Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis. Walter G. Pfaus
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis - Walter G. Pfaus страница 113
"Ja", flüsterte Mrs. Jackson und schluckte.
"Es tut mir leid", sagte ich. "Für Ihren Mann kam jede Hilfe zu spät. Aber möglicherweise können viele weitere Menschenleben gerettet werden, wenn Sie uns helfen. Auch, wenn es Ihnen im Moment schwer fallen mag..."
Mrs. Jackson strich sich mit einer nervösen Handbewegung ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dann biss sie sich auf die Unterlippe. Tränen glitzerten in ihren Augen.
"Was war das für eine Krankheit und... Ich begreife überhaupt nichts."
"Da geht es Ihnen leider so wie uns", erklärte ich. Dabei beugte ich mich etwas vor. Ich legte meine Hand auf die ihre, die eiskalt war. "Ihr Mann hatte eine Tätowierung auf dem Rücken..."
Mrs. Jackson blickte auf.
"Ja, das stimmt."
"Was bedeuten diese drei Kreuze?"
"Hat das irgendetwas mit seinem Tod zu tun?"
"Mrs. Jackson, das weiß ich nicht. Bitte beantworten Sie einfach meine Frage."
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Es ist das Zeichen des Propheten", sagte sie dann.
"Welches Propheten?", hakte ich nach.
"Ich weiß nicht viel darüber. Aber, als ich meinen Mann kennenlernte, hatte er eine gute Stellung in der Grand National Bank. Er war Leiter der Kreditabteilung in seiner Filiale. Aber dann ist er nach und nach unter den Einfluss dieser Leute geraten..."
"Welcher Leute?"
"Einer Art Kirche oder Sekte. Erst habe ich das nicht so ernst genommen. Ich bin sogar zu Veranstaltungen hingegangen, die diese Gruppe organisierte. Ein Mann mit langen weißen Haaren predigte vom jüngsten Gericht und gegen die Sünde. Wissen Sie, ich komme aus dem mittleren Westen. Das klang für mich alles sehr bekannt. Solche Wanderprediger gibt es da wie Sand am Meer. Ich bin gläubig, aber das was diese Prediger von sich geben, war immer schon zu engstirnig... Aber Aaron hat es sehr angesprochen. Ich habe das gar nicht so richtig mitgekriegt. Wir entfremdeten uns. Er war kaum noch zu Hause. Dann hat er plötzlich seinen Job aufgegeben, um hauptberuflich für diese Gruppe tätig zu sein. Ich will ehrlich sein: Wir standen kurz vor der Scheidung. Er lehnte das zwar prinzipiell ab, aber ich hätte das nicht mehr lange mitgemacht. Wochenlang war er auf sogenannten Seminaren, für die er unsere ganzen Ersparnisse ausgab."
"Wie heißt diese Gruppe?", fragte ich. "Die Anhänger dieses Propheten..."
"Sie nennen sich DIE AUSERWÄHLTEN DER APOKALYPSE oder so ähnlich." Sie erhob sich und ging zu dem Bücherregal, auf dem sich kaum mehr als ein Dutzend Bände befanden. Mit zielsicherem Griff nahm Mrs. Jackson einen davon heraus. Ich sah sofort das Zeichen auf dem Ledereinband. Drei Kreuze, genau so angeordnet, wie ich es auf dem Rücken von Sally Hiram gesehen hatte. Mrs. Jackson reichte mir das Buch.
"Lesen Sie sich das durch, wenn Sie sich gruseln wollen... Im Wesentlichen geht um das Ende der Welt, um die Bestrafung der Sünder und darum, dass die Erde vom Satan beherrscht wird."
"Ich würde das gerne mitnehmen", erklärte ich.
"Tun Sie das."
33
Das Gesicht des Weißhaarigen war angespannt. Er legte die Pipette zur Seite und blickte auf die dampfende Mahlzeit auf dem ovalen Tablett.
"Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, danach zu fragen, mein Prophet", sagte eine Stimme aus dem Hintergrund. Sie gehörte dem hageren Mann, der als Möbelpacker verkleidet mit einem Komplizen dafür gesorgt hatte, das Sally Hiram jetzt hier war...
Der Weißhaarige blickte auf.
Er hob das Tablett an, reichte es dem Hageren.
"Bring du es ihr, Melvin." Der selbsternannte Prophet sprach mit einer sonoren Stimme, deren Klang Stärke und Durchsetzungsvermögen signalisierten. Eine Stimme, der man einfach nicht zu widersprechen wagte. Der Weißhaarige blickte Melvin direkt in die Augen. "Ich sehe die Unsicherheit und den Zweifel in deiner Seele..."
"Nein, ich..."
"Das Gift des Bösen ist tückisch. Lange Zeit bemerkt man seine Wirkung nicht. Man ist vielleicht sogar selbst noch davon überzeugt auf der Seite des Herrn zu stehen - doch in Wahrheit hat einen Satan längst in seinen Klauen. Und genau das ist vielleicht mit Sally passiert..."
Melvin atmete tief durch.
"Aber sie war loyal. Sie hat uns niemals verraten. Und nur mit ihrer Hilfe ist es uns gelungen, die versteinerte Seele eines Mannes wie George Hiram zu erweichen..."
Der Weißhaarige deutete auf das Tablett.
Ein beinahe mildes Lächeln erschien um seine dünnen Lippen herum.
"Vielleicht lebte sie zu lange im Einflussbereich des satanischen Systems. Vielleicht hatte sie zu viel Kontakt mit dem Bösen, als dass ihre Seele rein bleiben konnte."
"Dann hat sie sich für den großen Plan des Herrn geopfert?"
"Möglicherweise wird man das eines Tages von ihr sagen, Bruder Melvin. Aber noch ist sie nicht verloren... Wenn ihr Glaube stark genug ist, wird ihr die Pestilenz nichts anhaben können. So wie uns allen - auch wenn rings um uns herum das Sterben und das Wehklagen beginnt."
Melvin schluckte.
"Verzeih mir den Augenblick des Zweifels, mein Prophet."
"Kämpfe dagegen an, wenn das Böse sich in deine Seele schleicht und dich zu einem Diener der Sünde machen will."
Melvin nickte.
Er ging mit dem Tablett zur Tür.
Ein großgewachsener, breitschultriger Wächter mit ausdruckslosem, blassem Gesicht, öffnete sie ihm.
Dann