Krampenfieber – Im Fangarm der Pimperbrille. Tobie Schmack

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Читать онлайн книгу Krampenfieber – Im Fangarm der Pimperbrille - Tobie Schmack страница 11

Krampenfieber – Im Fangarm der Pimperbrille - Tobie Schmack

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einem nüchternen Handschlag haut Tacko mir einen knittrigen Hunni in die Linke. »Hier, die Auslöse, war weniger wert, als ich dachte, aber du hättest das ja eh alles weggekloppt.«

      Völlig bedeppert betrachte ich den Schein, als wäre er mein lang ersehntes Begrüßungsgeld. Ich weiß nicht, ob ich mich nun hier wie ein naiver Ossi nach der Maueröffnung freuen oder eher wie ein von Schulden zerfressener Grieche komplett austicken soll.

      »Tacko, du bist doch mein Freund …?«, frage ich mit preisverdächtiger Zurückhaltung, dabei aber überdeutlich artikuliert, als wäre er gerade im Integrationskurs »Deutsch für Anfänger« – Basislevel, versteht sich.

      »Auf jeden, Henry. Auf jeden!«

      »Gut! Dann … schauen wir uns doch mal hier um? Und was fällt uns da ein klitzekleines bisschen auf, was nicht so ganz normal sein könnte?«

      »Ähm, na ja, wenn du so fragst. Ich hätte als dein Freund ja nix gesagt, aber … du riechst aus’m Schritt. Musst ja ordentlich gedödelt haben, wenn die Dusche das Einzige ist, was du nicht benutzt hast. Könnte wetten, Delia läuft nur noch Gangnam Style, was?«

      Keine Ahnung, ab wann Blut kocht, aber über diesen Punkt bin ich mehr als hinaus.

      »JA, MIR STINKT’S! UND ICH HAB SEIT MONATEN NICHTS ›GEDÖDELT‹, HERR TACKO! Was, verdammte Scheiße, ist hier los? Du solltest Blumen gießen? Meine bekloppten Blumen gießen! BLUMEN … verstehste! Und ›gießen‹ … nur ›gießen‹! Nicht umtopfen, nicht beschneiden, nicht besudeln und schon gar nicht weghauen … wie alles andere hier. WO IST MEINE WOHNUNG? Wieso sieht’s hier aus, als hätte ich im Wahn die ganze Hütte entkernt?«

      »Na, weil du das so wolltest. Hey, wenn einer extra aus dem Urlaub den Obama macht, dann schmeiß ich mich rein.« Mit einem in Dessau nur vom Zaziki-Tempel an den Sieben Säulen bekannten Service-Grienen setzt er nach: »Aber nur für meine guten Freunde.«

      »O-B-A-M-A?«

      »Na hier, ›Change is coming‹. Und ich bin dabei. FREEDOM FOR HENRY! Keine Ursache!«

      Nein, mir ist jetzt nicht nach Freundschaft feiern und einer lockeren Ouzo-Ziehung mit meinem selbst ernannten Heiland, obwohl hier kein Zweifel besteht, dass TACKOBAMA wie Katrina-Wirbelsturm über meinem bis dato liebevoll eingerichteten Lebensraum gewütet hat. Nennen wir es einfach Schockstarre, aus der ich mich ganz im Sinne von Tackos Gesundheit besser noch nicht lösen sollte.

      »Was hab ich! Was? Hör mal, mein Gepäck ist in Amsterdam, ich habe meine Beziehung mit Delia im Bordklo versenkt und nun noch selbst meine Bude blankgezogen? Erklär’s mir, Tacko. Egal wie! Aber erklär’s mir! Und hör auf zu grinsen, als würdest du den Lemuren im Tierpark beim Ficken zuschauen.« Was ich gerade tue, ist kein Schreien mehr, es ist kurz vor dem finalen Klick, ganz nah an der feierlichen Verleihung der goldenen Dauerkarte für den Aufenthalt in Uchtstpringe. Schwester, die Pillen für Herrn Thomas, bitte!

      »Wieso? Koffer? Delia? Hey, Henry, ganz locker, ja! Du hast mich angerufen, aus der Karibik. Völlig wirre Kacke! Alles durcheinander.«

      Richtig, ich hatte angerufen. Einfach mal Hallo sagen, nur um … na ja, … um Hallo zu sagen.

      »Aber was für ein Hallo!«, steigt Tacko energisch begeistert ein. »›Beschissen‹ und ›endlich raus aus dem Mief‹. Das haste gesagt. Ey, komm! Und dann haste was von ›innerer Leere‹ gefaselt oder so. Ja, du wolltest dich jetzt endgültig ›freimachen‹, von allem … irgendwie. Da war auch ›Wohnung‹ dabei. Sei froh, dass ich überhaupt rangegangen bin? Weißte, an wem ich da grad dranhing? Nein, da bin ich mal Kumpel wie Sau und lass die Mädels auf dem Kneipenklo abkühlen, weil Herr Henry sich halt mal auskotzen will. Da musste nicht Danke sagen. So bin ich!«

      Als wären wir mitten in einer dieser mit Coolness gestopften Gangster-Rapper-Schmonzetten, bumpert er sich mit geballter Faust auf die aufgepumpte Männerbrust, um mir sein Herz zu Füßen zu legen.

      »Da drin, da biste! Ich spür alles. Dein Gesabbel, das klang auch alles irgendwie okay, also, das zwischen dem Knacken und Rauschen. Komm schon, Dicki?«

      »Hey, jetzt ist nicht die Stimmung für neue Spitznamen, ja! Provozier mich nicht, Eddi!«

      Aus offenkundiger Angst, seinen zweiten, zu seinem Übel verhassten Vornamen nun möglicherweise öfter zu hören, flüchtet er sich in die Fortsetzung seiner Version der Geschichte. »Warum soll ich dir das nicht abkaufen? Pack den Ochsen am Schwanz! Ach übrigens, ich sag mal Glückwunsch, dass du Delia abgeschossen hast. Das nenn ich echt mal korrekt. Keinen Sex haben kannste auch allein. Oder willste jetzt doch behaupten, dass die am sonnigen Arsch der Welt mal ihr Bermudadreieck gelüftet hat, oder was? Komm, klatsch ab, Alter!«

      Ja, echt toll! Tacko hat sich innerhalb von Millisekunden wieder gefangen, was ich von mir gar nicht behaupten kann.

      »Hey, und keinen Depri schieben. Ich besorg dir ’ne Neue. Weiß schon, was jetzt passt. Also, unten rum. Vertrau mir.«

      Wie auch immer er sich den Umschlag geangelt hat, plötzlich fuchtelt er mit Dörtes Einladung vor meiner Nase herum und garantiert mir in bestem Versicherungssprech, dass er sich bis zur Deadline um alles kümmern werde und dass dieser Event mein ganz großer Triumph werden könne.

      »Das ist alles ein Zeichen. Easy!«

      »Tacko, halt die Fresse. Halt einfach mal die Fresse!«

      Was er auch tut.

      Er würde mir das nicht nachtragen, auch wenn es mir im Moment vollkommen egal ist. Und so ergießt sich eine Tsunamiwelle nach der nächsten über ihn, in denen meine gute Erziehung qualvoll ersäuft, wobei ich durchaus erstaunt bin, welch buntes Beleidigungsarsenal in meinem Gedächtnis eingelagert ist. Als ich seine Mutter bildhaft ausgeschmückt den Bordstein vorm Bahnhof lecken lasse, fange ich eine ein. Der Schrecken verzieht sich langsam, während ich mich an der Raufaserwand hinuntergleiten lasse und auf meinen Hausschlüssel starre. Ohne einen Blick an Tacko zu verschwenden, werfe ich ihm meinen Schlüssel hin.

      »Hier, das ist noch da.«

      Ein schwacher Hauch von Reue zieht in ihm auf. »Verdammte Kacke, Henry … dann poste halt das nächste Mal wie jeder … an alle … da gibt’s keine Netzschwankung.«

      »Entschuldige, Herr Tackoschisski! Stimmt, wie konnte ich das übersehen. Ich bin ja selbst schuld.«

      Den Startknopf hatte ich per Fernsteuerung also selbst aktiviert. Ich hatte einfach mal die Freiheit des Funknetzes genutzt, das für sich allein entschied, welche Kommunikationsfetzen übers Wasser gingen, und ursprünglich nur jene Botschaft, die auch ohne Umschweife auf einer belanglosen Postkarte hätte Platz finden können, nach Deutschland geplappert:

      »Hi Tacko, der Flug war beschissen, hier alles super, endlich mal aus dem Mief raus. Deutschland im Februar ist was für Suizidjunkies. Ich werd mal richtig frei machen, keine Arbeit, also ich check auch keine Mails. Übrigens hab ich was Schönes für die Wohnung gefunden.«

      So banal, wie das alles klingt, aber das war alles, was ich ihm morsen wollte. Dem, der mich vorbehaltlich nimmt, wie ich bin, habe ich genau das zu verdanken und werfe es ihm sogleich vor. Und – wie überraschend – das bringt mich kein Stück weiter.

      »Tacko …? Ach Mann, Tacko!«

      Gut, fassen wir also zusammen. Die Bude ist ausgeräumt, der Nachbar hat Polen ausgemacht und

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