Dave Gahan. Trevor Baker
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„Martin war der Stille in der Ecke“, sagt Terry. „Sagte nie ein Wort. Keiner von ihnen sprach viel. Man musste sie erst ansprechen. Das war keine Arroganz, sie waren einfach schüchtern. Schließlich stammten sie aus Basildon und machten nun auf einmal Karriere in der Metropole, in London.“
Trotzdem zogen sie es nie in Betracht, aufzuhören. In jugendlichem Selbstvertrauen dachten sie, sie könnten einfach weitermachen wie bisher – mit Martin als Hauptsongwriter. „Ich glaube, wir hätten uns ein bisschen mehr sorgen müssen, als wir das getan haben“, sagte Martin später. „Wenn dein Hauptsongwriter aussteigt, solltest du dir ein paar Gedanken machen.“
Depeche Mode tourten unbeirrt weiter und gaben im Oktober und November 1981 insgesamt vierzehn Konzerte. Vince’ letzter Auftritt mit der Band fand am 16. November im Lyceum in London statt. Zu diesem Zeitpunkt hätte er zu Recht annehmen können, dass Depeche Mode am Ende waren. Ihr neuer „Songwriter“ Martin war ein extrem schüchterner, zurückhaltender Mensch, und weder Dave noch Fletch waren besonders begabte Musiker. Anfangs herrschte ihm gegenüber daher eine gewisse Feindseligkeit wegen seines plötzlichen Ausstiegs, doch legte sich diese rasch wieder.
„Als Vince ausstieg, überlegten wir einen Augenblick lang, ob wir ihn nicht verhauen sollten, weil wir gerade erst unsere Jobs aufgegeben hatten und so weiter“, sagte Andy 1986. „Doch selbst die Trennung erfolgte auf einer recht freundschaftlichen Basis. Also gingen wir einfach wieder ins Studio und machten weitere Aufnahmen.“
Nach dem Weggang von Vince mussten sie beweisen, dass sie trotzdem noch eine Zukunft hatten, und zwar weniger allen anderen als vielmehr sich selbst. Mit dieser Einstellung nahmen sie noch vor der Veröffentlichung von Speak And Spell den Titel „See You“ auf, den Martin im Alter von 17 Jahren geschrieben hatte. Er war stark von dem Pop der frühen Sechziger geprägt, den seine Mutter so geliebt hatte, und klang wie eine seltsame Mischung aus seinem eigenen Stil und dem Versuch, Vince zu kopieren. Die Version, die später auf ihrem zweiten Album erschien, begann mit einer dunklen, düsteren Melodie, die sich rasch in etwas Sanftes und Süßliches auflöste. Die Single-Version hingegen wollte so rasch wie möglich zum Refrain gelangen. Daran ließ sich ablesen, dass sie sich um ein Überleben ohne Vince’ Melodien mehr Sorgen machten, als sie zugaben.
Die Ergebnisse waren jedoch gut genug, dass sie neue Zuversicht schöpften und übereinkamen, ihn nicht zu ersetzen. Kurzfristig aber mussten sie jemanden finden, der auf der nächsten Tournee seine Keyboardparts übernahm. Zu diesem Zweck setzten sie eine ziemlich plumpe Anzeige in den Melody Maker: „Bekannte Band sucht Synthesizer, muss unter 21 sein.“
Alan Wilder sagte später, er habe erraten, dass es sich dabei wahrscheinlich um Depeche Mode gehandelt habe. Es gab nicht allzu viele „bekannte“ Bands, deren Mitglieder unter 21 waren, die auf ihren Synthesizer-Sound stolz waren und die unlängst ein Mitglied verloren hatten. Er war damals schon 22 und hatte bereits in verschiedenen Bands gespielt, jedoch ohne großen Erfolg. Seine aktuelle Band, The Hitmen, machte keinerlei Fortschritte, also ging er zu dem Vorspielen im Blackwing Studio.
Als er dort eintraf, standen Depeche Mode gerade kurz davor, zu verzweifeln. Daniel Miller nahm die Bewerber unter die Lupe, und das Niveau war nicht besonders hoch. Wie vorherzusehen gewesen war, tauchten zwar allerlei bunte Vögel zu dem Termin auf, aber die musikalischen Fähigkeiten waren meist nicht das, was sie sich erhofft hatten – bis Alan Wilder den Raum betrat. Er konnte einfach alles spielen. Alan wiederum war seinerseits überrascht, wie rudimentär die Musik streckenweise war. Er stellte fest, dass sich viele Parts mehr oder weniger mit einem einzigen ausgestreckten Finger spielen ließen. Außerdem spürte er instinktiv, dass er nicht ganz zu Dave, Martin und Fletch passte. Sie kamen aus Basildon, und man merkte es ihnen an. „Alle ihre Freunde stammten aus Basildon, und Alan kam aus einem leicht anderen, in ihren Augen etwas zu bürgerlichen Milieu“, sagte Daniel Miller. „Er war musikalisch sehr bewandert und reagierte zu Anfang etwas hochnäsig darauf, dass ihr gesamtes Material nur monophones Ein-Finger-Zeug war.“
„Es war ein bisschen kompliziert“, sagte Alan später. „Ich komme sozusagen aus der Mittelschicht, sie aus dem Arbeitermilieu. Sie waren jung und wirkten sehr naiv. Musikalisch klangen sie ein wenig naiv, aber trotzdem irgendwie interessant, und ich war damals in einer recht verzweifelten Lage, in der ich so gut wie jedes Engagement angenommen hätte.“
Obwohl Depeche Mode nach dem Weggang von Vince ebenfalls in einer unsicheren Lage steckten, so waren sie doch immerhin eine Band, die zwei Top-20-Hits gehabt hatte und kurz vor der Veröffentlichung eines mit Spannung erwarteten Debütalbums stand. Die Entscheidung kann für Alan also nicht gar so schwer gewesen sein, selbst wenn er fand, dass die anderen Bandmitglieder musikalisch ein bisschen unter seinem Niveau wären.
Der eigentliche Grund, warum Vince die Band verließ, könnte schlicht auch der gewesen sein, dass er dachte, er käme ohne sie besser voran. Damals war das ein nicht von der Hand zu weisendes Argument. Einer der Songs, den Depeche Mode als „Scheiße“ verworfen hatten, war das hervorragende „Only You“, mit dem Vince und Alison Moyet mit ihrer neuen Band Yazoo später einen riesigen Hit hatten. Die ersten beiden Yazoo-Singles – „Only You“ und das brillante „Don’t Go“, die beide bis auf die obersten Plätze der Charts kletterten – machten unmissverständlich klar, wer damals der fähigere Songwriter war. In einem Interview mit der Times sagte Alison Moyet 2008, Vince und ihr sei „bewusst“ gewesen, dass „Only You“ weit besser war als „See You“.
Obwohl sie es natürlich abstritten, teilten Depeche Mode dieses Bewusstsein zumindest ansatzweise. Sie waren einfach neidisch auf Vince, der einen Erfolg nach dem anderen zu haben schien. „Wir waren ein bisschen eifersüchtig“, gestand Dave Jahre später. „Der erste Song, den sie herausbrachten, ‚Only You‘, war ein Song, den er eigentlich mit uns hatte machen wollen. Ich dachte damals: ‚Nein, den nicht.‘ Dann wurde er jedoch zu einem Riesenhit.“
Für Mute erwies sich die Trennung als Gewinn, denn Daniel Miller hatte nun zwei bekannte Bands unter seinen Fittichen. Vince’ Yazoo waren ausgesprochen erfolgreich, und sein Weggang bei Depeche Mode bot eine Chance für Martin. Trotzdem war die Stimmung bisweilen noch recht angespannt, wenn sie sich im Büro von Mute zufällig über den Weg liefen. Sie wussten jedoch, dass es besser war, den Ball flach zu halten. Sie alle kannten Alison Moyet noch von der Schule in Basildon und hatten großen Respekt vor ihr.
„In der Schule war sie in unserer Klasse“, sagte Fletch. „Sie war die beste Kämpferin in jenem Jahr! Als wir einmal in diesem kleinen Büro bei Mute waren, dachte sie, wir hätten über sie gelacht, und sagte: ‚Fletch, wenn du noch einmal über mich lachst, dann trete ich dir in die Eier.‘ Lache niemals über Alison Moyet.“
Als Speak And Spell schließlich erschien, erreichte das Album die Top 20, doch die Nachrufe auf Depeche Mode lagen bereits fertig in der Schublade. Die beiden Songs, die Martin für das Debütalbum geschrieben hatte, „Tora, Tora, Tora“ und das Instrumentalstück „Big Muff“, waren zwar ganz gut, doch es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass er solche Hits schreiben konnte wie Vince Clarke. Es war allerdings auffällig, dass „Tora, Tora, Tora“ einen dunkleren, schmutzigeren Sound hatte als alles, was Vince je verfasst hatte. Rückblickend war der Song dem Stil, für den sie heute stehen, wesentlich ähnlicher.
Damals indes stieg Alan in eine Band ein, die der Inbegriff einer seichten Pop-Gruppe war. Ihre Videos wurden in der Regel in den leuchtenden Primärfarben des Kinderfernsehens gehalten, und ihre Fotoserien waren sehr oft schlichtweg peinlich. Allerdings war das ein Erfolgsrezept, das sich bewährte.
„See You“ erschien Anfang 1982 und gelangte zu ihrer Erleichterung in die Top 10. Bizarrerweise lief die Single viel besser als der qualitativ überlegene Vorgänger „Just Can’t Get Enough“, was von der großen Loyalität ihrer Teenie-Fangemeinde