Die Evolution der Seele und Natur. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter
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Читать онлайн книгу Die Evolution der Seele und Natur - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter страница 13
Im materiellen Universum sehen wir ein riesiges System periodischer mechanischer Wiederkünfte. Eine ungeheure mechanische Wiederkehr lenkt alles lang Andauernde und Weite; eine ähnliche, jedoch schwächere, alles Vergängliche und Kleine. Die Sonnen schießen hervor ins Sein, rollen flammend im Raum, verschwenden Kraft durch Bewegung, verblassen und sind erloschen; vielleicht, um wieder aufzuflammen ins Sein und ihren Lauf von neuem zu beginnen, oder aber es treten andere Sonnen an ihre Stelle und drehen ihre Runden. Die Jahreszeiten der Zeit wiederholen ihre wandellosen Zyklen ohne Ende. Immer lässt der Lebensbaum seine vielfältigen Blüten sprießen, wirft sie ab und lässt die gleichen wieder hervorbrechen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Der menschliche Körper wird geboren und wächst, wird schwach und schwindet dahin, doch aus ihm werden andere Körper geboren, die denselben einen sinnlosen Zyklus aufrechterhalten. Dieser ganze bemühte und beharrlich fortdauernde Vorgang ist für das Verständnis deshalb ein Rätsel, weil darin offenbar nicht der geringste Sinn und keine Bedeutung liegt außer der bloßen Tatsache eines grund- und zwecklosen Daseins, dem das aufhebende oder ausgleichende Faktum des individuellen Aufhörens auf dem Fuße folgt beziehungsweise es erleichtert. Und dies deshalb, weil wir den Mechanismus wahrnehmen, jedoch die Macht, die diesen Mechanismus in Gebrauch nimmt, und die Absicht in diesem Gebrauch nicht sehen. In dem Augenblick aber, in dem wir erkennen, dass es einen bewussten, in sich selbst weisen und unendlichen Geist gibt, der über das Universum nachsinnt, und eine geheime, langsam sich selbst findende Seele in den Dingen, gelangen wir zur Notwendigkeit einer Idee in seinem Bewusstsein, zur Notwendigkeit von etwas, das durch diese großen, planvollen Tätigkeiten konzipiert, gewollt, in Bewegung gesetzt wird und mit Sicherheit geleistet und allmählich erfüllt werden soll.
Die buddhistische Darstellung lässt jedoch in ihrem streng mechanischen Lebenssystem weder ein Selbst noch einen Geist noch ein ewiges Wesen gelten. Sie erfasst nur das Phänomen eines ständigen Werdens und erhebt es von der physischen zur psychischen Ebene. So wie es für unser physisches Mental klar ist, dass es Energie, Tätigkeit und Bewegung gibt, die durch ihre materielle Kraft die Formen und Mächte des materiellen Universums erschaffen können, so gibt es für die buddhistische Sicht der Dinge Energie, Tätigkeit und Karma, die durch ihre psychische Ideen- und Assoziationskraft dieses eingekörperte Seelen-Leben mit seiner kontinuierlichen periodischen Wiederkehr schaffen. Wie der Körper eine dem Zerfall ausgesetzte Gestaltung, Zusammensetzung und Verbindung ist, so ist auch die Seele eine auflösbare Gestaltung und Verbindung; das seelische Leben erhält sich wie das physische Leben selbst durch ein ununterbrochenes Fließen und eine ständige Wiederholung derselben Tätigkeiten und Bewegungen. Wie diese ständige Erbfolge von Leben eine Verlängerung des einen universellen Lebensprinzips durch fortgesetzte Schaffung ähnlicher Körper, eine mechanische Wiederkehr ist, so ist auch das System der Seelen-Wiedergeburt eine ständige Verlängerung des Prinzips des Seelen-Lebens durch fortgesetzte Schaffung von ähnlichen eingekörperten Assoziationen und Erfahrungen mittels Karma, eine mechanische periodische Wiederkehr. Wie die Ursache dieser ganzen physischen Geburt und dieser fortlaufenden Vererbung ein dunkler Wille zum Leben in der Materie ist, so ist die Ursache der fortgesetzten Seelen-Geburt ein unwissender Wunsch oder Wille, in der universellen Karma-Energie zu sein. Wie das ständige Kreisen des Universums und die Bewegungen seiner Kräfte individuelle Existenzen erzeugen, die sich durch individuellen Tod vom Sein freimachen oder in ihm enden, so gibt es dieses ständige Rad des Werdens und der Karma-Bewegung, wovon individualisierte Seelen-Leben gebildet werden, die sich aus ihrer ununterbrochenen Aufeinanderfolge durch ein Hinschwinden und Aufhören befreien müssen. Das Erlöschen des eingekörperten Bewusstseins ist unser offenbares materielles Ende; auch für die Seele ist das Ende ein Erlöschen, die inhaltslose Befriedigung des Nichts oder irgendeine unbeschreibliche Seligkeit eines überbewussten Nicht-Seins. Der Kern dieser Auffassung ist die Behauptung des mechanischen Geschehens oder periodischen Wiederkehrens der Geburt; doch während Ende und Zerfall des körperlichen Lebens aufgezwungen sind, endet das Seelen-Leben durch eine gewollte Selbstauslöschung.
Die buddhistische Theorie fügt der ersten klaren Bedeutung des Lebens lediglich eine sich ins Endlose fortsetzende Verlängerung durch Wiedergeburt hinzu, die eine Last, nicht ein Gewinn ist, sowie die spirituelle Größe der Disziplin der Selbstauslöschung – letztere zweifellos von großem Wert. Die illusionistische Lösung tut etwas hinzu, unterscheidet sich aber in ihrem Motiv nicht sehr von der buddhistischen. Sie setzt gegen die sinnlose kosmische Wiederholung eine Ewigkeit unseres eigenen absoluten Wesens; aus der Unwissenheit, durch die der illusorische Mechanismus einer periodischen Wiederkehr der Wiedergeburt entsteht, entrinnt sie in das Selbstwissen unserer unbeschreibbaren Existenz. Dies scheint eine positive Spannung einzuführen und unserem Sein eine Wirklichkeit zu verleihen, die einen Anfang, eine tragende Mitte und ein daraus folgendes Ergebnis hat. Doch hier klafft eine Lücke durch das Fehlen aller wahren und gültigen Beziehung zwischen diesem unserem eigentlichen Wesen und unserem ganzen Werden und Geborenwerden. Das letzte Ergebnis und Ende unseres Geborenwerdens wird nicht als eine absolute Erfüllung dessen, was wir sind, dargestellt – das wäre eine große, reiche und herrlich positive Philosophie –, auch nicht als die endgültige Bestätigung einer fortschreitenden Selbstfindung – auch dies gäbe unserem Leben einen noblen Sinn –; es ist eine Abwendung von der Forderung des universalen Geistes, ein Zurückweisen aller dieser kosmischen Ideen, Imaginationen, Aspirationen, dieses Wirkens und Ins-Werk-Setzens. Der Weg, unser uns gegebenes Wesen zu finden, ist eine absolute Ablehnung unseres ganzen Werdens. Wir steigen zum Selbst auf durch eine befreiende Verneinung von uns selbst, und am Ende folgt die Idee im Universum ihrer ungeheuerlichen und ziellosen Bahn, doch das Individuum hört auf und hat seinen Segen. Das Motiv dieser Denkweise ist wie in der buddhistischen dasselbe bedrückende Gefühl eines unwissenden kosmischen Wiederkehr-Mechanismus und dieselbe hohe leidenschaftliche Ungeduld, sich freizumachen. Vorhanden ist die Anerkennung eines göttlichen Ursprungs des Lebens, jedoch eine Nicht-Anerkennung jedes göttlichen Sinns im Leben. Und was die Wiedergeburt anbelangt, so wird sie in ihrer Bedeutung zu einem ständigen Mechanismus der Selbsttäuschung, und der Wille, nicht zu leben, wird uns als letzte Errungenschaft, als das höchste Gut und das eine wünschenswerte Ergebnis des Lebens vorgewiesen. Die Befriedigung, die der Illusionismus gibt – denn eine Art hoher, nüchterner Befriedigung gibt er dem Intellekt und einer spirituellen Tendenz –, liegt einmal darin, dass die offenkundige Antinomie zwischen dem Universum, diesem großen, beschwerlichen und despotischen Mechanismus, und dem Geist, der fühlt, dass er von anderer, göttlicherer Natur ist, zu einem letzten Punkt hindrängt; sie liegt sodann in der großen Erleichterung für eine Seele, die sich leidenschaftlich nach Freiheit sehnt, jedoch gezwungen ist, als eine Triebfeder der schwerfälligen Maschine weiterzuarbeiten, und darauf brennt, die kosmische Last abwerfen zu können; und endlich liegt sie in der freien, nackten Absolutheit dieses spirituellen Abschlusses. Auf die Frage nach Gott, nach dem Menschen und nach dem Sinn des Lebens gibt der Illusionismus jedoch keine wahre, weil keine fruchtbare Antwort; durch ein geschicktes Ausweichen entfernt er sich lediglich davon und nimmt ihnen alle Bedeutung, so dass jede Frage nach Sinn und Willen in dieser ganzen furchtbaren Arbeit, in diesem Hämmern und Suchen sinnlos wird. Doch kann der Mensch der Herausforderung von Gottes Universum an die Erkenntnis und Stärke des menschlichen Geistes letztlich nicht mit Ablehnung und Ausweichen begegnen, auch wenn eine einzelne Seele vor diesem Anspruch in spiritueller Trance oder im Schlaf Zuflucht nehmen oder durch deren blinde Tore in das Absolute entrinnen kann, wie sich auch der Mensch vor der Last des Handelns und dem Kummer in die Nichtbewusstheit zurückziehen mag. Etwas wird vom Geist des Universums mit unserer Arbeit im Dasein beabsichtigt, es liegt ein Sinn in diesen grandiosen Rhythmen, und er hat sie nicht in einem ewig währenden Irrtum oder nur so zum Spaß erschaffen