1525). Im Brief an Jakobus mahnt der Autor zur Ausdauer in Geduld und verweist auf die kommende Auferstehung. Der Gedanke der Auferstehung liegt auch folgenden Aussagen zugrunde (vgl. EÜ, Jakobus 5,7):

      „Darum, Brüder, haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn! Auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig, bis im Herbst und im Frühjahr der Regen fällt. Ebenso geduldig sollt auch ihr sein. Macht euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor. Klagt nicht übereinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet. Seht, der Richter steht schon vor der Tür. Brüder, im Leiden und in der Geduld nehmt euch die Propheten zum Vorbild, die im Namen des Herrn gesprochen haben: Wer geduldig alles ertragen hat, den preisen wir glücklich. Ihr habt von der Ausdauer des Ijob gehört und das Ende gesehen, das der Herr herbeigeführt hat. Denn der Herr ist voll Erbarmen und Mitleid“ (EÜ, Jakobus 5, 7).

      Im ersten Brief des Petrus geht der Autor auf die Verfolgungssituation der Christen als neue Religionsgemeinschaft im geschichtlichen Kontext ein und empfiehlt, erfahrenes Leid, das in der Gnade Gottes geschehen sei, zu erdulden (vgl. EÜ, 1 Petrus 2,20; Die Bibel 2001). In der Offenbarung des Johannes stellt der Autor das standhafte, mühevolle und dienende Ausharren der Christen auch in der Unterdrückung besonders heraus (vgl. EÜ, S. 1555; Offenbarung 1,9; Offenbarung 2,2; Offenbarung 2,19; Offenbarung 3,10; Die Bibel 2001).

      Die beiden Kirchenväter Cyprian von Karthago und Augustinus von Hippo verbindet über mehrere Jahrhunderte sowohl ihre regionale Verortung jeweils als Bischof im Norden Afrikas wie auch ihre Führungsrolle während des Aufbaus der Kirche in den Anfängen des Christentums in der Diaspora, was beim Verständnis ihrer jeweiligen Aussagen zur Geduld zu berücksichtigen ist.

      2.3.3.1 Cyprian von Karthago

      Cyprian von Karthago hat in den Jahren um 200 bis 258 n.Chr. in Karthago im heutigen Tunesien gelebt (vgl. Schmidt-Salomon 2017, S. 64–65). Auf Anraten eines befreundeten Priesters bekehrt er sich zum Christentum. Kurz darauf wird er Bischof von Karthago, was unter der Priesterschaft kritisch gesehen wird. Er flieht im Jahr 250 in der Christenverfolgung, die viele Christen zu einer Entscheidung für oder gegen das Christentum zwingt. Sein Bischofsamt übt er in dieser Zeit von der Ferne aus, kommt jedoch im Jahr 251 nach Karthago zurück, wird aber schließlich in der Christenverfolgung unter Kaiser Valerian enthauptet. Cyprian setzt sich für die Kindstaufe und für den Einheitsgedanken der Kirche und eine weitreichende Autonomie jedes Ortsbischofs ein.24 In De bono patientiae (vgl. Stöhr 2014, S. 30) beschreibt Cyprian welche bedeutende Rolle die Geduld als Tugend im Alltagshandeln in der Anfangszeit des Christentums hat. Er weist der Geduld die Fähigkeit zu, den Menschen in allen kritischen Lebenssituationen als Kraftquelle zu stärken und auf seinem Lebensweg zu halten. Für Christen wäre das Leben von Jesus Christus ein Vorbild für die Geduld.25 An anderer Stelle erklärt Cyprian die Notwendigkeit der Geduld als Trost im Leid, das jeder Mensch infolge der Erbsünde ertragen müsse.26 Indem Cyprian sich auf Genesis 3, 17–19 bezieht, zeigt er bildlich auf, dass die Menschheit – symbolisiert durch Adam, der sich den Weisungen Gottes nicht füge, – existenziell an die Erfahrung von Leid bis zum Tod gebunden sei. Geduld biete darin Trost (ebd.). Die Schwierigkeiten und Problemlagen des Lebens vergleicht er mit den „Angriffen des Teufels“ (ebd., S.25) und der „Welt“ (ebd.). Christliche Aufgabe sei es, mithilfe der Geduld dies zu „ertragen“ (ebd.) Cyprian trifft eine Unterscheidung zwischen denjenigen, die sich an der Geduld Gottes ausrichten würden und anderen, die sich an der Ungeduld orientieren würden. Ungeduld setzt er mit dem Werk des Teufels gleich, indem er sagt: „Denn wie die Geduld ein Segen Christi ist, so ist andererseits die Ungeduld ein Fluch des Teufels“27. Die Ursache aller Probleme schreibt er Andersgläubigen besonders aber dem Volk der Juden zu, als er erklärt: „Wenn ferner das gegenüber den göttlichen Wohltaten treulose und undankbare jüdische Volk zum ersten Mal von Gott abtrünnig wurde, war nicht daran die Ungeduld Schuld?“(ebd.) Im Ganzen wertet er die Geduld als positiv und förderlich, die Ungeduld stellt er als negativ und schädlich dar, wenn er behaupte, „überhaupt all das, was die Geduld durch ihr Wirken zum Ruhm aufbaut, das richtet die Ungeduld zugrunde“ (ebd.). Diese Überlegung führt zu einer aktuellen Kritik (vgl. Diskussion) an Cyprians Sichtweise zur

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