Das ist meine Zeit. Howard Carpendale
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Dann der befreiende Tag.
„Hi, Mum.“
„Good morning, Howard“, antwortete meine Mutter fröhlich.
„Hi, boy“, sagte mein Vater.
Wir redeten über die Schule, über das Wetter und über das, was Mum und Dad erledigen wollten. Die Mauer des Schweigens war durchbrochen. Mir schmeckte das Frühstück.
Howard, würdest du sagen, dass du eine glückliche Kindheit hattest?
Meine Eltern haben mir alles ermöglicht – und es gab nur wenige Momente, die ich am liebsten aus der Erinnerung streichen würde.
Welche Momente waren das?
Wir hatten manchmal mit größeren finanziellen Problemen zu kämpfen und mussten deswegen aus unserem schönen Haus in eine kleine Zweizimmerwohnung ziehen. Dort schlief ich dann als kleiner Junge mit meinen Eltern in einem Schlafzimmer. In dieser Zeit gab es häufiger Streit zwischen Mum und Dad – oft verbunden mit diesen Phasen eisernen Schweigens.
Dieses Schweigen war unerträglich für dich?
Ja. Diese Tage zu überstehen, das gehörte zu den schlimmsten Erfahrungen, die ich als Kind machen musste. Als ich etwas älter war, drohte mein Vater einmal damit, uns zu verlassen. Da habe ich ihm fast erleichtert gesagt: „Dann geh, hau ab.“ Ich wusste allerdings nicht, worum es in dem Streit ging. Am Ende war dann alles wieder gut. Mit Streitereien kann ich auch heute schlecht umgehen. Ich bin harmoniesüchtig.
Warum hatten deine Eltern mit finanziellen Problemen zu kämpfen?
Ich glaube, dass mein Vater der Typ war, der gerne mal Geld verlieh, das er eigentlich gar nicht hatte. Das führte zu großen Spannungen und finanziellen Engpässen. Ich kann mich noch sehr gut an einen Geburtstag erinnern, an dem ich einen roten Pullover bekommen habe. Ich war darüber so enttäuscht, dass ich nur geweint habe. Das war sehr hart für meine Eltern. Sie hatten gerade sehr wenig Geld und konnten sich eigentlich noch nicht mal diesen Pullover leisten. Einen solchen Geburtstag habe ich dann aber nie mehr erlebt. Meine Eltern haben meinen großen Tag ansonsten immer sehr liebevoll gestaltet. Oft verbunden mit kleinen Spielchen, komischen Verpackungen und Hinweiszetteln, die mich zu den Geschenken führten. Ein schönes Ritual, das ich für Wayne und Cass übernommen habe. Für sie habe ich mir zu den Geburtstagen und zu Weihnachten ebenso nette Spiele überlegt. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich einmal einen Kassettenrekorder im Kamin versteckt habe, mit einer Aufnahme, auf der ich mit verstellter Stimme den Weihnachtsmann gesprochen habe. So waren der Effekt und die Spannung perfekt. Die Jungs reden heute noch von meinen Überraschungen, und ich denke, diese Tradition wird sich bei den Carpendales weiter halten.
Wie hast du deine Kindheit und Jugend sonst erlebt?
Ich kann nicht sagen, dass ich die ersten zehn Jahre meines Lebens genossen habe. Ich war ein sehr stilles und einsames Kind. In den Kindergarten haben mich meine Eltern nicht geschickt. In der Schule wurde ich oft gemobbt, vielleicht, weil ich ein bisschen mollig und im Sport zunächst auch keine Granate war. Wenn ich mittags aus der Schule kam, hatte ich niemanden, dem ich etwas erzählen oder mein Herz ausschütten konnte. Ich habe noch vor Augen, wie ich zu Hause alleine in unserem großen Garten unter einem großen Baum sitze und mit kleinen Autos im roten Sand spiele. Keiner war da.
Mutter war die Sekretärin meines Vaters. Sie hat unser Import/Export-Büro geschmissen, damit Dad sich voll und ganz seiner Politik widmen konnte. Nur abends beim Essen war es möglich, mit meinen Eltern zu reden. Diese Momente habe ich sehr genossen.
Ab dem elften Lebensjahr änderte sich mein Leben …
Mit elf Jahren? Wie genau soll ich das verstehen?
Körperlich habe ich in zwei Jahren einen Schuss von fünfundzwanzig Zentimetern gemacht. In dieser Zeit wechselte ich die Schule. Mit meiner „neuen Größe“ war ich bei den älteren Jungs akzeptiert. Gerade im Sport. Mit zwölf habe ich meinen Eltern gesagt, dass sie sich um mich keine Sorgen mehr machen müssten. Sie waren ja ohnehin den ganzen Tag mit ihrer Arbeit beschäftigt. Und ich? Ich lebte mein Leben.
Was bedeutete das?
Alles, was Südafrika zu bieten hatte: Wellenreiten, Rugby, Musik, Strand, Mädchen.
Das könnte ich mir für mein Kind in dem Alter überhaupt nicht vorstellen.
Du bist ja auch kein Südafrikaner. Als ich vierzehn Jahre alt war, habe ich mir über einen Freund eine kleine Wohnung gemietet. Natürlich wollte ich mich in dieser Wohnung in Ruhe mit meinen Mädels treffen. Zwischendurch war ich auch immer wieder mal zu Hause bei meinen Eltern. Sie konnten sich auf mich verlassen. Von ihnen habe ich wohl einen der wichtigsten Werte im Leben gelernt: Vertrauen zu haben.
Aus erzieherischer Sicht können wir wohl von zwei Welten sprechen, oder?
Stefan, es gab keine Erziehung. Es gab mit meinem Dad und meiner Mum zwei sehr tolle Menschen. Sie haben alles dafür getan, dass es uns an nichts fehlte. Ich hatte immer das Gefühl, dass wir ein Team waren. Alle Entscheidungen für uns Kinder waren wohlüberlegt und genau richtig. Meine Mutter und ich, wir haben uns häufiger umarmt und gedrückt. Mein Vater war kein kalter Typ, aber es gab höchstens mal einen kleinen Schulterklopfer als Anerkennung. Wie ich bereits erwähnte, war es ihm als Politiker immer sehr wichtig, dass die Carpendale-Familie nach außen hin ein makelloses Ansehen hatte. Selbst meine Vornamen Howard und Victor stammen von Vaters Bruder, der im Krieg gefallen war. Mein Dad war früher ein sehr erfolgreicher Sportler. Vielleicht war er bis zu meinem zehnten Lebensjahr in sportlicher Hinsicht von mir enttäuscht. Als meine Erfolge kamen, war er unendlich stolz auf mich. Er stand immer am Spielfeldrand und schaute zu. Mit fünfzehn, sechzehn Jahren war ich sportlich ganz weit vorne und gehörte zu den erfolgreichen Cricketspielern. Und nicht nur das. Ich spielte auch in der ersten Rugby-Mannschaft. Mein Leben in Südafrika war Sport.
Gut, als Sportler warst du gesetzt. Und wie war es mit der Schule?
Meine Noten waren nicht schlecht, und ich kam ohne Probleme durch. Zusätzlich entwickelte sich eine weitere Leidenschaft, die mein Selbstbewusstsein enorm steigerte.
Nun kommen wir wohl zur Musik?
Ja, ich durfte mich schon auf der Schule als kleiner und geliebter Star fühlen, denn während mein Ansehen als Sportler wuchs, wurde ich auch der Sänger von The Strangers. Das war meine erste richtige Band, und wir wurden in Durban sehr schnell populär.
Na, jetzt klingt es wirklich wie in einem Film.
Für mich war es auch so. Und ich habe es in vollen Zügen gelebt.
Wenn deinem Vater das tadellose Ansehen der Carpendales so wichtig war – hat er dann nicht auch erwartet, dass du politisch oder unternehmerisch in seine Fußstapfen trittst?
Nein. In dieser Hinsicht hat er mich völlig in Ruhe gelassen. Er wünschte mir nur eine sehr erfolgreiche Karriere – in welcher Branche auch immer. Der Name war ihm stets wichtig. Irgendwann, als ich musikalisch langsam ins Profilager aufstieg, habe ich ihn angerufen, um ihm mitzuteilen, dass ich den Künstlernamen Brett Dale tragen wolle. Da war er unendlich enttäuscht