Krampenfieber – Im Fangarm der Pimperbrille. Tobie Schmack

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Krampenfieber – Im Fangarm der Pimperbrille - Tobie Schmack

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das nur einer sein kann. Der Meier aus dem Erdgeschoss, nebenbei Hausmeister für die ganze Wohnanlage und Security für die Restmülltonen, sieht viel zu blendend aus in Anbetracht der Situation, in der ich mich befinde. Während er mir freundschaftlich auf die Schulter klopft, zieht er mit der anderen Hand einen Schlüsselbund aus dem von ihm prall ausgefüllten Blaumann.

      »Ich wechsele nur mal ehm de Schlösser. Wissen Se! Is Vorschrift, zur Absicherung für Ihre Nachmieter. Übrijens, Sie hamm echt dolle Kumpels. Machen den janzen Umzuch für Sie. Mann, warn die schnelle. Sollte ’ne Überraschung wer’n, woah! Sauber, nich!«

      »Hä!«, stottere ich und überlege, wo ich mein Handy hingesteckt habe, als würde ich da ein Wörterbuch »Hausmeister – Ich/Ich–Hausmeister« finden.

      Ich verstehe rein gar nichts. Neue Mieter? Überraschung? Und was für Freunde?

      »Ich war doch nur zwei Wochen in der Karibik, hab den Pelz in die Sonne gestreckt und …«

      Meier unterbricht mich mit sanftem Ton, als ich ihm gerade klarmachen will, dass ich nur noch ’ne kalte Dusche will.

      »Und? Wars scheen?«

      »Ja … äh … nein! Das weiß ich noch nicht … Mann, wo sind meine Sachen hin?«, gebe ich mit steigender Unruhe zurück.

      »Keene Ahnung! Sicher in de neue Wohnung. De Jungs hamm den janzen Lkw volljepackt. Also, ich weeß ja nich, wo Sie de Polen herhatten, aber faul warn die Brüder nich. Sacht mer doch so, woah. Mein lieber Scholli, ’ne Fünf-Raum-Wohnung in ’ner Dreiviertelstunde! Respekt, mein Lieber! Kannste echt nicht meckern.«

      Ich hab keine Ahnung, welche verdammte Kamera-Verarsche hier abläuft, aber mir ist absolut nicht danach, hier noch zusätzlich einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde für die schnellste Zwangsräumung meines Lebens zu feiern und wiederhole mich: »Wo sind meine Sachen?«

      Meier mit seinen sportlichen hundertzwanzig Kilo ist mittlerweile damit beschäftigt, die Schrauben der Türklinken zu lösen, als ich mich fasse und bestimmt auf ihn zugehe.

      »Äh, das können Sie lassen. Ich ziehe nicht aus. Haben Sie vielleicht mal nur einen kurzen Gedanken daran verschwendet, dass die mir hier alles geklaut haben!«

      Meier guckt mich ungläubig von unten aus der Hocke an.

      »Nee! Wieso? Die war’n doch total nett!«

      Stimmt! Nette Leute klauen nicht. Denn Typen, die Wohnungen ausrauben, tragen ja alle rote Pullover mit ’ner Nummernkombi auf der Brust, Dreitagebart und das fieseste »Hehehe« aller Zeiten im Gesicht. Mensch Meier!

      »Wir sind doch hier nicht in Entenhausen, Mann!«

      Meier, der nun gar nichts mehr versteht und seinen letzten Satz nochmals liebevoll ernüchtert, aber leiser wiederholt, lässt von der aufatmend hochschnellenden Klinke ab. Und als bräuchte ich jetzt noch einen Nachruf für meine tote Wohnung, stammelt der Haus-Hobbit verwirrt in sich hinein. »Na ja, sinn ja nur Sach’n. Kam’mer ja willer koofen, woah! Des Lehm jeht weiter. Hauptsache jesund, wie! Besser de Couch is weg als deene langbeenige Matratze fürs Schlafzimmer.«

      »Was? Meine Matratze ist noch da?«

      Meine Alterherrenwitzsensoren laufen nicht mal mehr auf Standby und so fühlt sich der Meier genötigt, mir den Witz auch noch mit reichlich Nachschlag zu erklären. »Ich meente eigentlich nur, na ja … de hübsche Freundin?«

      Aha! Ja, haha! Köstlich! Ich könnte kotzen vor Freude. Mein gezwungenes Lächeln ist ohne Frage kein Kick-off für eine legendäre Männerfreundschaft, was Meier auch nicht ignorieren kann. »Kam’mer nüschts mach’n. Aber seh’n Ses ma so, in Afrika hamm de Leute nich mal was, was ihnen eener klauen kann.«

      Richtig! Da geht’s mir ja hier eindeutig besser. Danke Meier, du hast Eier! Die Motivationsansprache war ja wohl voll ein Schuss in die Omma! Okay Henry, jetzt mal ganz ruhig. Mit meinen angespannt zuckenden Händen fahre ich über mein ebenso angespanntes und hochrot angelaufenes Gesicht. 1-1-2 anrufen, keine Frage. Nein, erst Tacko, danach die Bullen. Mit drei kräftigen Hieben schlage ich mir mit der flachen Hand in den Nacken in der Hoffnung, aus einem ganz bekloppten Traum aufzuwachen. Nein, ich sitze nicht in einer Traumebene fest. Das hier ist vollkommen real und verfickt noch mal richtig scheiße. Nachdem ich mit voller Wucht die Fingerknöchel meiner Rechten an die massive Mittelwand meiner Null-Komma-Nichts-Galerie geschlagen habe, krame ich nach meinem Handy, das sich alle Mühe zu geben scheint, in meiner Tasche unentdeckt zu bleiben. Schwarze Gehäuseschale in schwarzer Tasche. Wer denkt sich sowas aus? Mode! Gut, dann eben auskippen.

      »Macht meene bessere Häfte och immer so, Herr Thomas«, bestätigt mir das Hausmeisterchen engagiert und stochert mit seinen zugekniffenen faltigen Guckerchen durch das bunt bestellte Beet an Fundstücken. »Was issn des? Va-gi-nal-pilz-cre-me?«

      »Wie? Vagi... was?«

      Na klar! Reviermarkieren 2.0 – danke, Delia! Ich probiere es erst gar nicht zu erklären, was einer wie Meier, der sich seine Hanni Kittelschürze wohl noch vor Erfindung des Faustkeils direkt aus der Bärenhöhle gerissen haben würde, mit der Tube anstellen könnte. Und das muss ich auch nicht, denn ich habe gefunden, wonach ich noch eben völlig entnervt gesucht habe. Blitzschnell fahre ich übers Telefon.

      »Tacko, komm schon, geh ran! Bitte!«

      Durch die weit offen stehende Eingangstür vernehme ich einen prolligen Klingelton. Die Schritte sind bestimmt und in unangenehm gut gelauntem Grundrhythmus. Noch bevor ich auch nur einen Körperteil erahnen kann, baut sich vor mir ein fantastisch durchgestylter Typ in hautenger Jeans, Kapuzenjacke und voll verspiegelter Magnum-Brille auf. Unbelievable! It’s him! Tacko!

      »Na Alter! Geil, oder?«

      Achtung, mein Lieber, das wird doch nicht wieder so eine Film-Quiz-Scheiße, bei der ich am Zitat den Titel reißen soll.

      »Geil!?«

      Geil ist jetzt ja wohl überhaupt nicht das, was ich als ersten Kommentar erwartet hätte, aber in Anbetracht der aktuellen Leere in meinem Kopf und in Kenntnis seiner exzessiv gelebten Selbstliebe ist mir klar, dass er mit »geil« wohl nur mal wieder sich selbst hypen mochte.

      »Japp, siehst gut aus, Tacko! Na ja, wie immer eben, ne!«

      Sein postwendend abgeschicktes, überzogen verlachtes »Du aber auch, Schmucker! Du auch!« als willkommen heißendes Wiedersehens-Hallo nehme ich sofort dankbar an. Etwas Gutes, das die nunmehr geräumige Wohnung mit ein wenig Gefühl auffüllt. Hey, ich nehm jetzt echt, was ich kriegen kann, und wir umarmen uns herzlich. Die Schläge auf den Rücken sind wie Balsam. Der feste Männergriff von meinem besten Kumpel wird von meiner Verwirrung aufgesaugt wie Penicillin von einem Schwerstkranken. Tacko nimmt die Brille commerciallike mit dramatischem Seitengriff von der einen Schläfe zur anderen ab und lässt diesen »Ich würd mich am liebsten selbst bespringen«-Blick auf mich niederregnen.

      »Hab doch gesagt, auf mich kannste dich verlassen. Sauber! Echt gründlich! Ach hier, der neue IKEA!«

      Ich muss mich kurz schütteln und versacke in einem komplett wirren Gedankensalat. Was? IKEA? Was soll ich denn mit ’nem Katalog? Irgendwelche bis dato ungenutzten Hirnregionen machen plötzlich einen auf Teambildung und kotzen lustig kleinere Erkenntnisbrocken aus, die sich über mir zu einer gewaltigen, übel stinkenden Gewissheitswolke zusammenpappen.

      »Nee nicht, oder!«

      Der

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