Dave Gahan. Trevor Baker

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Dave Gahan - Trevor Baker

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      Depeche Mode scherten sich nicht allzu sehr darum, was gerade „in“ war. Sie wollten einfach nur gute Songs schreiben. Leider war genau der Mann, der ihren Teenager-freundlichen Sound am meisten zu verantworten hatte, Vince Clarke, derjenige, der mit ihrem neuen Status ganz und gar nicht glücklich war. Er hatte noch nie gerne Interviews gegeben und konnte nun mit den – wie er es sah – unangenehmen Einschnitten in ihrem Privatleben nicht umgehen.

      Nach einem Interview mit Rick Sky vom Daily Star war für Vince der Gipfel erreicht. Rick fragte, ob er es für vorteilhaft halte, gut aussehend zu sein, und Vince erwiderte, dass dies natürlich der Fall sei. „Rick Sky drehte es so hin, als hätte Vince gesagt, dass es hässliche Bands niemals schaffen und man nur gut aussehen muss, um es auf Platz eins zu schaffen“, sagte Dave später. Vince fühlte sich durch dieses noch relativ harmlose Beispiel für Boulevardjournalismus zutiefst verletzt. Einige Wochen lang verließ er nur selten seine Wohnung. Danach überließ er die Interviews seinen Bandkollegen. Sie machten sich zwar Sorgen um ihn, erwarteten aber in keiner Weise, dass er so reagieren würde, wie er schließlich reagierte. Zu diesem Zeitpunkt waren sie mit Promotion und Konzerten mehr als beschäftigt.

      Dave war immer noch 19, Martin und Andy hingegen waren schon 20 Jahre alt. Vince war 21. Sie besaßen noch nicht das notwendige Selbstbewusstsein, um ihre Karriere selbst zu steuern oder Kritik zu ignorieren. Brian, der viele Jahre mit ihnen zusammenarbeitete, sagt, er habe bei jenen ersten Treffen nur einen sehr schwachen Eindruck davon bekommen, wie sie wirklich waren.

      „Sie wirkten einfach wie ganz junge Burschen aus Basildon. Sie waren nicht ungezogen oder aufmüpfig wie viele andere junge Bands, sondern ziemlich diszipliniert.“

      Mit der Veröffentlichung von „Just Can’t Get Enough“ waren ihre Auftritte im Croc’s gezählt. Es war eine aufregende Entwicklung, die einem zuweilen aber auch Angst einjagen konnte. Dies traf insbesondere auf Dave zu, der bei den Fans im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Einmal bat man ihn zu einer lockeren Signierstunde mit Jugendlichen in den Camden Palace. Wenige Monate zuvor wäre dies einfach und vergnüglich gewesen, doch das Publikum hatte sich gewandelt.

      „Es war ziemlich beängstigend“, beschrieb er die Signierstunde in der Zeitschrift Sounds. „Als ich hineinkam, verstellte man mir den Weg. Die Leute rissen an meinen Kleidern und zogen an meinen Haaren – ich bekam es dermaßen mit der Angst, dass ich aufs Klo rannte und mich dort einschloss. Ich wollte nicht wieder rauskommen. Ich glaube, das war eine meiner schlimmsten Erfahrungen – diese Erkenntnis, dass die Kids einen umbringen könnten.“

      Trotzdem ließen sich Depeche Mode nicht entmutigen. Sie hatten jenes Arbeitsethos, das man bekommt, wenn man einen langweiligen Job hat. Was auch immer geschah, sie wollten keinesfalls wieder dorthin zurückkehren. Besonders Dave, der nun einen Vorgeschmack auf das Leben als Popstar bekommen hatte, hatte es überhaupt nicht eilig, wieder als Schaufensterdekorateur zu arbeiten.

      Im November 1981 sah es jedoch so aus, als würde genau das passieren.

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      Dave wusste zwar, dass Vince unglücklich war, doch er wusste nicht, wie sehr ihn die Ereignisse durcheinander gebracht hatten. Vince war stets ein wenig introvertiert gewesen. Obwohl sie anfangs gut miteinander ausgekommen waren, bestand nun eine gewisse Distanz zwischen ihnen. Im September 1981 erreichten sie einen neuen Meilenstein in ihrer Karriere – ihre erste Auslandstournee. Der erste Termin war in Hamburg, genau wie zwanzig Jahre zuvor bei einer anderen Teenager-Band, den Beatles. Anschließend standen Amsterdam, Brüssel und Paris im Kalender. Während beinahe der gesamten Dauer der Tournee saß Vince vorn im Bus und sprach kaum ein Wort mit den anderen.

      Ironischerweise war die Aufmerksamkeit, die seine Teenie-Pop-Songs erregten, ein Problem für ihn. Er wollte die ganzen Interviews und Fototermine nicht machen müssen. Wenn er komponierte oder im Studio arbeitete, war er am glücklichsten. Ebenso wenig mochte er die Demokratie, die typischerweise innerhalb einer Band herrscht. Viele Jahre später gestand er gegenüber der Times in einem Interview über sein späteres Vehikel Yazoo: „Die Kommunikation in einer zwischenmenschlichen Beziehung lag mir nie besonders. Im Studio fühlte ich mich sicher, aber eine Unterhaltung mit jemandem zu beginnen …“

      Er konnte es nicht ausstehen, wenn die übrigen Bandmitglieder seine Songs infrage stellten. Zum Beispiel hatten sie immer an seinen Texten herumkritisiert. Dave, der sie schließlich singen musste, empfand sie bisweilen als Zumutung. Besonders schlechte Erinnerungen verknüpft er mit „New Life“.

      „Ich erinnere mich, wie ich eines Abends durch Basildon ging und auf einmal bemerkte, dass mir zwei Mädchen folgten“, berichtete er 1982 in einem Gespräch mit Mark Ellen. „Ich wusste, dass sie mich erkannt hatten. Dann begannen sie zu singen: ‚I stand still stepping on a shady street‘ (etwa: Ich stehe still, eine schattige Straße betretend). Ich begann, ein bisschen schneller zu gehen, und stellte meinen Kragen auf. Dann sangen sie (stöhnt): ‚And I watch that man to a stranger‘ (Etwa: Und ich beobachte den Mann zu einem Fremden). Und ich dachte: Oh nein, ist das peinlich! Verstehen sie denn diese Texte überhaupt?! Vielleicht tun sie es ja und wir nicht!“

      Vince schrieb seine Texte oft passend zu einer bestimmten Melodie, ohne Rücksicht auf den Inhalt und die Grammatik. Es war seine normale Arbeitsweise. Einmal präsentierte er der Band drei neue Songs aus seiner Feder. Als er den Raum verließ, um auf die Toilette zu gehen, steckten die anderen die Köpfe zusammen und sagten: „Die sind scheiße! Die können wir nicht aufnehmen.“ Als er wieder zurückkam, teilten sie ihm diese Entscheidung nur einen Hauch höflicher mit. „Das könnte der Wendepunkt gewesen sein“, sagte Martin Jahre später.

      Rückblickend glaubt Terry Murphy, dass Vince eines Abends im Bridge House erwog, einen neuen Weg einzuschlagen. „Als Vince vorbeikam, um den Auftritt von Alison Moyet zu sehen, kam mir der Gedanke, er könnte vielleicht aussteigen. Er kam vorbei, um sich das Konzert mit ihrer Band The Little Roosters anzusehen, und sagte zu mir: ‚Alison stammt aus Basildon, da dachte ich, ich schaue mal vorbei.‘ Damals dachte ich, er wollte Alison als Sängerin für Depeche Mode anwerben. Das sind viel beschäftigte Jungs, und wenn sie es erst einmal geschafft haben, gehen sie nicht einfach so zu einem Konzert. Also dachte ich: Was macht der denn hier? Alison in der Band wäre doch ein Witz gewesen, weil sie so eine tiefe Stimme hat. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.“

      Freilich hatte Vince auch keinesfalls die Absicht, Alison Moyet für Depeche Mode zu engagieren. Etwa ein Jahr später wurden die beiden unter dem Namen Yazoo zu einer der erfolgreichsten Gruppen des Landes.

      Im Spätsommer 1981 suchte Vince Dave und Fletch zuhause auf und teilte ihnen mit, dass er die Band verlassen werde. Sie waren wie vor den Kopf gestoßen. Sie hatten drei Singles veröffentlicht, und das Album sollte jeden Moment erscheinen. Sie hatten auf dem Höhepunkt der schlimmsten Rezession seit Jahren alle ihre Jobs hingeworfen – und jetzt das!

      Die Erklärung von Vince war einfach. „All das, was der Erfolg mit sich bringt, war plötzlich wichtiger als die Musik geworden“, resümierte er, als die Trennung offiziell war. „Anfangs bekamen wir Fanpost, in der es hieß: ‚Mir gefallen eure Songs sehr.‘ Dann kamen Briefe, in denen gefragt wurde: ‚Wo kauft ihr eure Hosen?‘ Da fragt man sich doch, was kommt als Nächstes?“

      Vince versprach zwar, die geplante Tournee noch zu absolvieren und bot an, weiterhin für sie zu schreiben, aber es war ein schwerer Schlag. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal der Vertrag mit Seymour Stein und Sire Records in Amerika unter Dach und Fach. Also verschoben sie die Veröffentlichung von Speak And Spell. „Ehrlich gesagt, war das Ganze meiner Meinung nach eine totale Katastrophe“, sagt Terry Murphy. „Sie hatten ihren Songwriter eingebüßt. Das war ihre Stärke, die Songs. Ich dachte, das wäre nun unwiderruflich das Aus für die Band. Ich konnte es nicht

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