100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1. Erhard Heckmann

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100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1 - Erhard Heckmann

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       Der Inner Harbour Victoria mit seinem prominenten Hotel

      Victoria und Vancouver Island

      Heute Morgen verabschieden wir uns von Vancouver und fahren mit der Pacific Coach-Line nach Victoria, für je 30 Dollar inklusive der Fährkosten von Tsawwassen nach Swartz Bay. Dieser Fähranleger liegt nur zehn Autominuten nördlich von Sidney, das den Charme eines Strandortes und Fährverbindungen zu fünf der Southern Gulf-Inseln bietet. Doch bevor wir die 90 Minuten Überfahrt durch die Strait of Georgia an der Reling genießen können, klappert unser Bus die Hotels ab, um auch den letzten Fahrgast abzuholen. Dreißig Minuten später hat er von der Pacific Zentral Station aus den Fährhafen über die „99“ erreicht und lässt sich hinüber nach Vancouver Island tragen, um dort die Fahrt nach Victoria fortzusetzen.

      Geologisch gesehen ist die Insel kein Festlandbruchstück, sondern hatte ihren Geburtsplatz im Südpazifik. Nach einer Formierungsperiode von rund 250 Millionen Jahren erschien sie vor 100 Millionen Jahren an ihrem heutigen Platz, wo vulkanische Aktivitäten ihre Form prägten. An den Kontinent angedockt hat sie wahrscheinlich in Oregon oder Kalifornien, von wo aus sie später nordwärts zog. Heute ist ihre geschützte Küstenlinie für mildes Klima, schöne Strände, gepflegte Golfplätze und charaktervolle Ortschaften bekannt. Die viel Kunst und zurückgelehnten Lebensstil bietenden idyllischen Southern Gulf Inseln eingeschlossen. Dennoch hat die Insel auch zwei Gesichter: Der Süden, mit British Columbias Hauptstadt Victoria, Butchard Gardens, der umbrandeten Südwestküste mit Waltouren und malerischen Fischerdörfern ist wesentlich sanfter als der nördlichere Teil. Dort bestimmen die zerklüftete, einsame Westküste, urige Wildnisorte, Regenwälder mit riesigen Douglasien, Bergen, Seen und Fjorden den Takt, werben für Sport und Erholung und sind auch Heimat vieler wildlebender Tiere. Elche, Bären, Cougars, Seelöwen, Wale und Hunderte von Vogelarten gehören dazu wie Adler, Kojoten, Waschbären, Falken, Reiher, Bieber und Millionen von Lachsen, die durch die Seestraßen ziehen. Orcas tummeln sich in den nördlichen und südlichen Küstengewässern, und Grauwale bevorzugen die Inselgruppen der Pacific Rim Region der Westküste.

      Naturverbundene werden deswegen die Nordinsel vorziehen, und Taucher besonders die Gegend zwischen Campbell River und Port Hardy. Wer jedoch abseits und in entlegenen Gegenden unterwegs ist, muss bei allem Überschwang für diese Natur aber wissen, dass er sich am Rande der Wildnis bewegt, darf die Situation nicht unterschätzen und sollte hinterlassen wohin er will und wann er plant, zurück zu sein. Und: Außerhalb der Ortschaften ist Bärenland! Mit ihnen muss man jederzeit rechnen und wissen, wie man sich zu verhalten hat. Wer sich nicht sicher ist fragt Einheimische, Guides oder in den Visitor Info Centers.

      Auf der Fahrt über den sich an der Ostküste nach Norden ziehenden Island Highway (19), durch dessen Bau 1979 diese Küstenwaldregion erst erschlossen wurde, nimmt mit den Kilometern auch die Schönheit zu. Und dort, wo der Tourist etwa 70 Kilometer hinter Campbell River neben der alten Farmer- und Holzarbeiteransiedlung Sayward auch die Südgrenze der Nordinsel erreicht, beginnt eine Gegend, in der schneebedeckte Bergspitzen und baumbewachsene Ufer klarer Seen das Bild prägen.

      Möglichkeiten, die Küstenstraße unterwegs zu verlassen gibt es mehrere, mit Fähren oder über Straßen, die im Hinterland jedoch aus Schotter bestehen. Auf der nördlichen Insel wird der eine oder andere europäische Tourist vielleicht die Möglichkeit nutzen, in Port McNeill den kurzen Fährabstecher nach Sointula oder Alert Bay (Totempfähle) auf den Inseln Malcom und Cormorant unternehmen, doch kaum zwischen Port McNeill und Port Hardy die Möglichkeiten wählen, die ihn nach Port Alice am Victoria Lake, Coal Harbour (Quatsino Sound) oder nach Winter Harbour und Cape Scott bringen würden. Das südlicher gelegene Woss im Nimpkish Valley ist ebenfalls eher ein Ausgangspunkt für Kenner, zumal das Gold im zweihundert Jahre alten Zeballos längst geschürft ist. Dort, wo zwischen 1938 und 1943 für mehr als 13 Millionen Dollar dieses Edelmetalls gefunden wurden, leben heute zwar nur noch ein paar Hundert Menschen, darunter auch Angehöriger verschiedener Indianerstämme, mit Läden, Motels, Pup, Cafe, Tankstelle und Campingplatz, aber es liegt nach wie vor von Bergen umgeben an seiner Bucht in landschaftlicher Schönheit. Die alten Wälder sind auch Heimat von Bären, Hirschen, Elchen und Cougars, und der Wanderer kann auch bergsteigen, surfen, tauchen, fischen oder sein Kajak besteigen. Und wenn im Herbst die Lachse in den mitten durch das Ortszentrum fließenden Zeballos River kommen dann reicht es, sich auf der Sugarloaf-Brücke einzufinden, um von einem sichern Platz aus den Bären beim Fischfang und Trompeterschwänen und Möven beim Streit um die Fischeier zuzuschauen. In jedem Frühjahr ziehen die Grauwahle auf ihrer Reise nach Norden an der nicht weit entfernten Nootka Insel vorbei, die an ihrer Westküste auch ganzjährig den gleichnamigen Trail als Küstenwanderpfad offeriert, den Charterunternehmen in Zeballos bedienen.

      Wer noch weiter nördlich in die genannten Gegenden abbiegt, ist weder ein europäischer Sonntags- noch Pauschaltourist, sondern hier finden hartgesottene Bootsfahrer, Angler, Wildnis-Wanderer oder Offroader ihre Welt, die am Nordwestzipfel von Vancouver Island im Cape Scott Provinzpark auch in rauer, zerklüfteter Küstenwildnis mit schönen Strandabschnitten, aber auch Bären und Wölfen und ohne jegliche touristischen Einrichtungen, wandern können. Die von Port Hardy entlang klarer Seen und bewaldeter Täler zur Nordwestpsitze der Insel kriechende Schotterpiste verlangt Allrad, und wegen des „Schuh-Trees“ (eine alte Zeder voller Schuhe) muss man sie schon gar nicht fahren. Solche Verrücktheiten sind mir auch im Oregon begegnet. Zu Watson Lake schrauben die Touristen noch immer ihre heimatlichen Ortsschilder an die Pfähle, suchen in einem historischen Roadhouses am Klondike Highway an Decke und Wänden ein Plätzchen für ihre Mützen und Visitenkarten, oder zeigen sich spendabel wie in einer Pub in Hyder /Alaska, wo zwischen Hunderten signierter Geldnoten aus aller Welt auch echte 100 DM-Scheine an die Wand genagelt wurden, als vom Euro noch keine Rede war.

      Vancouver Island lässt sich auch gut mit einer Tour entlang der „Sonnenscheinküste“ verknüpfen, denn die 99 zieht von Vancouver hinüber zur Horseshoe Bay am Howe Sound, wo 40 Fährminuten die Verbindung zur „101“ herstellen und Strände, Buchten, Fjorde und Wälder mit Zedern und Douglasien den Tourist empfangen. Achtzig Kilometer nördlich bieten sich in Egmont Schiffstouren zum Princess Louisa Inlet und den Chatterbox Falls an, ehe zu Earls Cove erneut eine Fähre den Asphalt ersetzt, der anschließend von Saltery Bay seinen Weg zu Kanadas Taucherhauptstadt Powell River sucht und zu Lund sein Ende findet. Von Hektik ist in dieser, von den Coast Mountains geschützten Region nichts mehr zu spüren und der Ruhe suchende Tourist am richtigen Platz.

      In Powell River verbinden die BC-Ferries in 75 Minuten hinüber nach Comox auf Vancouver Island, wo der Ort und das gleichnamige Tal zwischen den schneebedeckten Beaufort Bergen und der Strait of Georgia als auch die nahen Denman- und Hornby Inseln Urlaubsfreuden versprechen. Und wer im Frühjahr nach hier kommt, der kann innerhalb von dreißig Minuten auch vom Pulverschnee aufs Boot, zu einem grünen Golfplatz oder einem der zahlreichen Parks wechseln, weil das milde Klima die Wünsche nach Betätigung das ganze Jahr über erfüllt.

      Comox, an der Ostseite der Insel und deren Küstenstraße gelegen, ist ein kleiner Ort mit zwei Ampeln, in dem uns in „Jasmins Cafe“ die Sängerin bediente, die am Abend mit ihrer Band im besten Restaurant des Ortes Musik machte. Hier ist auch British Columbias ältestes Hotel, das „Lone“ zu finden, wo Billard dominiert und die Bar gut besetzt ist, als auch der Hinweis, dass die Wurzeln der Ansiedlung „Port Augusta“ waren, der schon 1867 Schiffen Zuflucht bot, wenn sie Stürme in Bedrängnis brachten. Heute hat das Dörfchen, zusammen mit dem südlicher gelegenen Nanaimo, seinen ganz großen Tag eigentlich nur noch ein einziges Mal im Jahr, wenn die Heringe vom Pazifik kommen! Dann drängen sich in den Häfen Boote aus Glasfiber und Alu und mit klangvollen Namen, denn die Strait of Georgia ist eines der fünf großen Fanggebiete in BC. Zum Fang auslaufen dürfen die startklaren Schiffe aber erst dann, wenn das Zeichen vom Managementboot der Fischindustrie dafür gegeben wird. Das kommt aber nicht sofort, nachdem die Schwärme von den Überwachungsflugzeugen geortet worden sind, denn

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