Nixentod. Thomas L. Viernau
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Читать онлайн книгу Nixentod - Thomas L. Viernau страница 14
Moser im modischen Parker mit vielen aufgesetzten Taschen und glitzernden Reißverschlüssen folgte ihm. Ein ungleiches Paar machte sich auf, hier etwas zu erfahren. Linthdorf ging mit großen Schritten, es sah eigentlich recht gemächlich aus, dennoch hatte Moser Schwierigkeiten, Schritt zu halten, musste daher öfters kleine Zwischenspurts einlegen.
Am Fenster des Dorfkrugs erblickte der Gastwirt das ungleiche Paar. Er öffnete offiziell erst um Elf Uhr, jetzt war es gerade mal kurz nach Zehn. Linthdorf klopfte ans Fenster und zeigte seinen Dienstausweis.
Der Gastwirt schaute verwundert auf den Ausweis. Was wollte die Potsdamer Kripo hier? Er schlurfte in Pantoffeln Richtung Tür, schloss auf.
»Können wir einen Kaffee bei Ihnen bekommen? Und vielleicht auch etwas Essbares dazu?«
Linthdorf schaute den Wirt leutselig an. Der blickte etwas verunsichert auf.
»Ja, ich dachte, Sie sind von der Kripo?«
»Klar, aber deshalb haben wir doch auch menschliche Bedürfnisse ... Apropos, wo sind denn die Toiletten?« Linthdorf verschwand mit wehendem Mantel Richtung Tresen, wo die Tür mit der Aufschrift »Toiletten rechts« war. Moser stand dem Wirt etwas unschlüssig gegenüber.
»Ja, wenn Sie mögen, dann mach ich schnell was. Rührei mit Schinken und Schwarzbrot dazu?«
Moser nickte, er hatte keine Ahnung, was man hierzulande zum Frühstück verzehrte.
»Ja ja, zwei Portionen.«
Linthdorf kam freudestrahlend wieder in die Gaststube und rief dem Wirt hinterher: «Für mich ne doppelte Portion!«
Sie ließen sich am Fenster nieder. Der Tisch war mit einer rot karierten Decke bedeckt, eine kleine Vase mit Plastikblumen stand als Dekoration neben dem Bierdeckelhalter. Linthdorf ließ sich mit einem Ächzen auf den Holzstuhl krachen. Die Gaststube war noch recht kühl. Er hatte sicherheitshalber seinen Mantel angelassen, und Moser zog sich seinen Parker wieder über. Nach wenigen Minuten kreuzte der Wirt mit dem dampfenden Kaffee und den Rühreitellern auf.
Linthdorf strahlte, begann auch gleich zu essen. »Mmmh, köstlich! Noch alles handgemacht ohne Mikrowelle.« Der Wirt lächelte ein wenig.
»Sagen Sie mal, Sie haben doch auch den Trubel mit der Toten aus der Oder mitbekommen?«
»Ja, klar doch, war ja Dorfgespräch ... Aber Tote im Fluss gibt’s hier öfters. Meist Schmugglers aus Polen.«
»Wissen Sie, wo ich die Leute von der Feuerwehr finden kann, speziell die beiden Kollegen, die als Erste die Leiche erblickten?«
»Ja, das sind der Kohlgruber, der wohnt am unteren Ende vom Dorf in der 24, und der Cholynski, der wohnt mit seiner Familie draußen in der neuen Siedlung, hat dort ein Haus gebaut. Nummer weiß ich jetzt nicht, ist aber leicht zu erkennen, er hat sein Dach mit blauen Schindeln gedeckt.«
»Was erzählt man sich denn im Dorf über die Tote aus dem Fluss? Kannte die hier eigentlich jemand?«
Der Wirt kratzte sich am Kopf.
»Also, was die Feuerwehrleute so erzählten, war die Tote ja nur schwer zu erkennen, soll ziemlich entstellt gewesen sein, keine Augen, Nase weg, über und über mit Wunden bedeckt. Aber erkennen tat sie eigentlich keiner, war jedenfalls keiner von uns bei, der sie schon mal gesehen hatte.«
Linthdorf hörte interessiert zu, schaufelte sein Rührei dabei ohne Unterbrechung in den Mund und schlürfte den Kaffee geräuschvoll. Der Gastwirt schaute mit einer gewissen Zufriedenheit auf den Tisch, es schien seinen frühen Gästen zu schmecken.
Irgendetwas störte Linthdorf jedoch beim Frühstücken. Er fühlte sich beobachtet. Im Laufe seines Berufslebens hatte er einen feinen Sinn für solche Aktivitäten entwickelt. Er spürte fast körperlich den Blick eines Fremden auf sich. Linthdorf trat ans Fenster und versuchte im Haus gegenüber den heimlichen Beobachter zu entdecken. Allerdings schien der vom Manöver Linthdorfs überrascht worden zu sein und hatte sich vom Fenster zurückgezogen. Nur eine leichte Bewegung der Gardinen verriet ihn.
»Wer wohnt denn dort drüben?«
Verwirrt schaute der Gastwirt zu Linthdorf.
»Das ist der Hansi, der lebt seit zehn Jahren nun schon allein im Haus. Seine Mutter starb im Sommer 97 während des Hochwassers. Seitdem ist er etwas wunderlich. Bekommt jetzt Hartz IV. Hatte früher Mal als Postbote gearbeitet, aber als die Post auf Autos umstellte, konnte er nicht weitermachen. Er hat keinen Führerschein. Die Post hatte er immer mit dem Rad ausgefahren. Das steht jetzt bei ihm im Schuppen. Ab und zu fährt er damit noch übers Land. Meist läuft er jedoch an der Oder entlang. Wir nennen ihn auch den Deichgrafen. Aber Hansi ist harmlos. Tut keiner Fliege etwas zuleide. Manchmal kommt er rüber und isst ne Bockwurst. Alkohol rührt er nur selten an, und mit Frauen hat er auch nichts am Hut. Jedenfalls haben wir noch keine bei ihm auf dem Hof gesehen. Er ist ein bisschen ein Eigenbrötler.«
Linthdorf nickte nur. »Armer Hund.«
»Was sind wir Ihnen schuldig?« Er zahlte für Moser gleich mit, ließ sich die Rechnung aushändigen und bedankte sich für die Informationen. Moser sah ihn etwas ungläubig an.
»Welche Informationen denn?«
»Mensch, Moser, hier ist doch einiges zu erfahren. Der hat uns doch nicht umsonst beobachtet.«
Zielstrebig ging Linthdorf auf das dem Dorfkrug gegenüberliegende Haus zu, klingelte am Hoftor. Über der Klingel war ein Namensschildchen mit dem Namen Hans-Peter Kraeft angebracht.
Linthdorf wartete nicht, bis Kraeft zum Gartentor kam. Er klinkte die Gartentür ein und begab sich mit Moser Richtung Haustür.
Das Haus machte einen verwahrlosten Eindruck. Im Garten waren die Obstbäume alterschwach und schon lange nicht mehr beschnitten worden. Eine kleine Skulptur stand abseits im Vorgarten. Beim näheren Hinsehen war es eine Nixe mit kunstvoll gewundenem Fischschwanz und zwei prallen Brüsten. Das Gesicht war eher kindlich naiv denn feminin. Wind und Wetter hatten der kleinen Skulptur, die vielleicht mal einen halben Meter groß gewesen war, stark zugesetzt. Linthdorf schaute etwas belustigt auf die Nixe.
Der Zaun war auch windschief. Was sich im Moment noch unter der Schneedecke verbarg, würde im Frühling sicherlich keinen besseren Eindruck bieten. Die Haustür öffnete sich einen Spalt, eine Kette war von innen vorgelegt. Misstrauisch äugte Kraeft aus dem dunklen Spalt. »Was wollen Sie?«
»Tach, Herr Kraeft. Wir sind von der Kriminalpolizei in Potsdam. Wir würden uns gern mit Ihnen unterhalten wegen der Toten in der Oder.«
Kraeft öffnete die Tür und ließ die beiden Polizisten ein. Es roch muffig nach ungelüfteten Räumen. Die dunklen Holzmöbel im Flur waren schon lange nicht mehr entstaubt worden. Kraeft war ein eher unscheinbarer Mensch, nicht sehr groß, knochig, die aschblonden Haare standen abenteuerlich nach allen Seiten ab. Er hatte ein Allerweltsgesicht, wasserhelle Augen, ein paar Sommersprossen, Stoppelbart und als auffälligstes Merkmal ziemlich abstehende, hochrote Ohren.
Sein Alter ließ sich nur schwer einschätzen. Irgendwie sah er schon