Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters. Hardy Kettlitz
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Diese Erzählung ist die populärste Krimigeschichte Bradburys aus den 40er-Jahren und wurde am häufigsten nachgedruckt.
Die junge Mutter Alice Leiber ist davon überzeugt, dass ihr Baby sie umbringen will. Sie fürchtet, dass man sie für verrückt hält, denn niemand will ihr glauben. Als das Baby vier Monate alt ist, wird die Angst immer größer, und es ereignen sich Unfälle im Haus, die nicht erklärbar sind. So rutscht David Leiber, der Vater des Kindes, nachts auf einem Spielzeug aus und fällt beinahe die Treppe hinunter. Als David für einige Tage wegen einer Dienstreise von zu Hause wegbleibt, findet er seine Frau nach seiner Rückkehr mit gebrochenem Genick am Fuß der Treppe. Endlich glaubt auch David daran, dass das Kind schuld am Tod seiner Mutter ist. Doch bereits in der nächsten Nacht stirbt auch David.
Der Hausarzt der Familie, der in die Sorgen und Ängste der Eltern eingeweiht ist, findet Indizien, dass nur das Kind die Unfälle verursacht haben kann, und beschließt zu handeln. Schließlich hat er sein Skalpell immer bei sich …
Die Handlung ist aufgebaut wie ein Psychothriller, wobei die Pointe nicht allzu überraschend ist. Lediglich dass ein Kleinkind der Mörder ist, dürfte die Geschichte zu etwas ganz Besonderem machen, gerade in den Pulp-Magazinen der 40er-Jahre.
Bradbury selbst schrieb im Vorwort des Sammelbandes A Memory of Murder, dass ihm »The Small Assassin« als eine der besten Geschichten überhaupt erscheint, die er jemals geschrieben hat, egal in welchem Genre. Zitat: »Sie war immerhin so erfolgreich, dass sie ein Dutzend Romane und Filme beeinflusste, die in den letzten zehn Jahren geschrieben und produziert worden sind.«
Diese Geschichte wurde als 12. Episode der Fernsehserie RAY BRADBURY THEATER verfilmt und im April 1988 zum ersten Mal ausgestrahlt, wobei diese Folge ganz außerordentlich stimmungsvoll geraten ist. Außerdem wurde die Story von Al Feldstein und George Evans zu einem Comic adaptiert, der in SHOCK SUSPENSTORIES #7 (Februar/März 1953) bei EC erschienen ist.
Der Eintrag in der amerikanischen Wikipedia zu dieser Geschichte hält es für möglich, dass die Figur des Stewie Griffin aus der Fernsehserie FAMILY GUY, der immer wieder seine Mutter umbringen will, von »The Small Assassin« inspiriert wurde.
»A Careful Man Dies«
(November 1946 in NEW DETECTIVE, enthalten in A Memory of Murder und The Cat’s Pajamas; dt. »Der Tod eines vorsichtigen Mannes« bzw. »Ein vorsichtiger Mann stirbt« bzw. »Blut«)
Als Erstes fällt an dieser Geschichte auf, dass sie in der zweiten Person Singular verfasst ist. Das ist ein stilistischer Trick, der den Leser dichter an die Geschichte rückt und normalerweise mit einbezieht. In diesem Fall funktioniert es nicht ganz so gut, weil eine eher konventionelle Story erzählt wird.
Der Protagonist ist ein Schriftsteller namens Robert Douglas, der sich von seiner Freundin getrennt hat, weil sie sich zu sehr dem Drogenkonsum in Gesellschaft anderer Leute hingegeben hat. Nun schreibt er einen Roman über diese Leute, weil er sie nicht bei der Polizei anzeigen kann. Dummerweise wissen die Betreffenden von Douglas Arbeit. Hinzu kommt, dass Douglas Bluter ist und sich daher bei jeder Verletzung sehr vorsehen muss. Jemand schickt ihm mit der Post eine Art Falle mit einem scharfkantigen Gegenstand, und so ist Douglas gewarnt, dass man ihm nach dem Leben trachtet. Am Ende jedoch fällt er auf seine ehemalige Freundin herein, die vorgibt, sich wieder mit ihm versöhnen zu wollen.
Der Titel verrät leider bereits das Ende der Geschichte, sodass die Spannung sich nur darauf bezieht, auf welche Weise der Schriftsteller wohl sterben wird …
»Wake for the Living«
(September 1947 in DIME MYSTERY, enthalten in A Memory of Murder, unter dem Titel »The Coffin« in: Dark Carnival und The Stories of Ray Bradbury; dt. »Totenwache für einen Lebenden«)
Der Erfinder Charles Braling ist ein alter Mann und hat aufgrund einer Krankheit nicht mehr lange zu leben. Dennoch stellt er seine letzte Erfindung fertig, bevor er stirbt, nämlich einen modernen Sarg, der angeblich viel Geld sparen soll. Charles’ verschwenderischer und hartherziger Bruder Richard lässt jedoch die Leiche des Verstorbenen einfach abholen und ganz normal beerdigen. Die neue Erfindung will er für sich selbst, weil er hofft, damit eine Menge Geld zu verdienen. Kaum ist er mit dem Sarg allein, probiert er ihn aus, indem er sich selbst hineinlegt. Der Deckel verschließt sich automatisch, dann spielt Musik und die Stimme seines Bruders hält eine Beerdigungsrede – und zwar für Richard! Er muss wohl geahnt haben, wie sein Bruder reagiert, und nimmt so seine späte Rache. Der automatische Sarg trifft alle notwendigen Vorkehrungen und setzt sich schließlich Richtung Friedhof in Bewegung, wo er auch selbst das Grab aushebt.
Die Geschichte liest sich zwar amüsant, wirkt insgesamt aber oberflächlich und konstruiert. Selbst für ein Pulpmagazin wie DIME MYSTERY war sie eher Durchschnitt. Sie wurde für die Fernsehserie THE RAY BRADBURY THEATER verfilmt.
»The Candy Skull«
(Januar 1948 in DIME MYSTERY, enthalten in A Memory of Murder; dt. »Der Tod kommt schnell in Mexico« bzw. »Ein Totenschädel aus Zucker«)
Der US-amerikanische Schriftsteller Roby Cibber befindet sich in Mexiko, und zwar ausgerechnet am ›Día de Muertos‹, dem Tag der Toten, an dem die Mexikaner ihre Verstorbenen ehren. Er ist auf der Suche nach einem verschollenen Schriftstellerkollegen namens Douglas McClure, der vor drei Jahren spurlos verschollen ist. Cibber kommt auf die morbide Idee, in den Katakomben zu suchen, in denen die Mumien der Verstorbenen mit Draht an den Wänden befestigt sind und ein grausiges Spalier bilden. Tatsächlich entdeckt er dort McClures Mumie mit einem seltsamen Loch in der Stirn und versucht nun herauszufinden, wer der Mörder gewesen ist. Der Verdacht fällt auf die schöne Celia, die Cibber oft begleitet und die auch McClure gut kannte. Doch am Ende stellt sich heraus, dass der gealterte Torero Tomás der Mörder ist und nicht nur McClure umgebracht hat, sondern auch Cibber aus Eifersucht nach dem Leben trachtet, weil er Celia für sich haben will.
Die Geschichte überzeugt durch ihre Stimmung und das Setting und ähnelt weniger Bradburys Kriminalgeschichten als seinen phantastischen Erzählungen, obwohl der Text keine phantastischen Elemente enthält.
In der Erzählung »The Next in Line«, die kurz zuvor (1947) in seinem Erzählungsband Dark Carnival erschien, nutzte Bradbury ebenfalls die mexikanische Kulisse mit ihren Katakomben und Mumien (siehe Kapitel 3.3).
»The Fruit at the Bottom of the Bowl«
(Erstpublikation als »Touch and Go«, November 1948 in DETECTIVE BOOK, enthalten in The Golden Apples of the Sun, Bradbury Stories: 100 of His Most Celebrated Tales, The Vintage Bradbury und Twice 22; dt. »Die Früchte ganz unten in der Schale« bzw. »Die Früchte am Grund der Schale«)
Der Erzähler der Geschichte hat aus Eifersucht einen Rivalen in dessen eigenem Haus erwürgt. Nun steht er vor der Leiche und überlegt, dass er Spuren hinterlassen haben könnte. Er beginnt, alle Gegenstände im Zimmer abzuwischen, von denen er glaubt, auf ihnen Fingerabdrücke hinterlassen zu haben. Kurz darauf wird ihm klar, dass er von dem Ermordeten durch mehrere Räume geführt wurde und sich nicht mehr erinnern kann, was er alles berührt hat. Und so wird sein Putzen zur Besessenheit. Der Titel der Geschichte bezieht sich darauf, dass der Mann sogar die Wachsfrüchte ganz unten in einer Zierschale putzt, obwohl er diese unmöglich berührt haben kann. Im Laufe der Erzählung putzt er diese Früchte, die als Symbol für seine wachsende Besessenheit stehen, noch dreimal. Schließlich putzt er auch alle Wände und Möbelstücke.
Die Geschichte endet damit,