Yan Chi Gong. Frank Rudolph

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Yan Chi Gong - Frank Rudolph

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Grund, weshalb sich moderne Qìgōng-Übungen so großer Beliebtheit erfreuen, ist ihre relative Einfachheit. Jeder kann sie lernen und praktizieren, ohne sich hierfür allzu große Mühe geben zu müssen. Doch Dinge, die ohne Anstrengung erworben werden, sind selten viel wert … Yàn Chí Gōng (硯弛功) und auch andere traditionelle Übungen, die nicht primär als Kampftechnik verwendet werden, so zum Beispiel die Folge der 18 Luóhàn beziehungsweise Arhat (chin. shíbāluóhàngōng 十八羅漢 功), sind hingegen in ihrer Gesamtheit nicht durch jedermann zu meistern. Das bedeutet jedoch nicht, dass man keinen Nutzen davon hätte, sie in Teilen zu beherrschen. Generell gilt für solche anspruchsvollen und komplexen Übungen, dass man um so bessere Chancen hat, einen solchen Zyklus vollständig verstehen und beherrschen zu lernen, wenn man damit in jungen Jahren beginnt. Ein vollständiges Verständnis bedeutet auch, die enthaltenen Übungen fehlerfrei ausführen zu können. Die alten Gōng-Übungen beinhalten viele anspruchsvolle Prinzipien, auf die man beim Üben achten muss, um einen optimalen Trainingseffekt zu erreichen.

      Die Wurzeln des alten gōng sind die chinesische Medizin und die Kampfkunst. Mit Bezug auf die Medizin geht es nicht primär um Heilung, nachdem eine Krankheit ausgebrochen ist, sondern vorrangig darum, den Körper und seine innere Struktur so zu trainieren, dass Krankheiten gar nicht erst entstehen können. Mit Bezug auf die Kampfkunst dienten diese Übungen als Stärkungsmittel für einen Kampf auf Leben und Tod. Das umfasst die allgemeine Stärkung des Körpers sowie den Aufbau von Elastizität und Flexibilität, um die Körperwaffen mit Schnelligkeit und Kraft in einem Kampf auf Leben und Tod bestmöglich einsetzen zu können.

      Die chinesische Medizin beziehungsweise Kampfkunst10 ist so weitläufig wie der Ozean. Die dahinterliegenden Konzepte können durch die rationalen Begriffe unserer westlichen Sprache kaum umfassend beschrieben werden. Entsprechend vielfältig ist die entsprechende Begriffswelt. Hinzu kommt, dass es keine vollständige Erklärung und keine festgelegte Definition für die technischen Begriffe gibt. Die Bezeichnungen verweisen meist nicht auf eindeutig definierte Abläufe, sondern sie beschreiben inhaltliche Prinzipien der Übung, auf die zu achten ist, um nützliche Ergebnisse durch die Bewegungen zu erhalten. Beispiele für solche Begriffe sind tǔnà (吐納), xíngqì (行氣), fúqì (服氣), xiūdào (修道) oder zuòchán (坐禪). Tǔnà bezieht sich auf das freie Fließen des Atems. Xíngqì bedeutet »das Bewegen des «. Xiūdào ist der »Weg des Mönches« – hier geht es um Meditationsübungen und Haltungen, durch die man Körper und Geist in Einklang bringt. Zuòchán ist eine Meditations- und Körpertrainingsübung im Sitzen (jpn. zazen).

      Besonders weit verbreitet waren früher Begriffe, die das Wort dān beinhalteten, wie zum Beispiel jīndān zhīshù (金丹之術) oder nèidān (內丹). Das Zeichen dān (丹) steht hierbei für dāntián (丹田, jpn. hara), was im Westen als »Zinnoberfeld« bekannt ist. Jīndān zhīshù bedeutet wörtlich übersetzt »Kunst des goldenen dāntián« – darunter versteht man physische Übungsmethoden, die sich auf die Beherrschung des dāntián konzentrieren. Nèidān bedeutet »innerer Zinnober«.

      In der daoistischen Philosophie spielt der dāntián, das Körperzentrum, eine entscheidende Rolle. Auch in allen chinesischen Gōng-Übungen ist das ausnahmslos der Fall. Der dāntián ist das ursprüngliche Energiezentrum des Körpers. Wer dieses Zentrum beherrscht, wird weder im Kampf noch beim Tanzen oder beim Sport aus dem Gleichgewicht geraten. Von hier aus wird der -Fluss gesteuert. Diese Rolle wird schon vor der Geburt festgelegt: Hier wurde unser Körper im Mutterleib durch die Nabelschnur versorgt. Alle Gōng-Übungen haben sich aus dem Dāntián-Training entwickelt. Dieses Training wird als liàndān (煉丹), Training des dāntián, oder auch als dǎoyǐn (導引), Lenken der Energie durch Kontrolle des dāntián, bezeichnet.

      Grundsätzlich geht es bei den Gōng-Übungen darum, den Organismus zu dehnen und zu strecken und das , das Blut und den Sauerstoff störungsfrei zirkulieren zu lassen. Daher wird im Namen mancher Übungen auch das Leiten und Führen oder das Ausstrecken erwähnt. Dǎoyǐn bedeutet beispielsweise wörtlich übersetzt »etwas führen/​leiten durch Ausstrecken«.

      Die alten chinesischen Meister besaßen als Herzstück ihrer Kampfkunst stets eine Gōng-Übung. Eine »echte Sache«, die sie nur an ihre inneren Schüler vollständig weitergaben. Diese gōng waren schwer, und man musste ein hartes Training durchstehen, um sie zu meistern. Daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert.

      Zu den alten Gōng-Übungen gehören ebenfalls das tàijíquán (太極拳), das bāguàzhǎng (八卦掌) und auch das yǒngchūnquán (詠春拳, kant. wingchunkuen). Die in der westlichen Welt weitverbreitete chinesische Kampfkunst yǒngchūn (bekannter als Wing Chun, Wing Tsun usw.) beginnt mit der Form »Kleine Idee«. (mand. xiǎo niàntou 小念頭, kant. siunimtau). Diese Form ist ein reines gōng.11

      Bei den weiter hinten vorgestellten Bewegungen des Yàn Chí Gōng wird dem Leser vielleicht auffallen, dass es Ähnlichkeiten zum Yoga gibt oder auch zu anderen gymnastischen Übungen des Ostens und des Westens. Das liegt zum einen in der Anatomie des Menschen begründet, zum anderen aber auch darin, dass Yàn Chí Gōng eine sehr ursprüngliche Übungsform ist, in die viel altes Wissen eingeflossen ist. Und natürlich gab es gegenseitige Beeinflussungen; auch das Yoga beispielsweise ist eine sehr alte indische Kunst, und Bodhidharma, der das Yàn Chí Gōng im Shàolín-Kloster einführte, stammte bekanntlich aus Indien.

      Die bekanntesten der heute existierenden Gōng-Übungen besitzen etwa noch 20 bis 30 Prozent des wirksamen oder nützlichen Inhalts des Yàn Chí Gōng. Vorausgesetzt, der Lehrer ist sehr gut in dem, was er tut.

      Im Folgenden werden einige der bekanntesten Gōng-Übungen kurz vorgestellt.

      Das Zeichen dǎo (導) in dǎoyǐn bedeutet in diesem Fall »leiten«, yǐn (引) bedeutet »etwas ausstrecken« oder »etwas führen«. Das bezieht sich darauf, dass man den Körper vollkommen streckt beziehungsweise ihn so führt, so dass er gut »leitet«. Das bedeutet, diese Übungen sorgen für die maximale Bewegungsfähigkeit des Körpers und den freien Fluss des . Atem und Sauerstofftransport durch das Blut arbeiten reibungslos. Es bedeutet ebenfalls, dass man das störungsfrei durch den Organismus bewegt. Yùnqì (運 氣) sagt man dazu auf Chinesisch, was Transport von (Blut, Sauerstoff, Nahrung, Energie) durch den Körper bedeutet. Das kann mit Hilfe des dāntián durch den gesamten Körper bewegt werden. Yùnqì bedeutet auch »wahres Glück«, das erst erreicht werden kann, wenn das frei fließen kann. Bei den Bewegungen ist das Prinzip dǐngtiānlìdì (頂天立地) sehr wichtig, was bedeutet, mit den Beinen fest mit der Erde verwurzelt zu sein (chin. lìdì 立地) und zugleich den Kopf gegen den Himmel (chin. dǐngtiān 頂天) zu richten. Auf diese Weise ist der Körper vollkommen gestreckt, und das kann ungehindert durch ihn geleitet werden (dǎoyǐn). Dieses Prinzip ist in fast allen Gōng-Übungen (auch im Yàn Chí Gōng) enthalten. Es existiert ebenfalls in anderen Kulturen. So ist es im indischen Yoga ebenso wie im alten westlichen Dehnen bekannt, auch wenn im Westen das Konzept des qi früher unbekannt war.

      Oft heißt es in der heutigen Qìgōng-Szene, es handele sich bei dǎoyǐn um alte Gesundheits-Übungen, die der Ursprung des qìgōng seien. Doch das ist nicht wahr.

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